Drop City
boshafte und falsche Gehabe seiner Exfrau Irene, um das Versicherungsgeschäft – zwei Jahre seines Lebens waren den Bach runtergegangen wegen so einer idiotischen Betrügerei von Schwindelprojekt, und ob sie sich etwa vorstellen konnte, daß man allen Ernstes eine Risikolebensversicherung abschließen sollte, also auf den eigenen Tod wetten? –, dann folgte eine stundenlange Tirade gegen die US-Regierung und den Landklau, den sie an der Prudhoe Bay im Namen des schwarzen Goldes angeblich an sämtlichen Bürgern Alaskas vornahm.
Er war ein Langweiler. Ein langatmiger, ignoranter Dummkopf von Langweiler, aber mit echtem Durchhaltevermögen und mit den Lungen eines Packpferds. Und attraktiv war er auch nicht, jetzt wo sie ihn aus der Nähe betrachten konnte, mit seinen fahrigen rotgefleckten Augen, dem schütteren Haar, das unter der Kappe hervorlugte, und den Händen, die immer auf dem Tisch vor ihm lagen wie gekochte Fleischlappen. Na schön, sie fügte sich in ihr Schicksal, in drei Tage und zwei Nächte voller Langeweile, und bereits nach zwei Stunden am ersten Tag hatte sie begonnen, das Ganze als eine Art Läuterungsritual zu betrachten, eine Geißelung von Fleisch und Geist gleichermaßen, die sie wert machen würde für Sess Harder, der ihr nun wie eine leuchtende Verheißung vor Augen stand. Sie aß, was ihr Howard servierte. Sie sah sich seine Hunde an, seine Schneemobile, sein Wasserflugzeug, sein Boot, sein Proviantlager, seine Räucherkammer. Sie antwortete, wenn er ihr am Ende eines Absatzes eine rhetorische Frage stellte, und sie wehrte seine Avancen ab. »Sex«, begann er nach dem ersten Abendessen, und soweit sie sich erinnern konnte, hatten sie bis kurz davor noch über Zweitaktmotoren gesprochen, »stehst du auf Sex? Ich nämlich schon. Und das vermisse ich hier draußen am allermeisten – sonst nichts, nur Sex.« Er legte eine Pause ein, und seine Blicke flitzten durch den Raum wie Schrotschüsse. »Und ich bin enorm sexuell, wenn du weißt, was ich meine.«
Am letzten Tag, nicht einmal eine Stunde bevor es daranging, den Fluß zurückzudonnern, damit sie endlich ihr Leben weiterleben konnte, da stand er auf einmal in der Tür des Wohnzimmers, wo sie im Lehnstuhl versunken war und zum x-tenmal in einer alten Ausgabe von Argosy schmökerte und vor allem die kurze Pause vom Klang seiner Stimme genoß. »Pamela«, sagte er mit leisem, kehligem Keuchen, »Pamela, sieh mich an.« Sie blickte auf und sah, daß er nackt war, bis auf die Socken und die speckige Kappe, nackt und erigiert, und er bearbeitete sein Organ wie ein Milchbauer die fleckige Zitze einer Kuh. Der Schock dieses Anblicks ließ sie fast ohnmächtig werden, aber dann sprang sie auf und packte einen Feuerhaken. Sie sagte nichts weiter als: »Steck das Ding weg!« Im nächsten Moment duckte Howard ab, noch während in seiner Faust der wächserne Glanz des Zeugs erblühte, das er da aus sich herausgerackert hatte, als wäre es Gold aus den Rückständen einer aufgegebenen Mine.
Und warum mußte sie gerade jetzt daran denken? Weil es jetzt paßte, weil es der rechte Moment war. Sie war eine verheiratete Frau, und dieser Mann mit dem verkrampften Rücken und dem Nacken von der Starre eines Hydranten, der im Nebenraum an irgend etwas herumfummelte, der war ihr Ehemann, und sie konnte endlich ihren wildesten Phantasien freien Lauf lassen und tun, was sie wollte – ihn streicheln, ihn lutschen –, ohne sich schmutzig zu fühlen. Es war ihre Hochzeitsnacht. Es war die Erfüllung all jener Grapsch- und Keuchmomente und jener Selbstkontrolle, die stärker als jedes Verlangen gewesen war. »Sess«, sagte sie, dabei öffnete sie ihren BH und ließ ihn ebenfalls zu Boden fallen, »Sess, sieh mich an.«
Darauf drehte er sich um, ihr Mann, und in seiner Hand hielt er das, womit er sich abgearbeitet hatte: eine glänzende Verpackungsfolie, das hautartige Gehänge aus Gummi. »Ich wollte nur ...« sagte er, und sie sah ihm ins Gesicht, sah ihm in die Augen, während er sich an diesem neuen Anblick von ihr erwärmte: nichts als ein hauchzartes Dreieck aus Seide an ihr. »Ich konnte nicht – ich meine, ich hab dieses Ding beim Auspacken anscheinend eingerissen.«
Sie hätte am liebsten losgelacht. »Das brauchst du gar nicht«, sagte sie und breitete die Arme für ihn aus, »das brauchst du niemals wieder. Verstehst du nicht? Ich bin doch deine Frau!«
Sie standen früh auf, alle beide, die gepackten Rucksäcke standen bereit, das Kanu war bis
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