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Drop City

Drop City

Titel: Drop City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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durchtrennen, die die Muskelfasern umschloß.
    »Was ist mit deinem Gesicht passiert?« fragte Ronnie irgendwann, die Hände tief in Blut getaucht, hinter sich die Sonne, die in den Bäumen waberte wie ein neues Kinderspielzeug aus Japan. Ihm hing die Kippe eines Grasjoints von der Unterlippe; auf dem harten gelben Gras neben ihm stand eine große Flasche Bier, die mit blutigen Fingerabdrücken übersät war. Es war schon spät am Nachmittag, und die heranwehenden Küchengerüche hatten etwas eindeutig Vegetarisches an sich.
    Marco sah auf und grinste, aber es war eher ein schiefes Floyd-Patterson-Grinsen. Sein linkes Auge war dick wie eine Bratwurst in der Pfanne, eine überkrustete Platzwunde verschwand darunter im Bart. »Kleine Meinungsverschiedenheit«, sagte er, und das genügte, da Ronnie nicht im geringsten scharf war auf eine finstere Story über die Schwarzen und Sky Dog und die Frage, wer im hinteren Haus in der vorvorigen Nacht was mit wem angestellt hatte.
    Die beiden säbelten also drauflos, erst auf der einen Seite, dann auf der anderen, und bald konnten sie die Haut vom Fleisch abziehen wie einen feuchten Teppich, aber mußte man sie nicht einsalzen oder mit irgendeiner Lauge behandeln oder so? Und um sie zu Leder zu verarbeiten, mußte man nicht erst mal das Fell entfernen? Das allerdings wäre ein irrsinniger Schlauch, eine Aufgabe für einen Lebenslänglichen ... Solche Dinge gingen Ronnie im Kopf herum, während ihn fette Schmeißfliegen belagerten und die Stimme von Tracy Nelson sich laut und klar vom großen Haus her über den Alltagslärm erhob. Sie standen hinter dem Pool auf einer versengten Grasnarbe, und sie hatten den Kadaver an einem Ast aufgehängt, um ihn ausbluten zu lassen, aber nur eine Stunde lang – sie hatten beide kein gutes Gefühl wegen der Hitze, denn wer hatte schon jemals mitten im Sommer ein Reh geschossen? Kein Mensch. Bis auf Pan. Ja, und da hing es also, in Fleisch und Blut. Am Morgen noch war es kreuzfidel unten am Fluß im Schlamm herumgetrampelt und hatte zarte Schößlinge von diesem und jenem schnabuliert, auf seinem ureigenen Trip, und jetzt war es tot, jetzt gehörte es ihm.
    Pan kostete das Gefühl aus – den Joint, das Bier, den reinen, unaufhaltsam fließenden Schwall des Triumphs: sein Reh , sein erstes Reh! –, und er fing an, mit Tracy Nelson mitzusingen: When it all comes down, you got to go back to Mother Earth . Oh, yeah. Lauthals sang er mit, kein Grund zur Schüchternheit, schließlich hatten ihm ja alle gesagt, er habe eine gute Stimme, und man konnte sich beim Singen ja sowieso nicht zurückhalten, ebensowenig wie wenn man versuchte, Französisch zu reden – oder wenn man auf einem Zehn-Gänge-Fahrrad mit einer vollen Ladung Einkäufe im Rucksack den Portrero Hill hinunterzischte. I don’t care how rich you are, I don’t care what you’re worth – er warf den Kopf in den Nacken, ging jetzt richtig mit, sagenhaft gut drauf, als auf einmal die Platte mit einem Quietschen abbrach und irgend jemand beinahe übergangslos einen säusligen, selbstbeweihräuchernden Raga auflegte, der nach nichts als Zwangsonanie klang. »Scheißdreck«, sagte er, »das hasse ich. Nein, das hasse ich wirklich.«
    Marco nahm ihm mit zwei blutigen Fingern den Joint aus dem Mund. »Was haßt du? Ravi Shankar?«
    »Nein – ich meine, doch. Scheiße, ja! Das ist der totale Dreck. Aber was ich meine: wenn man gerade auf einen Song voll abfährt, du weißt schon, und irgendwer kommt einfach ...« Er wedelte mit der Hand, mit seinem blutigen Messer, wie um zu sagen: Du weißt doch, was ich meine , und Marco wußte es, denn er nickte mitfühlend, brauchst gar nicht weiterzureden.
    Sie lauschten der erblühenden Sitar und den Tablas, die dahinter pladderten wie Regen auf einem Blechdach. Marco kauerte sich neben Ronnie, inhalierte und behielt den Rauch lange drin, dann nahm er einen ordentlichen Schluck aus der Flasche. Das Bier blubberte gelblich, inzwischen war es warm wie Pisse mit Kohlensäure drin, aber als Marco ihm die Flasche reichte, schloß Ronnie die Lippen um die Öffnung und warf den Kopf nach hinten. Die Messer zuckten, die Fliegen surrten. Sie versuchten jetzt, Steaks herauszuschneiden, aber es war ein Lernprozeß für beide. »Du hast eine gute Stimme«, sagte Marco.
    »Ach ja? Hat’s dir gefallen? Ich meine, da hab ich ja nur bei einer Platte mitgesungen. Du hättest mich mal mit dieser Band hören sollen, bei der ich damals in New York beinahe mitgemacht

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