Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
roch. Natürlich, er, Jernichon Minuit, würde
Miriél Lwynn finden, noch bevor der Mond voll war. Diese
Angeberei war noch schwerer zu ertragen. Nur der Himmel
wusste, wie sehr er sich jetzt Rias kühle Hände als Trost auf seiner
heißen Stirn wünschte. Gleich, gleich würde er wieder bei ihr
sein.
*
Daan wusch sich die Finger im Brunnen vor der Botschaft
und betrat die Halle. Es war merkwürdig still. Irgendwie war er
davon ausgegangen, dass Ria ihm entgegenlaufen, zumindest
irgendwo singen würde, aber die Stille war beinahe greifbar. Ging
es ihr etwa schlechter?
Mit zwei großen Sprüngen nahm er die Treppe in den
ersten Stock. Die Tür zum Schlafzimmer war nur angelehnt. Er
stieß das Türblatt auf. Die Fenster waren beide offen, Wind blies
die Vorhänge auf, doch das rote Sofa war leer, und das breite Bett
war ordentlich gemacht.
Ria war nicht hier.
Daan konzentrierte sich auf seine Elfensinne, lauschte. Im
ganzen Haus kein Geräusch, ja nicht einmal ihr Atem. Das
Zwitschern der Vögel vor dem Schlafzimmerfenster ließ ihn
erleichtert aufatmen; der Garten, sie war bestimmt im Garten.
Sein Herz raste, die Handflächen begannen zu schwitzen.
Wurde er jetzt auch noch krank? Wo zur Hölle war Ria? Im
Garten auch keine Spur von ihr. Daan rannte den Weg zu Simon
Fehrs Haus mehr, als das er ging. Selbst das kleine Wäldchen
hatte er komplett durchsucht, wenn sie nicht im Haus des
Verwalters und seiner Frau war, dann wusste er wirklich nicht
mehr weiter.
Der Klopfer drosch so hart auf das Holz der Fehr´schen Tür
ein, dass eine Delle blieb, aber Daan kümmerte sich nicht darum.
Der Verwalter öffnete selbst die Tür.
Ohne eine Begrüßung sagte Daan: "Wo ist Ria?"
"Naatil, Harath." Simon Fehr verbeugte sich.
"Lass den Unsinn", fuhr Daan ihn an. "Wo ist meine Frau?"
"Sie ist auf der dritten Ebene", antwortete Simon; er sah
Daan nicht in die Augen.
"Sie ist- was?!" rief Daan.
"Auf der dritten Ebene."
"Mein Gehör funktioniert noch, danke. Warum sie das ist,
will ich wissen. Hast du ihr das Portal geöffnet? Ist dir klar, was
du getan hast? Sie ist nicht vorbereitet. Es hat sie wahrscheinlich
zerrissen oder sie ist wahnsinnig geworden, falls sie je auf der
anderen Seite angekommen ist!"
Daan musste sich ans sich halten ,den Verwalter nicht
einfach zu erwürgen.
"Es geht ihr sicher gut. Iyel-Aton…"
"Also steckt mein Großvater dahinter? Das hätte ich mir
denken können er geht über Leichen und er konnte Ria nie leiden.
Warum hast du sie nicht davon abgehalten seinem Ruf zu
folgen?" Daan griff Simon am Revers und schüttelte ihn. "Du
musstest doch wissen, dass sie das nicht überleben kann, sie ist
eine Baumfrau, Herrgott."
"Es geht ihr gut, Harath, so glaubt mir doch. Iyel-Aton hat
sie geschützt."
"Er hat- mein Großvater war hier?" Daan setzte sich auf die
niedrige Mauer neben dem Kücheneingang.
Der Duft von frischer Minze stieg auf, als er mit dem Stiefel
einige Pflanzen streifte. Zumindest war ihr beim Übergang nichts
passiert, wenn sie unter seinem Schutz stand.
"Zusammen mit der Regentin. Sie wollten euch besuchen
und nach dem Rechten sehen. Und als sie Rias Zustand
bemerkten, hat der Fürst angeordnet, dass sie umgehend nach
Telemnar muss", erzählte Simon.
"Aber wieso? Glaubt er ernsthaft es ginge ihr dort besser?
Sie ist noch weiter weg von ihrem Baum als hier." Daan kickte
einen stummeligen Ast gegen die gegenüberliegende Mauer. Er
prallte ab und verschwand zwischen den bunten Blumen des
Vorgartens.
"Nicht besser für sie", korrigierte Simon, "besser für das
Kind."
"Welches Kind? Ist sie…?"
Ihre geheimnisvollen Andeutungen am Tag seiner Abreise
fielen ihm wieder ein. Das war es gewesen, was sie ihm damals
sagen wollte.
"Oh mein Gott, Ria ist schwanger. Und er hat sie nach
Telemnar gebracht." Daan war enttäuscht, bitter enttäuscht. Wieso
erzählte Ria seinen Großeltern die Nachricht, bevor er es erfuhr?
Ging diese Schwangerschaft nicht nur ihn und sie etwas an?
Daan sprang auf. "Du übernimmst weiter die Verwaltung.
Ich muss nach Telemnar.
*
"Unauthorisierte Nutzung!" bellte es neben Daans Ohr. Er
zuckte zusammen, ließ die Hände aber hinter dem Kopf, wo er sie
wieder vorsorglich vor dem Durchtritt des Portals verschlungen
hatte. Auch dieses Mal rammte sich ein Stecken wie erwartet so
fest in seinen Rücken, dass er aus dem Portalkreis geschoben
wurde und erst auf dem Gras zum Stehen kam. Er hatte damit
gerechnet, dass die Wache einen Moment brauchen
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