Drucke zu Lebzeiten
so
wie ich es getan habe, streckenweise begleitet von vor-
trefflichen Menschen, Ratschlägen, Beifall und Orche-
stralmusik, aber im Grunde allein, denn alle Begleitung
hielt sich, um im Bilde zu bleiben, weit vor der Barriere.
Diese Leistung wäre unmöglich gewesen, wenn ich ei-
gensinnig hätte an meinem Ursprung, an den Erinnerun-
gen der Jugend festhalten wollen. Gerade Verzicht auf
jeden Eigensinn war das oberste Gebot, das ich mir auf-
erlegt hatte; ich, freier Affe, fügte mich diesem Joch.
Dadurch verschlossen sich mir aber ihrerseits die Erin-
nerungen immer mehr. War mir zuerst die Rückkehr,
wenn die Menschen gewollt hätten, freigestellt durch das
ganze Tor, das der Himmel über der Erde bildet, wurde
es gleichzeitig mit meiner vorwärts gepeitschten Ent-
wicklung immer niedriger und enger; wohler und einge-
schlossener fühlte ich mich in der Menschenwelt; der
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Sturm, der mir aus meiner Vergangenheit nachblies,
sänigte sich; heute ist es nur ein Luzug, der mir die
Fersen kühlt; und das Loch in der Ferne, durch das er
kommt und durch das ich einstmals kam, ist so klein
geworden, daß ich, wenn überhaupt die Kräe und der
Wille hinreichen würden, um bis dorthin zurückzulau-
fen, das Fell vom Leib mir schinden müßte, um durch-
zukommen. Offen gesprochen, so gerne ich auch Bilder
wähle für diese Dinge, offen gesprochen: Ihr Affentum,
meine Herren, soferne Sie etwas Derartiges hinter sich
haben, kann Ihnen nicht ferner sein als mir das meine.
An der Ferse aber kitzelt es jeden, der hier auf Erden
geht: den kleinen Schimpansen wie den großen Achilles.
In eingeschränktestem Sinn aber kann ich doch viel-
leicht Ihre Anfrage beantworten und ich tue es sogar mit
großer Freude. Das erste, was ich lernte, war: den
Handschlag geben; Handschlag bezeugt Offenheit; mag
nun heute, wo ich auf dem Höhepunkte meiner Lauf-
bahn stehe, zu jenem ersten Handschlag auch das offene
Wort hinzukommen. Es wird für die Akademie nichts
wesentlich Neues beibringen und weit hinter dem zu-
rückbleiben, was man von mir verlangt hat und was ich
beim besten Willen nicht sagen kann – immerhin, es soll
die Richtlinie zeigen, auf welcher ein gewesener Affe in
die Menschenwelt eingedrungen ist und sich dort festge-
setzt hat. Doch düre ich selbst das Geringfügige, was
folgt, gewiß nicht sagen, wenn ich meiner nicht völlig
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sicher wäre und meine Stellung auf allen großen Varieté-
bühnen der zivilisierten Welt sich nicht bis zur Uner-
schütterlichkeit gefestigt hätte:
Ich stamme von der Goldküste. Darüber, wie ich ein-
gefangen wurde, bin ich auf fremde Berichte angewie-
sen. Eine Jagdexpedition der Firma Hagenbeck – mit
dem Führer habe ich übrigens seither schon manche gute
Flasche Rotwein geleert – lag im Ufergebüsch auf dem
Anstand, als ich am Abend inmitten eines Rudels zur
Tränke lief. Man schoß; ich war der einzige, der getrof-
fen wurde; ich bekam zwei Schüsse.
Einen in die Wange; der war leicht; hinterließ aber
eine große ausrasierte rote Narbe, die mir den widerli-
chen, ganz und gar unzutreffenden, förmlich von einem
Affen erfundenen Namen Rotpeter eingetragen hat, so
als unterschiede ich mich von dem unlängst krepierten,
hie und da bekannten, dressierten Affentier Peter nur
durch den roten Fleck auf der Wange. Dies nebenbei.
Der zweite Schuß traf mich unterhalb der Hüe. Er
war schwer, er hat es verschuldet, daß ich noch heute ein
wenig hinke. Letzthin las ich in einem Aufsatz irgendei-
nes der zehntausend Windhunde, die sich in den Zeitun-
gen über mich auslassen: meine Affennatur sei noch
nicht ganz unterdrückt; Beweis dessen sei, daß ich,
wenn Besucher kommen, mit Vorliebe die Hosen auszie-
he, um die Einlaufstelle jenes Schusses zu zeigen. Dem
Kerl sollte jedes Fingerchen seiner schreibenden Hand
[ ]
einzeln weggeknallt werden. Ich, ich darf meine Hosen
ausziehen, vor wem es mir beliebt; man wird dort nichts
finden als einen wohlgepflegten Pelz und die Narbe nach
einem – wählen wir hier zu einem bestimmten Zwecke
ein bestimmtes Wort, das aber nicht mißverstanden wer-
den wolle – die Narbe nach einem frevelhaen Schuß.
Alles liegt offen zutage; nichts ist zu verbergen; kommt
es auf Wahrheit an, wir jeder Großgesinnte die aller-
feinsten Manieren
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