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Druidenherz

Druidenherz

Titel: Druidenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ness
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Beinen halten konnte. Sie hatte Gälisch gesprochen, jetzt versuchte sie es auf Englisch: »Bitte, ich kann nicht so schnell laufen.«
    Wieder kam nur ein Grunzen. Wer war er? Und wohin brachte er sie? Dass er sie mit sich nahm, gab ihr zumindest ein klein wenig Hoffnung. Offenbar wollte er sie immerhin nicht umbringen, denn das hätte er sofort erledigt. Geknebelt hatte er sie auch nicht, und ihr Entführer bemühte sich nicht, leise zu sein.
    Jetzt erklang ein anderes Grunzen. Es wirkte wie eine Mischung aus Schweinelauten und dem Rülpsen eines Betrunkenen. Also gab es einen zweiten Mann. Imogen schauderte, aber wenn sie in Panik geriet, würde das alles nur noch schlimmer machen.
    Es wurde ein wenig heller, und Imogen konnte erkennen, dass man sie durch einen langen Gang führte. War sie in Annwn? Nichts erschien ihr vertraut – andererseits kannte sie ja auch nur einen winzigen Teil davon. Und nur sehr wenige seiner Bewohner.
    »Wer sind Sie?«, versuchte sie es wieder auf Gälisch. Wenn sie tatsächlich in Annwn war, würde diese Sprache verstanden werden. Auch die Feen beherrschten sie, das hatte Dian ihr erzählt.
    Keine Antwort.
    Endlich spürte sie, wie ihr Überlebenswille die Kontrolle übernahm und die Benommenheit wich. Sie musste sich befreien, möglichst an einer Kreuzung, denn in dem schmalen Flur gab es keine Chance, zu entkommen. Vielleicht fand sie eine Abzweigung oder eine Tür.
    Sie warf einen Seitenblick auf die massige Gestalt. In dem matten Licht wirkte seine Haut dunkelgrau, der Kopf kantig. Sein Gesicht blieb im Dunkeln verborgen, nur sein starker Körpergeruch war präsent. Imogen hatte ihn nie zuvor gerochen, aber es stank schlimmer als an einem Hochsommertag dicht gedrängt in der U -Bahn. Sie versuchte, flach durch den Mund zu atmen.
    Vor ihr öffnete sich ein Durchgang, darin erschien eine weitere massige Gestalt. Imogen erschrak. Das Wesen – sie konnte sich nicht dazu durchringen, es als Mensch zu bezeichnen – hatte riesige Reißzähne. Geifer tropfte auf den dunklen Boden, ein bisschen landete auch auf dem nackten Bauch des Wesens. Der Körper erinnerte an den eines gedrungenen Menschen, aber dem Gesicht haftete etwas von einem Untier an. Imogen fühlte sich an Monsterfilme erinnert. Die Augen waren klein, dunkel und lagen tief in den Höhlen. Das Alter konnte sie nicht schätzen. Die Nase war knollig und gespalten, die Haut von einem undefinierbaren Grüngrauton. An einigen Stellen sprossen Haare in der gleichen Farbe.
    Was war das bloß für ein Wesen? Nun, da sie nah genug an das Licht herangekommen war, konnte Imogen ihren Entführer besser erkennen und bemerkte die Ähnlichkeit zwischen ihm und dem anderen.
    Also ein fremdes Volk? Sie erinnerte sich an jenen wunderschönen Tag, an dem Dian sie mit ins Land der Feen genommen hatte. Ganz sicher gab es in Annwn noch mehr fremde Wesen, darunter wohl auch Gruppen, die Menschen nicht ähnelten und vermutlich auch eine eigene Sprache hatten. Hier gab es kaum Licht, keine Sträucher mit reifen Beeren. Der Boden war von weichem Morast bedeckt. Die bloßen Füße der Wesen sanken ein wenig ein, ebenso wie auch Imogens Stiefel. Sie fühlte die Kälte und Feuchtigkeit durch die Ledersohlen hindurch.
    Weitere Gestalten näherten sich. Alle sahen gleich aus und räumten damit die letzten Zweifel aus, dass es sich um zufällige Missbildungen handelte. Waren das die Fomore, diese Dämonen, die Dian mal erwähnt hatte und von denen Imogen durch ihr Studium wusste? Näher beschrieben worden waren sie nicht, nur dass es sich um Dämonen aus der keltischen Mythologie handelte. Auch Dian hatte ihr nichts Konkretes über sie erzählt. Einer von ihnen war besonders riesig und hässlich. Imogen schauderte beim Anblick seiner in dreckigen Krallen endenden Klauen.
    Zwei kamen zu ihr, einer packte ihren anderen Arm und beugte sich mit seinem Mund darüber. Heißer Atem traf sie. Geräuschvoll atmete das Wesen ein. Imogen wand sich, versuchte den Reißzähnen zu entkommen. Wenn er sie damit biss, würde er ein ganzes Stück Fleisch herausreißen.
    Der andere schubste ihn zur Seite. Geifer spritzte auf ihr linkes Handgelenk. Es brannte wie Feuer. Enthielt der Speichel Säure oder gar Kontaktgift? Sie unterdrückte die in ihr tobende Panik und zwang sich, ruhig zu atmen. Wenn sie hyperventilierte, würde sie das Bewusstsein verlieren.
    Man führte sie zu einem Käfig und schubste sie so grob hinein, dass sie auf den Knien landete. Sofort richtete sich

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