Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
Vom Netzwerk:
sich auch heute Runde um Runde nur mühsam durch, die Stirn verschwitzt und das Gesicht gerötet.
    Mathys sah unglücklich aus. Doch es war nicht so, dass Julie ihm absichtlich aus dem Weg ging. Sie mochte ihn genauso wie zuvor, aber das Üben hatte gerade Vorrang.
    „Julie, auf ein Wort …“, sprach Mathys sie nach einer besonders anstrengenden Runde gegen einen Kämpfer namens Linhardt an.
    „Was gibt es?“, fragte Julie. Die Erschöpfung hatte ihre Stimme unfreundlicher klingen lassen als beabsichtigt. Mathys schien der Mut zu verlassen.
    „Ach, nichts …“ Mit hängendem Kopf drehte er sich um. Julie wurde klar, wie unverständlich das alles für Mathys sein musste. Sie nahm im Vorbeigehen seine Hand und zog ihn ein bisschen weg von dem Trubel. „Mathys, warte!“ Er
    drehte sich zu ihr hin. Trotz seiner breiten Schultern in dem Lederumhang sah er hilflos aus. „Julie, wenn ich irgendetwas gesagt habe oder so, lass uns reden, ja?“
    Julie schüttelte den Kopf. „Es hat doch nichts mit dir zu tun.“ Sie schluckte schwer. „Es tut mir leid, wenn ich unfreundlich war“, fügte sie mit zitternder Stimme hinzu.
    Mathys schaute auf seine nackten Füße, die Schuhe standen wie immer vor dem Eingang. „Wenn du deine Meinung geändert hast, wenn du und ich, ich meine …“, brachte er dann stockend heraus.
    „Es geht nur um meinen Vater; irgendwann kann er nicht mehr in Tallyn bleiben. Dann muss ich ihn beschützen können.“ Julie sah Mathys tief in die Augen; sie überwand ihre Scham und fuhr fort: „Ich weiß, ich sollte so etwas noch nicht sagen, sicher denkst du, ich bin zu jung. Aber aus irgendeinem Grund weiß ich ganz sicher, dass du und ich zusammengehören. Du bist für mich der einzige Mensch außer meinem Vater, der wirklich zählt.“
    Die Erleichterung in Mathys Stimme war unverkennbar, als er antwortete: „Mir geht es genauso, ich dachte schon, bei dir ist es anders. Es macht ja nichts, dass wir jung sind, älter werden wir von alleine. Aber es ist gut zu wissen, zu wem man gehört.“
    „Ich muss einfach besser werden. Schließlich ist das alles meine Schuld. Wäre ich nicht hierher gekommen, hätte der Vogt meinem Vater das nicht angetan.“ Julies Stimme zitterte, und in ihren Augen schimmerten schon wieder Tränen. Mathys kümmerte es nicht, ob die anderen sie sahen. Er nahm Julie in den Arm und ging mit ihr den Gang hinunter in Richtung Ausgang. Und Julie weinte sich alle Angst und alle Sorgen von der Seele, an Mathys breite Schulter gelehnt schien alles schon viel einfacher. Von diesem Tag an waren die beiden unzertrennlich. Man sah sie nur noch zusammen, beim Training, beim Essen, beim Tee, zu allen nur denkbaren Gelegenheiten, auch zu ihrem Vater begleitete er Julie manchmal.
    Julie trainierte immer noch sehr hart, sogar härter als zuvor, denn Mathys, ihr neuer Trainingspartner, war noch besser in Form als sie selbst. Aber Julie lachte auch mal zwischendurch, und das tat eigentlich allen gut, die mit ihr zu tun hatten. Der einzige, dem das nicht gefiel, war Daan. Immer häufiger zog er sich zurück. Auch an diesem Tag schien er nicht gerade bester Laune zu sein.
    „Gehen wir zusammen zum Schwertkampf, Daan?“, fragte Mathys.
    „Nein, ich trainiere im Wald“, murrte Daan.
    Mathys wartete kurz; würde Daan ihn und Julie auffordern mitzukommen? Doch Daan drehte sich um und ging alleine in Richtung Wald. Weder Julie noch Mathys merkten, dass der Halbelf nicht einmal sein Schwert dabei hatte. Daan ging weit in den Jagdwald hinein, tiefer als er sollte. Er setzte sich, mit dem Rücken an den seltsam glatten Stamm einer Birke gelehnt, auf das weiche Moos. Daan zog die Briefe hervor, beide waren schon zerknickt und eingerissen. Den zweiten Brief las er wohl schon zum tausendsten Mal. Das Pergament war von Hunderten kleiner Fältchen durchzogen und an einigen Stellen seltsam verfärbt, als sei es nass geworden.
     
    „Sehr geehrter Herr Lwynn,
    wir konnten trotz intensiver Suche keine Spur von Ihren Eltern finden. Wie eingangs angekündigt, halten wir es für wahrscheinlich, dass die Ausgangsinformationen stimmen und Herr und Frau Lwynn sen. verstorben sind.
    Mit freundlichen Grüßen
    Josse Minuit“
     
    Daan klappte den Brief mehrmals auf und faltete ihn wieder zusammen. Er weinte heute nicht, mit starrem Gesicht saß er da, den Brief in der Hand, bis aus der Ferne der Gong zum Essen rief. Die Briefe wieder wohlverwahrt in der Brusttasche, machte er sich auf den Weg zurück zum

Weitere Kostenlose Bücher