Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
Gerade
kletterte sie aus dem Wasser, erklomm einen Baum und
balancierte auf den Ästen. Unter ihr lagen Daan und Ria im Gras;
der Elf kitzelte seine Frau mit einem Farnwedel an der Nase, bis
sie lachte.
"Papa, sieh mal!" rief Tari, streckte die Arme weit aus,
balancierte leichtfüßig von diesem Ast zum nächsten, um am
gegenüberliegenden Baumstamm wieder herunterzurutschen.
"Sei vorsichtig!" rief Ria.
Daan kitzelte sie erneut.
„Lass sie, sie wird sich schon nichts tun."
Die beiden küssten sich, und Julie hatte nur einen Wusch:
weit weg zu sein von all diesen glücklichen Paaren die all das ihr
eigen nannten, auf das sie die nächsten Jahre weiter verzichten
musste.
So leise, wie sie gekommen war schlich Julie davon,
sorgsam darauf bedacht, im Sichtschutz des Stammes zu bleiben.
So viel heile Familie konnte sie heute nicht ertragen.
"Aewore, weißt du, wo Leo ist?"
Es war still in der Küche. Die alte Kräuterfrau war die
einzige, die sich an diesem schönen Nachmittag hier die Zeit mir
Arbeit vertrieb.
"Der wollte zu Ronan, glaube ich."
Julie stand einen Moment ratlos herum. Sogar Leo. Es war
zum Heulen. Sie biss die Zähne zusammen. Alles war besser als
weiter zu üben- oder alleine zu sein.
"Zeigst du mir, wie man Kamille trocknet?" fragte sie
Aewore ergeben.
Doch zu ihrem Erstaunen schüttelte die Alte den Kopf.
"Geht nicht." Die Runzeln nahmen die Farbe faltiger
Weihnachtsäpfel an. "Ich bin noch verabredet."
Sie musste der Wahrheit ins Gesicht sehen. Jeder hier hatte
jemanden. Nur sie nicht. Wenn sie Mathys wenigstens ab und an
hätte sehen dürfen- das würde so vieles leichter machen. Aber der
Rat hatte es ihr streng verboten.
Missmutig kleine Steine vor sich herkickend lief sie zur
Sommerweide. Sie war heute schon zwei Mal mit Go ausgeritten,
ein drittes Mal konnte sie ihm nicht zumuten, aber sie konnte ihm
noch einmal einige Leckerbissen geben.
Der Hengst begrüßte sie mit einem freudigen Wiehern.
Wenigstens einer, der sich freute sie zu sehen. Doch was war das?
Ein dunkler Schatten saß auf einer Bank neben der Weide.
Im Näherkommen erkannte sie die langen Beine, sorgsam im
Schatten ausgestreckt und den unverkennbaren Ledermantel.
"Na, einsam?" fragte Jarron.
Verdammter Dunkelelf. Man konnte ihm einfach nichts
vormachen.
Sie zuckte nur mit den Schultern.
"Setz dich." Er wies auf den freien Platz neben sich, der noch
von der Sonne beschienen wurde.
"Ich verstehe nicht, wie du es aushältst so lange auf deinen
Liebhaber zu warten", sagte Jarron.
Unverschämter Typ. "Er ist nicht ´mein Liebhaber`", fauchte
Julie.
"Oh, nicht einmal das? Und du wartest trotzdem? Wie
rührend."
Julie spürte die Röte in ihre Wangen steigen.
"So meine ich das nicht. Er ist mehr als das."
"Oh. Also ist er nun, oder ist er nicht?" fragte Jarron.
"Was?" fragte Julie.
"Dein Liebhaber."
"Geht dich gar nichts an", sagte sie.
"Also nicht."
Er strich ihr auffordernd über den Rücken, obwohl sie
spüren konnte, dass dort die volle Sonne schien- und sie wusste
wie sehr er die Sonne auf seiner Haut hasste. Sie erstarrte.
"Warum sollst du dir nicht ein bisschen die Zeit vertreiben?
Ich habe gehört, dein Mathys war auch kein Kind von Traurigkeit.
Zumindest bist du nicht seine erste Liebe. Warum sollst du dich
zu Tode langweilen?" fragte er.
"Verschwinde", zischte Julie, drehte sich weg von seiner
warmen Hand.
Jarron stand auf. "Wie du willst. Aber denk über mein
Angebot nach."
Er lachte und schlenderte davon, immer im Schatten
bleibend und ruhig, als habe er alle Zeit der Welt.
So ein Blödmann. Julie versuchte sich Mathys Gesicht
vorzustellen, wie sie es immer tat wenn sie so mutlos war, aber
zum ersten Mal gelang es ihr nicht einmal im Ansatz. Sie hatte die
Erinnerung an sein Gesicht verloren.
Go war das einzige warme Wesen von dem sie Trost zu
erwarten hatte, also stieg sie in die Koppel und schmiegte sie sich
eng an seinen Hals. Als die Tränen endlich versiegten, war es
dunkel.
Wieder ein Tag vorbei.
Liebe
Sie preschte auf Go durch die Dunkelheit. Es war verboten,
na und? Sie würde ihn wahrscheinlich sowieso nicht sehen. Zu
spät, zu dunkel. Er würde sich im Haus aufhalten, aber
wenigstens war sie ihm dort nah. Wie alt war er jetzt genau?
Neun. Neun Jahre alt. Wann fingen Kinder an, ihren erwachsenen
Gestalten ähnlich zu sehen?
Mit sanftem Schenkeldruck wies sie Go die Richtung; sie
kannte den Weg, oh ja. Die Karte lag nur bei einem einzigen
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