Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
Empat um eine heruntergefallene Beere zankte.
„Hey, du musst noch mal los“, lockte sie den Drachen. Da der Empat den Streit um die Beere verloren hatte, folgte er ihr willig. Sie warf den Drachen hoch und behielt ihn diesmal von der ersten Sekunde an im Auge. Der Weg war nur kurz. Keine zehn Meter vor ihr, in der inzwischen spärlicher gewordenen Masse der noch Wartenden, stand Mathys und strahlte ihr entgegen. Der Drache flog tatsächlich zu ihm. Daan hätte ihr das schon vorher sagen können, denn die Gefährtenpaarungen wurden schon im Winterhaus bekannt gegeben. Aber Julie hatte nicht gefragt.
Das Fest
Mathys hatte schon gewusst, was für ein Riesenglück ihm zuteil geworden war. Von seinem Platz aus war Daan hinter Tonia gut zu sehen gewesen. Als Julie neben seinem Gefährten Daan stehen geblieben war, hatte Mathys einen erfreuten kleinen Hüpfer gemacht. “ Ja“, hatte er ausgestoßen, „geht doch!“ Äußerlich gelassen hatte er gewartet, bis Julie ihren Empat losgeschickt und ihn entdeckt hatte. Als Julie auf Mathys zukam, nahm er sie mit einem fröhlichen „So sieht man sich wieder“ in Empfang.
Verlegen wegen der Szene mit Kim am Nachmittag blinzelte Julie zu Mathys hoch, der fast anderthalb Köpfe größer war. „Hi“ war erst einmal alles, was sie herausbrachte nach diesem Wechselbad der Gefühle.
„Weißt du, wie es jetzt weitergeht?“, fragte sie dann, als ihre Stimme ihr wieder gehorchte.
„Soweit ich weiß, gehen jetzt alle mit ihren neuen Gefährten in die Zelte. Wir haben unsere Sachen noch im Winterhaus und müssen erst einmal umziehen. Für heute Abend ist ein riesiges Fest geplant, denn wenn ich das richtig sehe, haben morgen achtundachtzig Mädels Geburtstag; der Rat hat beschlossen, dass wir reinfeiern! – Aber nur bis kurz nach Mitternacht, leider…“
Julie war wieder in bester Laune. Es war ihr inzwischen egal, dass Swantje auch hier war. Sie würde eben einfach einen großen Bogen um sie und Tonia machen. Schon morgen durfte man vielleicht reiten, und heute wurde gefeiert! Gemeinsam machten sich die beiden auf den kurzen Weg, um Daan einzusammeln.
Das Winterhaus lag gleich hinter dem Zeltlager, versetzt gegenüber der großen Burg. Seine Fenster zeigten direkt zur Bogenbahn, so dass Daan sich morgens nicht die Mühe machte, um das Gebäude herum zu gehen. Er sprang einfach direkt nach dem Aufstehen aus dem Fenster des Zweibettzimmers im Erdgeschoss, das er sich mit Mathys teilte. Noch bevor die anderen sich gewaschen hatten, fanden zwei- bis dreihundert Pfeile treffsicher ihren Weg in die schon wieder arg mitgenommene Strohscheibe, welche die Korbflechterin Gertrud inzwischen nur noch unter Protest erneuerte.
Julie wartete vor der Zimmertür, während Mathys und Daan ihre Sachen holten. Es schien ihr nicht richtig, in ein Jungenzimmer zu gehen; außerdem wusste sie nicht, ob sie nicht wieder in diesem klebrigen Magiekram hängen bleiben würde, und das war echt eklig. Da die beiden schon gepackt hatten, waren sie auch fast umgehend wieder draußen.
Julie zeigte ihnen den Weg zu ihrem Zelt, das kaum hundert Meter links von der einen Gebäude-Ecke des Winterhauses lag.
„Welche Kammer willst du?“, fragte Mathys Daan, der bis jetzt noch nicht viel gesagt hatte, als sie angekommen waren. Daan zeigte auf eine freie Kammer; es war die Kammer genau neben Julies. Auf der anderen Seite neben Julie war Kim eingerichtet, also nahm Mathys die Kammer zwischen Daan und der Ausrüstungskammer, welche direkt links neben dem Eingang lag und die Bögen und Gerätschaften enthielt. Als alles eingeräumt war, setzten sich die drei erst einmal zusammen, um Tee zu trinken. Kim war noch nicht zurück, und Julie nutzte den ruhigen Moment, um ihre neuen Begleiter unauffällig zu betrachten. Der Halbelf war ihr von der ersten Begegnung an recht blass vorgekommen, aber jetzt gerade wirkte er fast weiß. Das war nicht nur Julie aufgefallen.
„Alles in Ordnung?“, fragte Mathys besorgt.
„Ja, wohl nur was Falsches gegessen, geht schon“, presste Daan hervor. „Allerdings dröhnt mir höllisch der Schädel, und mein Magen revoltiert, als hätte man einen lebenden Drachen auf einen heißen Grill gebunden“, fluchte er dann. Wie die meisten Wesen, die das Blut zweier Rassen in sich vereinten, hatte Daan nicht nur die positiven Seiten vererbt bekommen. Als Halbelf konnte er außergewöhnlich gut im Dunkeln sehen, er war schnell wie ein Wiesel und hörte besser als eine Wildkatze.
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