Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
als wollten sie Sonnenstrahlen sammeln,
aber Daan wusste, dass die Raubtiere auf Beute aus waren.
"Daan."
Sein Großvater rief. Er schaute noch ein letztes Mal an sich
herunter und seufzte. Das Abklopfen hatte wenig genützt.
Verdammter Staub. Zum ersten Mal verstand er, warum die
Gardisten schwarz trugen.
*
"Hatte ich dir nicht befohlen in Aßlar zu bleiben?" Iyel-Aton
stand inmitten seiner Wächter und funkelte Daan auf eine Weise
an, die weniger unerschrockene sicher das Fürchten gelehrt hätte.
Daans machten sie eher wütend, und seine guten Vorsätze lösten
sich in Luft auf.
"Dann hättest du vielleicht keinen Aushang fertigen sollen,
auf dem dazu aufgerufen wird meinen Vater- deinen Sohn!- für
tot zu erklären!"
Die Wache sprang auf ihn zu. Zu laut, er war zu laut
gewesen. Senys erschrockenes Gesicht tauchte vor Daans innerem
Auge auf. Er senkte den Kopf in Erwartung des Angriffes, doch
zu seiner Überraschung pfiff sein Großvater die Speichellecker
zurück.
"Hinaus."
Die Wachen hielten ein, verließen den Raum, mit
Ausnahme der beiden Leibwächter links und rechts neben dem
Stuhl des Fürsten.
"Ihr auch", fügte der Fürst hinzu.
Erst als die Schiebetür wieder geschlossen war, erhob sich
Iyel-Aton und stieg vorsichtig von seinem Podest. Wie alt er
wirkte. Hatte er immer schon so ausgesehen?
"Junge. Ich hatte keine andere Wahl."
Was war das, hatte der Fürst ihm gerade tatsächlich die
Hand auf die Schulter gelegt?
Daan hielt ganz still; atmete flacher. Was tat man in so einer
Situation? Davon stand nichts im Protokoll, soviel war mal sicher.
"Dann mach es rückgängig", sagte er.
Der Fürst stützte sich noch einmal schwer auf, dann zog er
seine Hand zurück.
"Das kann ich nicht."
"Du bist der Fürst", flüsterte Daan, "natürlich kannst du."
"Himmel, sei doch nicht immer so starrsinnig. Wenn ich es
dir doch sage, ich kann nicht." Endgültig klang seine Stimme, und
was Daan noch mehr erschreckte, traurig. Und das obwohl sein
Großvater jede Art von Gefühlsregung auf das Schärfste
verurteilte.
Daan spürte wie ihm die Tränen in die Augen krochen.
Wenn er seiner Verzweiflung jetzt nicht anders Luft machte,
würde er hier vor dem Fürsten weinen. Wut, Wut konnte man
selbst als Elf in besonderen Situationen noch rechtfertigen. Er
ballte die Fäuste.
Du kannst nicht? Sag lieber `du willst nicht“, fauchte er.
"Ich hätte wissen müssen, dass man mit dir nicht vernünftig
reden kann." Sein Großvater stieg auf das Podest, setzte sich, rief
die Wachen wieder herein.
"Lass mich wenigstens mit Ria nach Tallyn reisen, sie ist
krank und…"
"Das hättest du dir überlegen müssen bevor du dich an eine
Baumfrau gebunden hast."
Es klopfte. Eine der Wachen schob die Tür auf und Daans
Großmutter trat ein.
Sie neigte den Kopf. "Kann ich meinen Enkel begrüßen?"
Der Fürst erhob sich.
"Nein. Geh´ bitte"
Danimiè Lwynn, seine Großmutter, konnte ihr Erschrecken
nicht verbergen, aber sie folgte der Anweisung ihres Mannes wie
immer ohne Widerspruch.
Ria hätte sich das nicht gefallen lassen, dachte Daan. Er
spürte, wie sein Gesicht vor Stolz auf seine Frau zu glühen
begann, und es war ihm gleichgültig, ob sein Großvater es
bemerkte.
"Als Herrscher magst du eine Legende sein, aber was sagt es
über dich als Vater, wenn du den eigenen Sohn ohne Beweis für
tot erklären lassen willst?" fragte Daan.
Der Schlag kam unerwartet. Mit der offenen Hand und
nicht mit voller Wucht ausgeführt, brannte Daan eher die Wange
als das ihm der Kopf schmerzte. Er zeigte keine Reaktion auf den
Übergriff, zum einen, weil die Wachen ihn getötet hätten, hätte er
sich dem Fürsten in dieser Situation auch nur genähert, zum
anderen, weil er wusste, dass er den Schlag verdient hatte.
Hoch aufgerichtet hielt er dem vernichtenden Blick des
Fürsten stand und nahm dabei befriedigt zur Kenntnis, dass IyelAtons Gesicht ebenfalls rot angelaufen war. Siehe da, der
allmächtige Herrscher hatte also auch einen wunden Punkt.
"Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig." Der Fürst nickte
den Wachen zu.
"Mein Enkel möchte gehen, begleitet ihn hinaus."
*
Das Holz der Veranda protestierte unter seinen
enttäuschten Schritten. Nichts hatte er erreicht, gar nichts.
"Daan!"
War es eine Stimme gewesen, oder ein verirrter
Windhauch? Nur die gesteigerten Sinne eines Elfen konnten aus
dem zarten Säuseln im Gebüsch neben der Treppe einen Namen
heraushören. Daan lauschte, doch kein weiterer Laut drang
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