Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
war aufgestanden, hatte Taris Füße aus dem Wasser
gezogen. Sie taumelte.
Julie lief zu ihr, stützte sie, während Daan schon an ihrer
anderen Seite stand.
„Was hat das zu bedeuten?“ flüsterte Daan.
Dendra war neben sie getreten. „Dass sie mächtiger wird als
jede Dryade die ich kenne. Und das wir ein Problem haben. Wir
können nur hoffen, dass sie sich nicht spaltet. Ich bezweifle, das
Hammer in Atrocis mit ihr fertig wird. Und wenn nicht, dann…“
Ria fing an zu schluchzen. Julie nahm ihr Tari ab, und ihre
Freundin fiel Daan um den Hals.
„Was meinst du damit?“ fragte Julie.
„Wenn sie wirklich böse wird, müssen wir sie töten, fürchte
ich“, sagte Dendra.
Blaue Augen und eine Stupsnase. Julie schauderte.
Das konnten die doch nicht ernst meinen.
Jan- Mathys
Im Jahr Sechs von Palarons Wache
Der Fremde war ein Ritter, da war sich Jan-Mathys ganz
sicher. Der Mann war zwar gegen die Sonne nicht ganz genau zu
sehen, aber seinem Umriss nach zu urteilen, musste er einer sein.
Er war groß, er war stattlich, er saß auf einem Pferd, und, was das
Wichtigste war, er hatte ein Schwert.
Wie aufregend, und das hier draußen. Nur selten verirrten
sich Reiter auf den abgelegenen Waldpfad, der zum Haus seiner
Eltern führte. Jan-Mathys schüttelte die restlichen Stichlinge
schnell in den Eimer, ließ den Kescher fallen und lief im Bogen
auf den Mann zu, um der blendenden Sonne ein Schnippchen zu
schlagen.
Enttäuscht hielt er inne. Der Fremde trug keine Rüstung,
nicht einmal einen Helm. Immerhin, sein Pferd hatte eine
Satteldecke, grün, gelb und rot geschmückt, und das Schwert an
seiner Seite war echt. Jan- Mathys beschloss, erst einmal
abzuwarten, bevor er ein endgültiges Urteil darüber fällte, ob der
Mann ein echter Ritter war.
"Hallo, Junge. Ist das hier der Weg zum Haus von Meike
und Faller Bant?"
Was schaute der Mann ihn so forschend an? Jan-Mathys trat
einen Schritt zurück. Fremde waren gefährlich, das hatte seine
Mutter ihm oft genug gesagt. Andererseits- wenn der Mann ein
Ritter war, musste er wohl immer alles gut beobachten, oder
nicht?
Er beschloss zu antworten.
"Ja, meine Eltern sind im Haus. Soll ich sie holen?"
"Dann bist du also Jan-Mathys."
Jan-Mathys nickte, fasste sich ein Herz und fragte: "Und wer
bist du?"
"Chris Hardt ist mein Name, und wenn du tatsächlich JanMathys bist, habe ich ein Geschenk für dich."
Der Mann schwang sich vom Pferd und vermied es dabei
gekonnt, mit dem Schwert gegen das Pferd zu stoßen. Und ein
Geschenk hatte er auch. Jan-Mathys hatte sich entschiedeneindeutig ein Ritter.
*
Das Holzschwert war das schönste Geschenk, das er je
bekommen hatte. Woher hatte der Ritter gewusst, dass heute sein
Geburtstag war? Er ließ die Klinge durch die Luft sausen, einmal,
zweimal, über den Kopf und wieder zur Seite. Es lag gut in seiner
Hand, fest und sicher, als sei es für ihn gemacht. Das Schwert war
nicht neu, oh nein. Kleinere Scharten gaben der Klinge ein wildes,
gefährliches Aussehen, so als habe sie schon unzählige Kämpfe in
echten Schlachten hinter sich. Es brach Jan-Mathys das Herz, das
Geschenk zurückgeben zu müssen.
Er senkte den Kopf und streckte die Hand mit dem Griff vor
sich aus.
"Ich kann es nicht annehmen."
Der Ritter runzelte die Stirn.
"Warum nicht?"
"Ich…"
Er suchte den Boden ab, da musste doch irgendetwas sein,
das seinen Blick so fesselte, dass er dem Ritter nicht in die Augen
sehen musste. "Meine Eltern. Sie erlauben es nicht."
"Was erlauben sie nicht?"
"Von Fremden etwas anzunehmen. Oder mit ihnen zu
reden." Jan-Mathys schlug die Hand vor den Mund und sah sich
um. Hatten seine Eltern ihn gesehen, hier, mit dem Fremden?
Panik kroch in ihm hoch.
"Ich muss jetzt wirklich gehen, ich darf nicht…" Er wollte
sich abwenden, loslaufen zum Haus, doch der Fremde hielt ihn
sachte am Arm fest, redete mit tiefer Ritterstimme auf ihn ein.
"Jan-Mathys, du kennst doch den Rat von Tallyn?"
Der Kloß in seinem Hals hinderte ihn am Sprechen, also
nickte er nur.
"Gut. Das Schwert ist ein Geschenk des Rates an dich
persönlich. Ich selbst bin vom Rat. Deine Eltern können das nicht
verbieten, verstehst du?"
Er nickte wieder. Vor dem Rat hatten seine Eltern Respekt,
das wusste er.
Der Rat machte die Gesetze, die Gesetze galten für alle. JanMathys war fest entschlossen, sich an die Gesetze zu halten; sonst
konnte er ja gleich Wegelagerer statt Ritter werden. Und wenn
der Rat es erlaubt hatte, hieß das nicht auch, er
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