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Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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Angst. Und das war längst
nicht alles. Er war nicht gerade sehr offen mit ihr gewesen vor
dem ersten Übertritt, und das nahm sie ihm übel. Vielleicht war er
davon ausgegangen, dass sie sowieso starb und er die Mühe los
war - wer konnte das schon sagen?
    "Dunkelelf, du Mischling. Das ist wohl ein kleiner
Unterschied zwischen uns und den eiskalten Sonnenanbetern",
näselte er.
Julie kicherte.
     
"Sehr witzig. Mal sehen, ob du gleich auch noch lachst",
sagte Jarron.
     
Der Dämpfer saß.
    Tatsächlich graute Julie das ganze Jahr vor dieser Nacht. Es
konnte jedes Mal aufs Neue etwas schiefgehen, und dann war
alles vorbei. Sie schaffte es noch immer nicht ihren Geist so zu
leeren, dass der Übertritt vollends ohne Schaden gelang. Das war
auch der Grund, warum Jarron sie begleitete. Er war an das
Versprechen gebunden, welches er ihr bei seiner Heilung gegeben
hatte, dem Himmel sei Dank. Julie war ehrlich mit sich: wäre
Jarron heute Nacht nicht an ihrer Seite, sie würde es darauf
ankommen lassen, sich zu verändern. Alleine traute sie sich den
Übertritt nicht zu, und das nach immerhin sechs Jahren Übung.
"Lass uns anfangen. Ich will nachher noch feiern gehen mit
ein paar wilden Schönheiten, die ich gestern kennengelernt habe."
    Julie verdrehte die Augen. Wenn der Übertritt geschafft
war, verschwand Jarron ab und an wieder auf die zweite Ebene;
offenbar war ihm sein Alter gleichgültig. Bislang war er aber
immer pünktlich erschienen um sie zurückzubegleiten, dabei war
der Rückweg ein Kinderspiel im Vergleich zu dem Hinweg.
Warum stellte sie ihn nicht ein für allemal davon frei? Julie
wusste es nicht. Vielleicht, damit seine Nächte mit den weiblichen
Dunkelelfen nicht zu sehr ausuferten. Nur zu seinem Besten,
selbstverständlich. Und zu ihrem Besten.
Wenn ihm eine nachhaltig den Kopf verdrehte, würde er sie
vielleicht nicht mehr so zuverlässig unterstützen.
    Julie setzte sich im Schneidersitz auf den warmen
Waldboden. Jarron setzte sich hinter sie und schlang die Arme
um ihre Taille, hielt sie fest und sicher. Sie konnte bis heute nicht
sagen, ob dieser Teil nötig war, aber es fühlte sich gut an, Jarron
hinter sich zu wissen, wenn die Welt aus den Fugen geriet.
"Willst du versuchen zu schweben? Das würde es einfacher
machen", sagte der Dunkelelf.
    Sie schüttelte den Kopf, senkte den Blick. Sie konnte es noch
immer nicht richtig; er musste ja denken, dass sie total dämlich
war. Aber egal wie sehr sie es versuchte, es gelang nicht.
Jarron bestand nicht darauf es zu versuchen, wie noch im
letzten Jahr.
     
"Leere deinen Geist", sagte er nur mit monotoner Stimme.
    Sie leerte ihren Verstand, folgte seinen Anweisungen.
Suchte nach den Ursprüngen der Gedanken, die immer wieder an
die Oberfläche ihres Bewusstseins stiegen. Endlich kehrte Ruhe
ein in ihren Kopf.
    Jarron schien das zu spüren. "Bereit?" fragte er leise.
"Ja."
Gemeinsam traten sie auf die dritte Ebene über.
    Julie atmete auf; der Übertritt selbst war nicht schmerzhaft,
aber gefährlich. Nach Jarrons Aussage starb dabei ein Großteil
derer, die den Übergang auf die dritte Ebene nicht überlebten.
Der nächste Teil war eklig, aber ungefährlich- wenn man davon
absah, dass man davon wahnsinnig werden konnte.
    Gemeinsam mit Jarron verließ sie den überwucherten
Portalkreis. Sobald sie über die Grenze trat, passierte es: das Licht
veränderte sich; der Himmel wurde schwarz. Die Natur strahlte
in grellen Farben, eine unnatürlicher als die andere. Jede
Bewegung in dieser Welt löste sprühende Funken aus, die
Umgebung war so bunt, dass Julie sich paradoxerweise blind
fühlte. Der hämmernde Kopfschmerz setzte ein, wie ein
vertrauter Feind, dem man erneut begegnete. Die Übelkeit war so
stark, dass sie sich übergeben musste, aber immerhin blieb sie
diesmal bei Bewusstsein.
Dann kam die Angst.
     
Sie ahnte, nein, sie wusste , sie war falsch in dieser Welt. Sie
sollte hier nicht sein, es war unnatürlich.
    Zeit zu gehen, auf die zweite Ebene zu flüchten, bevor ihr
Kopf barst, bevor sie tiefer und tiefer in den drehenden Strudel
gesogen wurde, der sie in den Abgrund vor sich zu ziehen drohte,
bevor…
Jarron hielt sie. Fest und sicher. Strich über ihren Rücken,
beruhigte sie.
     
"Alles gut, du hast es geschafft. Es ist vorbei."
    Seine Stimme schob sich wie ein Bremskeil in das irre
Drehen der Farben, nahm ihnen die Kraft. Julie hangelte sich an
seiner Stimme zurück in die Wirklichkeit. Die Farben verblassten,
das Gras wurde wieder

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