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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Betrachtete das Messer gegen
    das Mondlicht; die Schneide blitzte auf; nicht genug für
    Schmar; er hieb mit ihr gegen die Backsteine des Pfla-
    [  ]
    sters, daß es Funken gab; bereute es vielleicht; und um
    den Schaden gut zu machen, strich er mit ihr violinbo-
    genartig über seine Stiefelsohle, während er, auf einem
    Bein stehend, vorgebeugt, gleichzeitig dem Klang des
    Messers an seinem Stiefel, gleichzeitig in die schicksals- 
    volle Seitengasse lauschte.
    Warum duldete das alles der Private Pallas, der in der
    Nähe aus seinem Fenster im zweiten Stockwerk alles
    beobachtete? Ergründe die Menschennatur! Mit hochge-
    schlagenem Kragen, den Schlafrock um den weiten Leib 
    gegürtet, kopfschüttelnd, blickte er hinab.
    Und fünf Häuser weiter, ihm schräg gegenüber, sah
    Frau Wese, den Fuchspelz über ihrem Nachthemd, nach
    ihrem Manne aus, der heute ungewöhnlich lange zö-
    gerte.
    
    Endlich ertönt die Türglocke vor Weses Bureau, zu
    laut für eine Türglocke, über die Stadt hin, zum Himmel
    auf, und Wese, der fleißige Nachtarbeiter, tritt dort, in
    dieser Gasse noch unsichtbar, nur durch das Glocken-
    zeichen angekündigt, aus dem Haus; gleich zählt das 
    Pflaster seine ruhigen Schritte.
    Pallas beugt sich weit hervor; er darf nichts versäu-
    men. Frau Wese schließt, beruhigt durch die Glocke,
    klirrend ihr Fenster. Schmar aber kniet nieder; da er
    augenblicklich keine anderen Blößen hat, drückt er nur 
    Gesicht und Hände gegen die Steine; wo alles friert,
    glüht Schmar.
    [  ]
    Gerade an der Grenze, welche die Gassen scheidet,
    bleibt Wese stehen, nur mit dem Stock stützt er sich in
    die jenseitige Gasse. Eine Laune. Der Nachthimmel hat
    ihn angelockt, das Dunkelblaue und das Goldene. Un-
     wissend blickt er es an, unwissend streicht er das Haar
    unter dem gelüpen Hut; nichts rückt dort oben zusam-
    men, um ihm die allernächste Zukun anzuzeigen; alles
    bleibt an seinem unsinnigen, unerforschlichen Platz. An
    und für sich sehr vernünig, daß Wese weitergeht, aber
     er geht ins Messer des Schmar.
    „Wese!“ schreit Schmar, auf den Fußspitzen stehend,
    den Arm aufgereckt, das Messer scharf gesenkt, „Wese!
    Vergebens wartet Julia!“ Und rechts in den Hals und
    links in den Hals und drittens tief in den Bauch sticht
     Schmar. Wasserratten, aufgeschlitzt, geben einen ähnli-
    chen Laut von sich wie Wese.
    „Getan“, sagt Schmar und wir das Messer, den über-
    flüssigen blutigen Ballast, gegen die nächste Hausfront.
    „Seligkeit des Mordes! Erleichterung, Beflügelung durch
     das Fließen des fremden Blutes! Wese, alter Nachtschat-
    ten, Freund, Bierbankgenosse, versickerst im dunklen
    Straßengrund. Warum bist du nicht einfach eine mit Blut
    gefüllte Blase, daß ich mich auf dich setzte und du ver-
    schwändest ganz und gar. Nicht alles wird erfüllt, nicht
     alle Blütenträume reien, dein schwerer Rest liegt hier,
    schon unzugänglich jedem Tritt. Was soll die stumme
    Frage, die du damit stellst?“
    [  ]
    Pallas, alles Gi durcheinander würgend in seinem
    Leib, steht in seiner zweiflügelig aufspringenden Haus-
    tür. „Schmar! Schmar! Alles bemerkt, nichts überse-
    hen.“ Pallas und Schmar prüfen einander. Pallas befrie-
    digt’s, Schmar kommt zu keinem Ende.
    
    Frau Wese mit einer Volksmenge zu ihren beiden Sei-
    ten eilt mit vor Schrecken ganz gealtertem Gesicht her-
    bei. Der Pelz öffnet sich, sie stürzt über Wese, der nacht-
    hemdbekleidete Körper gehört ihm, der über dem Ehe-
    paar sich wie der Rasen eines Grabes schließende Pelz 
    gehört der Menge.
    Schmar, mit Mühe die letzte Übelkeit verbeißend, den
    Mund an die Schulter des Schutzmannes gedrückt, der
    leichtfüßig ihn davonführt.
    Ein Traum
    
    Josef K. träumte:
    Es war ein schöner Tag und K. wollte spazieren gehen.
    Kaum aber hatte er zwei Schritte gemacht, war er schon
    auf dem Friedhof. Es waren dort sehr künstliche, un-
    praktisch gewundene Wege, aber er glitt über einen sol- 
    chen Weg wie auf einem reißenden Wasser in unerschüt-
    terlich schwebender Haltung. Schon von der Ferne faßte
    [  ]
    er einen frisch aufgeworfenen Grabhügel ins Auge, bei
    dem er Halt machen wollte. Dieser Grabhügel übte fast
    eine Verlockung auf ihn aus und er glaubte, gar nicht
    eilig genug hinkommen zu können. Manchmal aber sah
     er den Grabhügel kaum, er wurde ihm verdeckt

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