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Druidenherz

Druidenherz

Titel: Druidenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ness
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übte mit der Leier und wiederholte immer wieder die kleine Melodie, die sie bereits auswendig spielen konnte. Es machte ihr viel Spaß, sodass sie oft ins Spiel vertieft war und gar nicht mitbekam, wie Gwyd ein neues Tablett in den Raum stellte oder den Wasserkrug auffüllte.
    Dennoch freute sie sich stets darauf, Dian bald wiederzusehen, und ertappte sich öfter bei dem Wunsch, eine Uhr zu haben, um seine Arbeitszeiten zu kennen. Aber er schien ohnehin immer in Bereitschaft zu sein und das als ganz normal zu betrachten.
    »Das heilt sehr gut«, sagte Dian jetzt, als er die Verbände abwickelte. Vor ein paar Minuten war er zu ihr gekommen.
    Imogen hatte den Tag damit verbracht, ihre Haare zu kämmen, auf der Leier zu üben und Honigkuchen zu naschen. Dabei hatte sie sich die ganze Zeit auf Dian gefreut.
    Lächelnd sah er sie an. »Ein bisschen Geduld noch, und du läufst wieder wie vorher.«
    Das bedeutete wohl, dass sie in einigen Tagen endlich an die Oberfläche konnte. Obwohl sie sich danach sehnte und besonders Tante Mable schmerzlich vermisste, stimmte sie der Gedanke, Dian zu verlassen, furchtbar traurig. Sie betrachtete die Verletzung an ihrem Arm. Bald würde sich dort ebenso wie an ihrem Bein eine Narbe bilden und sie für immer an die Geschehnisse erinnern.
    Dian folgte ihrem Blick, streckte die Hand aus und berührte ganz zart die dünne Haut. Von seinen Fingerspitzen schien eine sanfte Stromentladung auszugehen. »Es wird deiner Schönheit keinen Abbruch tun.«
    Sie versuchte zu lächeln. Es war lieb von ihm, das zu sagen. Natürlich würde die Narbe sie nicht stören. Eine oder mehrere Narben waren ein kleiner Preis dafür, keine Gliedmaße oder sogar das Leben zu verlieren. Außerdem ließen sie sich durch entsprechende Kleidung verstecken, und man würde sie nur sehen, wenn sie sehr knappe Sachen trug oder nackt war. Dennoch … Sie konnte nicht umhin, sich davor zu fürchten, auch wenn sie sich gleichzeitig dafür schämte. Andere verloren durch Unfälle die Beine oder behielten wirklich entstellende Narben zurück. Bei ihr dagegen würde es schon genügen, blickdichte Strumpfhosen zu tragen. Aber sie würde wissen, dass die Narben da waren – und auch, woher sie stammten.
    Dian krempelte den linken Ärmel hoch und zeigte ihr eine Narbe an seinem Oberarm. Sie musste viele Jahre alt sein. Er nahm Imogens Hand und legte sie an die Stelle. Unter ihren Fingerspitzen spürte sie die Unebenheiten, aber auch die pulsierende Kraft. »Sie behindert mich nicht. Ich spüre sie gar nicht, aber manchmal denke ich dran. Als ich sie mir holte, war ich noch ein dummer Junge.«
    »Was ist geschehen?«, wollte sie wissen und zog ihre Hand ein bisschen widerwillig zurück.
    Er seufzte leise. »Wie gesagt, ich war dumm und der Meinung, einen Falken zähmen zu können. Also ging ich los, suchte nach einem Nest und wollte mir eines der fast flüggen Jungtiere nehmen.«
    »Ich schätze, es wollte nicht mitgenommen werden.«
    »Das weiß ich nicht, denn bevor ich es versuchen konnte, kam die Mutter angeflogen und fing an, mich mit Schnabel und Krallen zu attackieren, bis ich vom Baum fiel. Als ich unten lag, machte sie weiter.«
    Imogen hielt die Luft an. Sie wusste, dass Raubvögel gefährlich werden konnten und es Gründe hatte, dass Falkner sie nur mit einem entsprechenden Lederschutz auf den Arm nahmen. »Und dann?«
    »Irgendwie habe ich mich ins Unterholz geschleppt und fing mir noch mehr Kratzer ein. Es gab kaum eine Stelle meines Körpers, die nicht schmerzte, und mein Arm blutete ziemlich heftig. Ich hörte die Falkenmutter schimpfen. Sie war mir nicht in die Sträucher gefolgt, vermutlich fand sie mich nicht wichtig genug. Aber sie schrie noch eine ganze Weile. Schließlich fand sie wohl, es sei genug, und ich hörte ihren Flügelschlag. Also wartete ich noch einen Moment, dann traute ich mich wieder hervor, schleppte mich in die Siedlung und wurde von einem heilkundigen Druiden versorgt. Es war eine ziemlich aufwendige Behandlung. Außerdem kam noch die Niederlage dazu, denn ich hatte zwar einen verletzten Arm, aber keinen Falken.« Er grinste schief. »Das war das Schlimmste für mich. Und hätte man mir nicht Tränke gegeben, die gegen die Entzündung und Schmerzen halfen, mich aber sehr müde machten, wäre ich bestimmt sofort losgezogen und hätte es erneut versucht.«
    Das glaubte sie sofort. Natürlich war es dumm von ihm gewesen; man fing mit bloßen Händen keinen jungen Falken. Selbst ein kaum flügges

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