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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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York mitge-
    kommen war, konnte die Schiffsgesellscha gerade noch
    sagen. Leid tat es aber Karl, daß er die Sachen im Koffer
    [  ]
    noch kaum verwendet hatte, trotzdem er es beispiels-
    weise längst nötig gehabt hätte, das Hemd zu wechseln.
    Da hatte er also am unrichtigen Ort gespart; jetzt, wo er
    es gerade am Beginn seiner Lauahn nötig haben wür-
    de, rein gekleidet aufzutreten, würde er im schmutzigen 
    Hemd erscheinen müssen. Sonst wäre der Verlust des
    Koffers nicht gar so arg gewesen, denn der Anzug, den
    er anhatte, war sogar besser, als jener im Koffer, der
    eigentlich nur ein Notanzug war, den die Mutter noch
    knapp vor der Abreise hatte flicken müssen. Jetzt erin- 
    nerte er sich auch, daß im Koffer noch ein Stück Verone-
    ser Salami war, die ihm die Mutter als Extragabe einge-
    packt hatte, von der er jedoch nur den kleinsten Teil
    hatte aufessen können, da er während der Fahrt ganz
    ohne Appetit gewesen war und die Suppe, die im Zwi- 
    schendeck zur Verteilung kam, ihm reichlich genügt hat-
    te. Jetzt hätte er aber die Wurst gern bei der Hand ge-
    habt, um sie dem Heizer zu verehren. Denn solche Leu-
    te sind leicht gewonnen, wenn man ihnen irgendeine
    Kleinigkeit zusteckt, das wußte Karl noch von seinem 
    Vater her, welcher durch Zigarrenverteilung alle die
    niedrigeren Angestellten gewann, mit denen er geschä-
    lich zu tun hatte. Jetzt besaß Karl an Verschenkbarem
    nur noch sein Geld, und das wollte er, wenn er schon
    vielleicht den Koffer verloren haben sollte, vorläufig 
    nicht anrühren. Wieder kehrten seine Gedanken zum
    Koffer zurück, und er konnte jetzt wirklich nicht einse-
    [  ]
    hen, warum er den Koffer während der Fahrt so auf-
    merksam bewacht hatte, daß ihm die Wache fast den
    Schlaf gekostet hatte, wenn er jetzt diesen gleichen Kof-
    fer so leicht sich hatte wegnehmen lassen. Er erinnerte
     sich an die fünf Nächte, während derer er einen kleinen
    Slowaken, der zwei Schlafstellen links von ihm gelegen
    war, unausgesetzt im Verdacht gehabt hatte, daß er es
    auf seinen Koffer abgesehen habe. Dieser Slowake hatte
    nur darauf gelauert, daß Karl endlich, von Schwäche
     befallen, für einen Augenblick einnicke, damit er den
    Koffer mit einer langen Stange, mit der er immer wäh-
    rend des Tages spielte oder übte, zu sich hinüberziehen
    könne. Bei Tage sah dieser Slowake genug unschuldig
    aus, aber kaum war die Nacht gekommen, erhob er sich
     von Zeit zu Zeit von seinem Lager und sah traurig zu
    Karls Koffer hinüber. Karl konnte dies ganz deutlich
    erkennen, denn immer hatte hie und da jemand mit der
    Unruhe des Auswanderers ein Lichtchen angezündet,
    trotzdem dies nach der Schiffsordnung verboten war,
     und versuchte, unverständliche Prospekte der Auswan-
    derungsagenturen zu entziffern. War ein solches Licht in
    der Nähe, dann konnte Karl ein wenig eindämmern, war
    es aber in der Ferne oder war dunkel, dann mußte er die
    Augen offenhalten. Diese Anstrengung hatte ihn recht
     erschöp, und nun war sie vielleicht ganz nutzlos gewe-
    sen. Dieser Butterbaum, wenn er ihn einmal irgendwo
    treffen sollte!
    [  ]
    In diesem Augenblick ertönten draußen in weiter Fer-
    ne in die bisherige vollkommene Ruhe hinein kleine kur-
    ze Schläge, wie von Kinderfüßen, sie kamen näher mit
    verstärktem Klang und nun war es ein ruhiger Marsch
    von Männern. Sie gingen offenbar, wie es in dem schma- 
    len Gang natürlich war, in einer Reihe, man hörte Klir-
    ren wie von Waffen. Karl, der schon nahe daran gewesen
    war, sich im Bett zu einem von allen Sorgen um Koffer
    und Slowaken befreiten Schlafe auszustrecken, schreckte
    auf und stieß den Heizer an, um ihn endlich aufmerksam 
    zu machen, denn der Zug schien mit seiner Spitze die
    Tür gerade erreicht zu haben. „Das ist die Schiffskapel-
    le“, sagte der Heizer, „die haben oben gespielt und ge-
    hen jetzt einpacken. Jetzt ist alles fertig und wir können
    gehen. Kommen Sie!“ Er faßte Karl bei der Hand, nahm 
    noch im letzten Augenblick ein eingerahmtes Mutter-
    gottesbild von der Wand über dem Bett, stope es in
    seine Brusttasche, ergriff seinen Koffer und verließ mit
    Karl eilig die Kabine.
    „Jetzt gehe ich ins Bureau und werde den Herren 
    meine Meinung sagen. Es ist kein Passagier mehr da,
    man muß keine Rücksicht nehmen.“ Dieses wiederholte
    der Heizer verschiedenartig und wollte im Gehen

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