Drop City
Zwischendecke hingen, die billigen Plätze, alle da oben auf den billigen Plätzen. »Könnt ich mir auch nur wünschen«, sagte er.
Reba, die in der Ecke gesessen und ins Leere gestarrt hatte, während Che und Sunshine in den matschigen Klumpen Fisch auf ihren Tellern herumstocherten und sich in einem stummen Zermürbungskrieg damit bewarfen, ergriff unvermittelt das Wort: »Was wir hier brauchen, das ist ein Schneemobil, das brauchen wir! Damit wir in die Stadt rüberdüsen können und dieses blöde Läusemittel kaufen, denn langsam ist das echt lächerlich hier, und außerdem die Post holen und, und ...«
»Und mal wieder ein paar andere Gesichter sehen, zur Abwechslung«, beendete Bill den Gedanken für sie.
Der irre George fügte hinzu, er würde sich gern mal im Three Pup ein paar hinter die Binde kippen.
»Zahnpasta«, sagte Maya. »Shampoo. Und orangefarbenen Nagellack.«
Jiminy steuerte seine Ansicht bei, wonach es besser sei, zu Fuß zu gehen – »Gehen ist echt gut, Mann, ist doch das allerbeste Training« –, aber es biß niemand an. Der Gedanke war absolut lachhaft. Klar ließen sich die achtzehn Kilometer zu Fuß zurücklegen, und seit der Fluß zugefroren war, hatten das einige auch schon getan, aber es waren eben auch achtzehn Kilometer wieder zurück , und es gab keine Übernachtungsgelegenheit in Boynton, weil der Bus sich nicht heizen ließ und Sess Harder ihnen die Benutzung seiner Hütte/Werkzeugbude verweigert hatte, sogar für ein Nachtlager. Inzwischen waren alle hier draußen am Fluß – keine Urlaube mehr –, und sie müßten dort auch bleiben, bis das Eis im Mai wieder schmelzen würde. Und wenn man jetzt die Monate zählte – noch den halben November, dann Dezember, Januar, Februar, März und April. Das war lebenslänglich. Und schon jetzt gingen sie auf dem Zahnfleisch, alle miteinander – wie würde das erst in drei Monaten sein? Und in vier?
Man bekakelte die Lage ein paar Minuten lang, wobei jedes Thema sogleich ein Brennpunkt von Streit und Differenzen wurde, dann entstand eine Atempause, in der sich jeder mal kurz die Zukunft vorstellte, die individuelle und die der Kommune, ehe Bill leise hüstelte und aufsah, um Norm zu fragen, was er nun eigentlich hatte ankündigen wollen.
Norm setzte eine Maske auf. Seine Miene wirkte völlig gleichmütig, bis auf seine rotgeränderten Augen, deren Blick sich plötzlich aus der Tiefe der beiden dunklen Höhlen heraus schärfte. »Nichts Besonderes eigentlich, keine große Sache, wegen der ihr euch Sorgen machen müßt, Leute.« Er legte eine Pause ein, und obwohl jeder mit irgend etwas beschäftigt war, hörten ihm alle zu. »Also, es ist wegen Premstar«, sagte er. »Prem geht es ziemlich mies in letzter Zeit ...«
Wieder richteten sich alle Blicke auf sie. Sie starrte aus dem Käfig ihres Selbst, und ja sicher, in ihr schien etwas Feindseliges zu rumoren, aber ansonsten sah sie so gesund aus wie jeder andere. Und attraktiv. Attraktiv wie eine Schönheitskönigin. Was ja an sich schon unverzeihlich war.
»Und dann hab ich auch Nachrichten wegen der Ranch – da wollte ich den rechten Zeitpunkt abwarten, um das mit euch zu besprechen: gute Nachrichten, und auch schlechte. Die gute Nachricht ist, daß wir meinen Anwalt haben, der sich dahinterklemmt und der Bezirksbehörde das Recht auf Zwangsvollstreckung abspricht, denn die wollten sich ja glatt das Grundstück schnappen – das bedeutet, wir können es doch noch verkaufen, und nach dem Abbezahlen der Steuerschulden hätten wir das nötige Kleingeld , also genug Kohle jedenfalls, um hier wirklich was aufzuziehen. Da spreche ich von neuen Gebäuden, von einer Sauna, Schneemobilen, für jeden etwas – wir können echt was machen aus dieser Kommune, sie uns lebenswert, sogar behaglich gestalten. Und autark, auf jeden Fall autark. Das ist mein Ziel, mit einem Wort umrissen ...«
Und die schlechte Nachricht? wollte Star schon sagen, und ihr Herz pochte – sie brauchte keine schlechten Nachrichten, nicht wenn Marco irgendwo da draußen in der Nacht herumwanderte, vielleicht verirrt, vielleicht verletzt –, aber Bill kam ihr zuvor. »Und was ist die schlechte Nachricht?« fragte er.
Keine Ausflüchte mehr, kein Zurück jetzt: Norm schob das Kinn vor und forderte den ganzen Raum heraus. »Ich muß hier vom Acker«, sagte er. »Prem und ich. Aber nur für einen winzig kleinen Ausflug – nichts anderes ist das, ein Ausflug –, weil die mich da unten persönlich vor Gericht sehen
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