Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
Vom Netzwerk:
wäre. Hinter ihm lag, über die Zweige verteilt und wie aus großer Höhe herabgefallen, ein schlaffes Sammelsurium von Jeans, T-Shirts, löchrigen Unterhosen und nicht zusammenpassenden Socken. Sie stellte sich eine jähe Naturkatastrophe vor, einen Wirbelwind, der den Menschen die Kleider vom Leib gerissen, die Haut darunter jedoch verschont hatte. Oder Bomber hoch oben am Himmel, unterwegs nach Vietnam, die nasse Unterwäsche statt den Tod abwarfen.
    »Yeah«, brachte sie nur zustande, aber es kam ihr vor, als hätte sich das Wort zu zehn Silben Länge gedehnt.
    »War auch langsam Zeit. Ich hab schon gestunken wie ein überfahrener Igel.«
    »Erzähl mir davon«, sagte sie, und plötzlich liefen alle ihre Brenner mit voller Flamme, »denn als Ronnie und ich quer durch die Staaten gefahren sind, da war es auch so – Ronnie kennst du doch? Pan , meine ich. In jeder Stadt haben wir versucht, Vierteldollars für die Münzwäscherei zusammenzukriegen, aber entweder haben wir den Waschsalon nicht gefunden, oder die hatten überhaupt noch nie von Waschmaschinen und Trocknern und diesen Einmalpackungen mit Waschmittel und Bleiche gehört – kennst du die? Steht einfach nur Bleiche drauf, sonst nichts. Kein Markenname oder so, nur Bleiche . Findest du das nicht bescheuert?«
    »Na ja«, sagte er und nickte, als wäre er dabeigewesen, an jeder Straßenecke in jedem gottverlassenen Hinterwäldlerkaff, das sich in ganz Oklatexahoma auftreiben ließ. »Mag sein. Aber ist nicht gerade das der Fehler an dieser ganzen Konsumgesellschaft – die Markennamen? Als wäre meine Seife besser als deine? Im Chevrolet durch Amerika. Kaufen, kaufen, kaufen, töten, töten, töten, essen, essen, essen. Genau darum geht’s ja auch bei dem Krieg – um Produkte, um Markennamen, die Wirtschaft soll schön weiterbrummen, und wen kümmert’s schon, wenn dafür jeden Tag Frauen und Kinder mit Napalm bombardiert werden?«
    Sie setzte sich auf und legte ihm eine Hand auf den Arm. »Aber hallo«, sagte sie, »langsam! Ich hab doch nur so geredet, sonst nichts.«
    »Schon in Ordnung«, erwiderte er und sah ihr jetzt in die Augen, alles klar. »Ich doch auch nur.«
    »Na schön«, sagte sie, »na schön, aber wenn wir nur reden, dann frage ich mich, wie du darüber denkst, nackt vor einer Frau zu sitzen, die du gar nicht kennst, noch dazu vollstoned um halb neun Uhr früh. Soll das eine Aussage sein, oder hast du einfach nichts mehr zum Anziehen?«
    Sie hatte erwartet, daß er darüber lachte, aber er blickte beiseite. Er hob die Schultern, straffe Muskeln, am Hals zuckte eine Sehne. »Weiß nicht recht«, sagte er und sah sie nun wieder an. »Macht er dich verlegen? Der menschliche Körper, meine ich?«
    Die Blätter raschelten, als hätte jemand ein neues Dia in den Projektor geschoben, der die Welt war. »Vielleicht«, antwortete sie. »Manchmal.«
    Das Meckern der Ziegen drang zu ihnen herauf, dann das Brummen eines Autos auf der Schotterstraße. Schließlich sagte er: »Warum ziehst du nicht deine Sachen auch aus, dann siehst du, wie’s ist?«
    »Ich weiß genau, wie’s ist – ich war heute früh um sechs in der Dusche. Warum ziehst du nicht deine wieder an?«
    »Weil sie naß sind.«
    Darauf lachte sie – sie war ihm auf den Leim gegangen. Seine Kleider waren tatsächlich naß, sie klebten wie Papiermaché auf den Zweigen und tropften unrhythmisch auf das Ziegenpaar herab.
    »Hör mal, Star«, sagte er und sprach damit ihren Namen zum erstenmal aus, seit sie ihn ihm gesagt hatte, »willst du nicht einfach eine Zeitlang hier oben mit mir abhängen, bißchen relaxen ...«
    »Und vögeln?«
    Er zuckte wieder die Schultern. »Klar. Wenn du’s draufhast.«
    Sie überlegte eine Weile und dachte an Ronnie und das neue Mädchen, Merry, an die Frau mit den großen Brüsten und an alles, was sich ihr so bot auf Drop City und in den Redwoodwäldern und überall sonst, wo sie hinwollte, um den verblödeten Beschränkungen der Spießerwelt zu entgehen, dann zog sie Marco in Betracht, sein Lächeln, sein Auftreten, seine Art, sich auszudrücken, und sagte: »Nein, hab ich wohl nicht.«
    Er ließ den Kopf sinken, und seine Stimme entspannte sich so sehr, daß sie so klang, als wäre sie aus einem Korb gefallen und rollte nun über den Boden: »Hab bloß mal gefragt ...«
    »Was ich dir damit sagen will«, sie packte seinen Arm knapp unterhalb des Handgelenks, »ich bin momentan liiert, würde ich sagen, okay? Deswegen.«
    Er zog die Beine an, zwei

Weitere Kostenlose Bücher