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Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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schien es ihr, als seien die Wächterswinkler durch die Bank
teilnahmslos. Stumpfe Blicke, langsame Bewegungen- das war ihr
auch schon bei der Bundfeier aufgefallen.
"Kommt, wir haben ein Festmahl für euch vorbereitet. Es ist
eine große Ehre für uns, wieder die Wächter zu stellen."
    Munter redend ging Fammina voran, ohne sich noch einmal
umzusehen. Offensichtlich war sie es gewohnt, dass man ihr
folgte- im wörtlichen wie im übertragenen Sinne.
    "Zuerst gibt es ein Festbankett, dann sehen wir uns die
Kandidaten an, die in die Vorauswahl gekommen sind. Ihr
sortiert sechs von den acht Zwillingspaaren aus. Dann gibt es
Kaffee und Kuchen, danach werden die beiden übrig gebliebenen
Paare gegeneinander in verschiedenen Wettkämpfen antreten."
    Leo meldete sich zu Wort.
"Wie lange dauern die Wettkämpfe?"
    Julie war ihm dankbar für die Frage. Auch die Aussicht auf
das Festmahl und den Kuchen war nicht so verlockend, dass sie
die Nacht hier verbringen wollte. All die stummen Gestalten- das
war mehr als unheimlich. Sie musste wieder an Myras Worte
denken, zog den Stöpsel aus ihrer Wasserflasche und trank in
großen Schlucken. Während sie den Stöpsel wieder aufsetzte,
bedeutete Julie Leo es ihr gleichzutun
Fammina lachte; ein kurzes, trockenes Geräusch das so gar
nicht zu ihrem üppigen Körper passte.
     
"Solange, bis ihr euch für ein Paar entschieden habt. Oder
bis ein Paar tot ist. Je nachdem, was eher geschieht."
     
*
    Die Festtafel konnte sich wirklich sehen lassen. Unter der
mittelalterlich anmutenden runden Decke mit ihren grob
vermörtelten Quadern und den Wänden aus gemauerten Nischen
unter bogenförmigen Stürzen, erstreckte sich ein langer Tisch, der
nur auf einer Seite eingedeckt war und bequem einem dutzend
Menschen Platz bot.
    Das bodenlange, schneeweiße Leinentuch war kaum noch
zu sehen unter den vielen Platten mit Äpfeln, Brot, Käse und
gebratenem Geflügel. Saftig aussehende Fleischstücke dufteten
aus glasierten Tonschalen, verschiedene Tunken luden zum
Kosten ein. Zwischen all der Herrlichkeit standen Glasflaschen in
den unglaublichsten Farben. Zartes Grün, leuchtendes Rot, ein
Blau- Ton, der Julie an die Unterwasserstadt der Aquilani
erinnerte, ein Purpur wie von einer Sommerblüte, lichtes Gelb
und helles Gelbrot, die Farben waren so prächtig dass Julie nicht
umhin konnte, eine der verkorkten Flaschen mit dem Sisalband
um den Hals in die Hand zu nehmen.
"Schön, nicht wahr?"
    Die kleine, verhuschte Frau, die Julie vorhin ebenfalls als
eine der Fünf vorgestellt worden war, deutete auf die Flasche in
Julies Hand. "Wir stellen sie hier selbst her. Und wir färben sie mit
Blütenextrakten. Das ist nicht so einfach, wenn der Extrakt nicht
rein ist, verbrennt er bei der Glasher…"
"Feara, halte unseren Gast nicht vom Trinken ab!" rief eine
der anderen.
     
Wie war noch ihr Name gewesen? Dander, ja, sie hieß
Dander.
     
"Danke“, rief Julie zurück, „ich bin noch gar nicht durstig."
"Trink trotzdem. Trinken ist gesund“, antwortete Dander.
Das sanfte Hintergrundgemurmel verstummte nach und
nach; alle sahen Julie an.
    "Danke. Ich bin nicht durstig. Vielleicht später."
Julie griff sich einen Hühnerflügel und knabberte daran.
    Die Gespräche setzten nur zögerlich wieder ein. Endlich
war es laut genug, dass Julie Leo etwas zuflüstern konnte, ohne
das man sie hörte.
"Ich glaube, Myra hatte Recht", flüsterte sie, "irgend etwas
ist hier mit dem Wasser."
     
"Meinst du?" Leo runzelte die Stirn. "Ich geh´ mal in den
Stall; nach Blau sehen."
     
Julie hätte ihn gern gebeten zu bleiben. Aber mit welcher
Begründung?
     
Sicher war alles in Ordnung, aber warum hatte sie dann so
ein flaues Gefühl im Bauch?
     
*
    Leos Augen gewöhnten sich wie immer im Nu an das
Dämmerlicht des Stalles. Blau stand in einer Box gleich vorne.
Frisches Heu, Möhren und Hafer- man sorgte hier so gut für die
Tiere wie für die Gäste. Leo griff sich eine Möhre; bis auf die
Äpfel war ihm das Essen an der Festtafel nicht besonders
appetitlich erschienen. Kein Wunder; er aß kein Fleisch und
wenig Gekochtes, in Gagrein wurde nur gekocht, wenn Gäste
kamen. Er rührte mit dem Zeigefinger im Wasser herum und roch
daran. Nichts. Oder? Doch, ein kaum wahrnehmbarer,
angenehmer Duft wie von Blüten; hätte er nicht nach danach
gesucht, wäre ihm der Geruch garnicht aufgefallen. Der Duft
wirkte nicht gefährlich oder giftig, aber sicher war sicher. Leo
kippte das Wasser aus dem Eimer in die Stallgasse

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