Druidenherz
Polizistin lächelte. »Das ist mir am Anfang auch öfter passiert. Versuchen Sie es einfach noch mal.«
Aber auch der zweite und der dritte Versuch misslangen. Frustriert nippte Imogen an ihrem Kaffee. Der munterte sie zumindest ein bisschen auf. Wahrscheinlich sollte sie dankbar sein, dass es echten Kaffee gab und sie sich kein Pulver auf die Zunge streuen musste.
»Haben Sie vielleicht die falsche Nummer?«, fragte die Polizistin. »Sagen Sie mir doch einfach den Namen und die Adresse Ihrer Tante, dann sehe ich rasch nach.«
Imogen nannte ihr beides. Angespannt beobachtete sie die junge Frau.
»Hm«, machte die Polizistin nach etwa einer Minute, in der nur das leise Tippen zu hören gewesen war. »Ich finde unter dieser Adresse keinen Eintrag zu einer Mable Carmichael.«
»Das kann nicht sein. Ich weiß ganz sicher, dass Tante Mable unsere Nummer ins Telefonregister hat eintragen lassen. Können Sie es wohl bitte noch einmal versuchen? Vielleicht haben Sie sich ja vertippt.« Wieder buchstabierte Imogen ihr den Namen und die Straße.
Die Beamtin warf ihr einen zweifelnden Blick zu, tippte dann aber erneut. »Ich finde mehrere Mable Carmichaels, aber keine unter der angegebenen Adresse.«
»Meine Tante würde nicht umziehen. Das ist ihr Haus – sie hat es von meinen Großeltern geerbt und würde es niemals verkaufen. Schon gar nicht, ohne mir etwas davon zu sagen. Und außerdem ist so ein Umzug nicht innerhalb weniger Wochen erledigt.«
»Sagen Sie mir doch bitte das Geburtsdatum Ihrer Tante.«
Imogen tat es.
»Ah, ja, hier habe ich etwas«, verkündete die junge Frau. Sie wiederholte das Datum, fügte den Geburtsort und die Namen der Eltern hinzu.
Erleichtert lächelnd nickte Imogen. »Ja, genau, das ist meine Tante.«
Die Polizistin sah sie ernst an. »Es tut mir sehr leid, aber diese Mable Carmichael ist vor fünf Jahren verstorben.«
Imogen schüttelte den Kopf. »Das muss ein Irrtum sein.« Allein die Vorstellung, dass Tante Mable nicht mehr lebte, jagte ihr ja schon einen Schauer über den Rücken.
»So habe ich es hier stehen.« Sie drehte den flachen Monitor so, dass Imogen ebenfalls darauf sehen konnte.
Der Boden schien unter ihr zu schwanken, als sie das Todesdatum las: 14. Mai 2029. Ihr fiel ein, dass auch bei ihrem eigenen PC das Datum schon mal falsch eingestellt gewesen war. Damals hatte sich ihr Computer zwei Jahre in der Zukunft befunden. »Ja, das mag da stehen, aber ich schätze, es ist irgendwas ganz heftig durcheinandergeraten. Ich habe vor wenigen Wochen mit meiner Tante gesprochen und war bei ihr.«
»Hm, dann kann ich Ihnen auch nicht weiterhelfen, fürchte ich. Das hier ist alles, was ich finden kann.« Sie lächelte entschuldigend. »Also, machen wir doch mit der Aufnahme des eigentlichen Falls weiter. Erzählen Sie mir bitte alles, woran Sie sich bezüglich des Überfalls noch erinnern. Oh, und Ihr Geburtsdatum und Ihre genaue Adresse benötige ich natürlich auch.«
Als Imogen die Angaben machte, blickte die Polizistin sie erneut prüfend an, sagte aber nichts. Imogen versuchte zu sehen, was sie tippte. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass hier irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Bei dem Datum stutzte sie: 3. September 2034. »Ich glaube, Ihre Datumsanzeige ist falsch eingestellt.«
»Oh, das sollte natürlich nicht so sein. Haben wir heute denn nicht den Dritten?«
»Doch, das schon.« Imogen war froh, zumindest das zu wissen. »Aber nicht im Jahr 2034.«
Verblüfft blickte die junge Frau sie an. »Aber natürlich haben wir 2034.« Sie lachte. »Wie kommen Sie darauf, dass es anders ist? Ich meine, mit den Tagen komme ich immer mal wieder durcheinander, besonders nach Feiertagen. Aber doch nicht bei der Jahreszahl.«
Plötzlich schien der Boden unter Imogen zu schwanken, ebenso wie die junge Frau vor ihr. »Ich … entschuldigen Sie, darf ich bitte eben auf die Toilette?«
»Dort vorne links.« Freundlich deutete sie auf einen diskreten grünen Pfeil auf weißem Untergrund.
Imogen lief los, sperrte die Tür hinter sich zu und lehnte sich dagegen. Das Herz pochte wie wild in ihrer Brust.
2034 – das würde bedeuten, dass über zweiundzwanzig Jahre vergangen waren. Wie konnte das sein? Zwar hatte sie in Annwn jedes Zeitgefühl verloren, aber dennoch war sie fest davon überzeugt, dass sie nur einige Wochen, vielleicht auch Monate dort verbracht hatte. Stattdessen sollten so viele Jahre vergangen sein?
Als sich ihr Herzschlag ein wenig beruhigt hatte, schloss
Weitere Kostenlose Bücher