Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
Leder für die Fassung. Ein Seitenblick zu Mathys und Daan zeigte ihr, dass die beiden zurechtkamen. Beruhigt wandte sich Julie wieder ihrer Arbeit zu. Während der nächsten halben Stunde waren nur das Geräusch der Werkzeuge und gemurmelte magische Formeln zu hören.
„Die Zeit ist um!“, verkündete Anouk ihren Schützlingen. Gerührt blickte die Hüterin auf die Amulette, diese drei hatten wirklich verstanden, was sie da taten. Um nicht oberflächlich zu scheinen, nahm die Ratsfrau trotzdem jedes einzelne Amulett in die Hand, strich darüber und pustete es an. Die Amulette von Daan und Mathys glühten beim Anpusten vorschriftsmäßig schwach auf, sie waren gut gearbeitet. Das Amulett von Julie hingegen begann zu leuchten und sandte einen seltsamen Klang aus. Anouk erstarrte. Mit forschendem Blick und einer leichten Verbeugung gab sie Julie das immer leiser klingende Amulett zurück, es glühte beharrlich noch eine Weile weiter. Anouk räusperte sich. „Daan Lwynn: zwei Punkte, Mathys Sander: zwei Punkte, Julie Denes:“, hier machte Anouk eine längere Pause, und Julie dachte für einen endlosen Moment, sie habe etwas verkehrt gemacht, „drei Punkte. Das ist alles, ihr könnt gehen.“
Völlig verdattert standen die Freunde kurz darauf wieder im hellen Morgenlicht. Alle drei begannen gleichzeitig zu reden.
„Drei geht doch gar nicht, oder?“, fragte Daan.
„Ich dachte, zwei ist die Höchstzahl“, sagte Mathys.
„Warum hat das Amulett diesen komischen Ton gemacht?“ Die letzte Frage kam von Julie.
Mathys und Daan sahen sie wortlos an. Nervös trappelte Julie von einem Fuß auf den anderen. „Nun sagt schon, was war mit dem Ding?“, bohrte sie weiter.
Mathys erbarmte sich: „Ich habe nur davon gelesen; die einzigen Amulette, die Geräusche machen, sind die Meister- Amulette. Ein Magier widmet sein ganzes Leben der Erforschung von Amuletten, und am Ende ist er so tief in die Geheimnisse dieses magischen Handwerks eingedrungen, dass er klingende Amulette herstellen kann. In ganz Tallyn gibt es aber keinen Amulett-Meister mehr, der letzte ist im vorigen Jahrhundert gestorben. Um so ein Amulett herzustellen, muss man entweder ein Meister sein oder einen unwahrscheinlichen Glücksgriff tun – so wie du gerade!“ Strahlend beendete Mathys seine lange Rede. Sie hatten einen Punkt aufgeholt, und verfügten nun über ein ganz ausgezeichnetes Amulett. Das war zumindest ein halbes Wunder! Julie strahlte zurück, und selbst Daan war so froh, dass ihn die offensichtliche Zusammengehörigkeit der beiden ausnahmsweise einmal nicht in traurige Starre verfallen ließ.
Vor ihrer Fahne in dem Fahnenständer an der Bogenbahn, wo das Bogenschießen veranstaltet wurde, steckten noch drei Weitere. Da jede Gruppe aus drei Teilnehmern bestand, die jeweils acht Mal schießen würden, waren Julie und ihre Gefährten eine Weile ohne Aufgabe. Es hatte alle drei viel Kraft gekostet, sich so zu konzentrieren, also stärkten sie sich erst einmal. Die Spanferkel waren inzwischen fertig und lockten nun endgültig große Scharen mit ihrem Duft an.
Jeder mit einem großen Stück knusprig gebratenen Fleisches in einem frisch gebackenen Maisbrot beladen, setzten sich die drei Gefährten an den Rand der Bogenbahn und sahen ihren Mitstreitern zu. Mathys und Julie bissen herzhaft zu, Daan schaffte durch die Übelkeit nur wenige kleine Häppchen.
Gerade war Kim an der Reihe. Sie wirkte angespannt. Bille rief ihr etwas zu; es war hier zu laut, als dass Mthys, Julie und Daan es hätten verstehen können, aber es musste etwas Lustiges gewesen sein. Kim lachte und sah deutlich entspannter aus. Sie legte an und schoss. Zielsicher fand der Pfeil seinen Weg in die Mitte der Strohscheibe. Von acht Versuchen setzte Kim sechs in die Mitte der Scheibe und zwei an den Rand; das reichte für zwei Punkte. Die Menge klatschte, Kim war bei vielen beliebt.
Nach und nach kamen die anderen Mädchen und Jungen an die Reihe, die meisten schafften nur einen Punkt bei dieser schwierigen Disziplin.
Jetzt war es an Julie, zu schießen. Sie versuchte ihre Mitte zu finden, wie Leung Jan es ihr gezeigt hatte. „Schieß nicht den Pfeil, sei der Pfeil. Sei die Scheibe und der Bogen – so wirst du immer treffen“, hatte ihr der Chinese mit ernstem Gesicht erklärt, als sie nach einer Übungsstunde um seinen Rat gebeten hatte. Julie hatte das nicht ganz verstanden, aber sie hatte gesehen, was Leung Jan gemacht hatte. Mit geschlossenen Augen bewusst ein- und
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