Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
ging es denn?“ fragte sie behutsam.
„Das willst du nicht wissen.“
Ein mulmiges Gefühl breitete sich in Julie aus, aber sie ignorierte es.
„Doch, will ich.“
„ Wir waren auf der Schießbahn. Es ging um dich. Ich habe gesagt, wenn er dich wirklich liebt, sollte er dir verzeihen.“
Julie schluckte gerührt. Der Elf hatte sie verteidigt.
„Und darüber habt ihr Streit bekommen?“ fragte sie.
„Ja. Mathys hat gesagt , deine Handlungsweise sei nicht zu entschuldigen, das Wohl der Gemeinschaft gehe vor.“
Ta t sich der Boden auf? Nein, ihr war nur kurz schwarz vor Augen geworden. Obgleich Julie immer noch der festen Überzeugung war, das Richtige getan zu haben, wäre sie am liebsten unter einen Stein oder ein Blatt gekrochen, so mies fühlte sie sich. Zumindest wusste sie jetzt, wie Mathys über sie dachte. Sie brachte es nicht fertig, Daan noch einmal zum Weitersprechen aufzufordern, aber das musste sie auch nicht.
„Dann habe ich ihn gefragt wie er so etwas sagen kann, schließlich habe dein Vorgehen Tari das Lebe n gerettet. Und ihn gefragt, ob du sie etwa hättest sterben lassen sollen.“
Julie flüsterte mehr als zu sprechen, aber der Elf hatte gute Ohren.
„Was hat er geantwortet?“
Daan erhob sich. „Nichts. Er ist weggelaufen, erst in Richtung Burg, dann, keine zwei hundert Pfeile später, rannte er mich auf dem Weg zum Stall fast um – ohne ein Wort. Und als ich wieder auf dem Hof stand, nach dem Putzen, raste er in Richtung Nordwesten aus der Stadt. Mehr weiß ich auch nicht.“ Der Lichtelf nickte leicht. „Ich muss los, Ria wartet.“
„Ist gut, bis später.“
Es gab keinen Grund, noch einmal zum Baum am Fluss zu gehen, aber Julie wusste ehrlich gesagt nicht, wohin sie sonst sollte. Zum Üben war sie zu aufgewühlt, Daan hatte seine Familie, Anouk hasste sie inzwischen und Myra – wie hätte sie ihrer Großmutter erklären sollen, was in ihr vorging? Nein, sie würde zu ihrem Lieblingsplatz gehen, sich beruhigen und danach üben, üben, üben. Vielleicht würde Mathys ihr verzeihen, wenn sie den Stein zurückholte.
Der Platz auf dem B aumstamm war leer, aber am Ufer hockte Tari auf dem Boden.
Warum nicht einen Moment mit der Kleinen reden? Julie kam näher.
„Hey, Tari, was machst du denn hi...“
Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Tari hockte auf dem mit spärlichem Gras bewachsenen Sandstreifen und hantierte mit zwei ausgerissenen Froschflügeln. Der Körper des armen Tieres lag zerrissen vor ihren Füßen, die in niedlichen ledernen Sandalen steckten.
Julie zitterten die Knie. Sie hatte kein Kind gerettet, sie hatte ein Monster beschütz t.
Tari sah zu ihr auf. „Der Frosch...“ Sie verstummte, schaute Julie aufmerksam an, dann riss sie die Augen auf. Ohne ein weiteres Wort sprang Tari auf die Füße und verschwand in Richtung Wald.
Julie sank zu Boden. Tränen flossen ohne Unterlass – weinte sie um den Frosch oder über ihre eigene Dummheit? Sie wusste es nicht. Wenn man es genau nahm, war es ihre Schuld, dass der Frosch gestorben war. Und er würde nicht das letzte Opfer bleiben.
Als die Scham die letzten Schluchzer aus ihr herausgequetscht hatte, grub sie mit den Händen im weichen Sand eine tiefe Grube und beerdigte den kleinen toten Frosch. Wenigstens das hatte er verdient.
Der Weg zurück zur Burg war viel zu kurz, um sich zu überlegen wie sie Anouk beichten sollte, dass Tari böse war. Sie war nicht unsicher, was ihre Einschätzung anging. Einen Frosch zu töten und ihm die Flügel auszureißen war mehr als eindeutig, aber wollte sie nach all dem auch noch diejenige sein, die Anouk davon in Kenntnis setzte?
Vor Anouks Tür wusste Julie noch imme r nicht, was sie tun sollte. Würde der Rat nicht auch von selbst früh genug herausfinden, was mit Tari los war?
Julie drehte auf der Ferse und war gerade im Begriff zu gehen, als in ihrem Rücken die Tür geöffnet wurde.
„Was gibt es denn?“ Anouks Stimme klang weniger erbost und mehr distanziert, wie bei einem neuen Nachbarn der nach Butter fragt, was Julie fast schlimmer fand.
Julie drehte sich wieder um. Sie konnte es Anouk nicht sagen.
„Ich - ich wollte fragen ob du weißt, wo Mathys hingeritten ist“, stammelte sie.
Anouk zog eine Augenbraue hoch.
„Sein Pferd ist weg“, fügte sie etwas lahm hinzu.
„Wenn er es dir nicht gesagt hat, will er wohl nicht, dass du es weißt. Ist sonst noch etwas? Einer von uns sollte vielleicht arbeiten , um den Schaden zu begrenzen, und da du
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