Drucke zu Lebzeiten
Betrachtete das Messer gegen
das Mondlicht; die Schneide blitzte auf; nicht genug für
Schmar; er hieb mit ihr gegen die Backsteine des Pfla-
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sters, daß es Funken gab; bereute es vielleicht; und um
den Schaden gut zu machen, strich er mit ihr violinbo-
genartig über seine Stiefelsohle, während er, auf einem
Bein stehend, vorgebeugt, gleichzeitig dem Klang des
Messers an seinem Stiefel, gleichzeitig in die schicksals-
volle Seitengasse lauschte.
Warum duldete das alles der Private Pallas, der in der
Nähe aus seinem Fenster im zweiten Stockwerk alles
beobachtete? Ergründe die Menschennatur! Mit hochge-
schlagenem Kragen, den Schlafrock um den weiten Leib
gegürtet, kopfschüttelnd, blickte er hinab.
Und fünf Häuser weiter, ihm schräg gegenüber, sah
Frau Wese, den Fuchspelz über ihrem Nachthemd, nach
ihrem Manne aus, der heute ungewöhnlich lange zö-
gerte.
Endlich ertönt die Türglocke vor Weses Bureau, zu
laut für eine Türglocke, über die Stadt hin, zum Himmel
auf, und Wese, der fleißige Nachtarbeiter, tritt dort, in
dieser Gasse noch unsichtbar, nur durch das Glocken-
zeichen angekündigt, aus dem Haus; gleich zählt das
Pflaster seine ruhigen Schritte.
Pallas beugt sich weit hervor; er darf nichts versäu-
men. Frau Wese schließt, beruhigt durch die Glocke,
klirrend ihr Fenster. Schmar aber kniet nieder; da er
augenblicklich keine anderen Blößen hat, drückt er nur
Gesicht und Hände gegen die Steine; wo alles friert,
glüht Schmar.
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Gerade an der Grenze, welche die Gassen scheidet,
bleibt Wese stehen, nur mit dem Stock stützt er sich in
die jenseitige Gasse. Eine Laune. Der Nachthimmel hat
ihn angelockt, das Dunkelblaue und das Goldene. Un-
wissend blickt er es an, unwissend streicht er das Haar
unter dem gelüpen Hut; nichts rückt dort oben zusam-
men, um ihm die allernächste Zukun anzuzeigen; alles
bleibt an seinem unsinnigen, unerforschlichen Platz. An
und für sich sehr vernünig, daß Wese weitergeht, aber
er geht ins Messer des Schmar.
„Wese!“ schreit Schmar, auf den Fußspitzen stehend,
den Arm aufgereckt, das Messer scharf gesenkt, „Wese!
Vergebens wartet Julia!“ Und rechts in den Hals und
links in den Hals und drittens tief in den Bauch sticht
Schmar. Wasserratten, aufgeschlitzt, geben einen ähnli-
chen Laut von sich wie Wese.
„Getan“, sagt Schmar und wir das Messer, den über-
flüssigen blutigen Ballast, gegen die nächste Hausfront.
„Seligkeit des Mordes! Erleichterung, Beflügelung durch
das Fließen des fremden Blutes! Wese, alter Nachtschat-
ten, Freund, Bierbankgenosse, versickerst im dunklen
Straßengrund. Warum bist du nicht einfach eine mit Blut
gefüllte Blase, daß ich mich auf dich setzte und du ver-
schwändest ganz und gar. Nicht alles wird erfüllt, nicht
alle Blütenträume reien, dein schwerer Rest liegt hier,
schon unzugänglich jedem Tritt. Was soll die stumme
Frage, die du damit stellst?“
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Pallas, alles Gi durcheinander würgend in seinem
Leib, steht in seiner zweiflügelig aufspringenden Haus-
tür. „Schmar! Schmar! Alles bemerkt, nichts überse-
hen.“ Pallas und Schmar prüfen einander. Pallas befrie-
digt’s, Schmar kommt zu keinem Ende.
Frau Wese mit einer Volksmenge zu ihren beiden Sei-
ten eilt mit vor Schrecken ganz gealtertem Gesicht her-
bei. Der Pelz öffnet sich, sie stürzt über Wese, der nacht-
hemdbekleidete Körper gehört ihm, der über dem Ehe-
paar sich wie der Rasen eines Grabes schließende Pelz
gehört der Menge.
Schmar, mit Mühe die letzte Übelkeit verbeißend, den
Mund an die Schulter des Schutzmannes gedrückt, der
leichtfüßig ihn davonführt.
Ein Traum
Josef K. träumte:
Es war ein schöner Tag und K. wollte spazieren gehen.
Kaum aber hatte er zwei Schritte gemacht, war er schon
auf dem Friedhof. Es waren dort sehr künstliche, un-
praktisch gewundene Wege, aber er glitt über einen sol-
chen Weg wie auf einem reißenden Wasser in unerschüt-
terlich schwebender Haltung. Schon von der Ferne faßte
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er einen frisch aufgeworfenen Grabhügel ins Auge, bei
dem er Halt machen wollte. Dieser Grabhügel übte fast
eine Verlockung auf ihn aus und er glaubte, gar nicht
eilig genug hinkommen zu können. Manchmal aber sah
er den Grabhügel kaum, er wurde ihm verdeckt
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