Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
die gleißenden Strahlen der Sonne von dem blankpolierten Metall reflektiert wurden. Im Zelt angekommen legte sie all ihre Ausrüstungsgegenstände in ihrer Kammer ab; die Jungs würden staunen, wenn sie hörten, wer das alles hergestellt hatte. Aber die Sache mit dem Bären konnte sie ihnen nicht verraten; das hatte sie dem Schmied versprochen.
Suchend blickte Julie sich um. Wo hatte sie jetzt die Scheide hingelegt? Der Schwertschutz war nicht unter und nicht auf dem Bett und auch sonst nirgendwo. Sie musste ihn in der Schmiede vergessen haben. Hoffentlich ließ Urs sie an diesem Tag noch einmal herein, Julie wollte das Schwert nicht ungeschützt herumliegen lassen …
Laute Stimmen drangen aus der Schmiede. Es schien, als ob Urs Streit hatte, aber mit wem nur? Julie wollte nicht lauschen, aber sie konnte auch schlecht einfach zwischen die beiden Streithähne marschieren. So blieb Julie, wo sie war. Die andere Stimme gehörte einer Frau. „Ich verlange, dass du für Tonia auch selbst eines machst; dieses Schwert hier ist eine Lehrlingsarbeit, das taugt nicht einmal zum Zwiebelschneiden.“ Lautes Klirren drang durch die Tür. Offensichtlich war ein Schwert auf den Tisch geworfen worden.
„Warum sollte ich das machen?“, grollte Urs.
„Warum hast du es für die kleine Miss Sonnenschein getan?“, keifte die Unbekannte.
„Weil ich es ihr schuldig war“, seufzte Urs.
„Gut, mir schuldest du auch etwas: Respekt! Ich gehe ja auch nicht überall herum und erzähle, was du getan hast!“, brüllte die aufgeregte Besucherin der Schmiede nun fast. Das Zusammensacken des Hünen sah Julie nicht, aber als Urs weitersprach, klang seine Stimme gebrochen. „In zwei Wochen kann deine Tochter es abholen.“
„Geht doch“, sagte die Fremde.
Julies Gedanken wirbelten. – Tonias Mutter, das war Tonias Mutter gewesen! Was wusste sie bloß über Urs, dass er tat, was sie verlangte?
Mitten in diese Gedanken hinein bekam Julie mit Schwung die hölzerne Tür der Schmiede vor den Kopf. Tonias Mutter, die fast genau so aussah wie ihre Tochter, nur faltiger, würdigte Julie keines Blickes. Sich die Stirn reibend trat Julie in die Schmiede. Urs stand mit hängendem Kopf am Amboss.
Julie sagte laut: „Ich habe etwas vergessen, ich hole es schnell“, und lief auf den Tisch zu.
„Hm“, knurrte Urs nur abwesend. Glücklicherweise lag die Scheide noch da, wo Julie sie vorhin abgelegt hatte; so war sie in kürzester Zeit wieder heraus aus der Schmiede. So finster wie Urs gerade guckte, konnte man schon Angst vor ihm haben. – Was ihn wohl zum Bären machte?
Julie erzählte ihren Gefährten an diesem Tag nichts mehr von dem Schmied und dem Schwert. Sie musste sich erst einmal selbst klar darüber werden, was sie gehört hatte. Was hatte Urs gemeint, als er Tonias Mutter gesagt hatte: „Weil ich es ihr schuldig war“?
Wem schuldig, Julie selbst? Er hatte Julie doch gerade erst das Leben gerettet, da war Urs ihr bestimmt nichts schuldig. Also musste er jemand anderen gemeint haben, aber wen?
Julie schalt sich selbst eine Närrin. Wie war sie nur auf die dumme Idee gekommen, dass der Schmied sie gemeint hatte? Sicher hatte er noch für andere Anwärterinnen das Schwert gefertigt, und einer von denen war er gewiss etwas schuldig.
Julie kicherte. Mathys und Daan würden staunen, wenn sie das Schwert sahen. Soweit Julie wusste, waren die Schwerter der beiden von einem Gesellen der Schmiede hergestellt worden.
Doch bevor Julie das Schwert irgendjemand anderem zeigte, ging sie zu ihrem Vater. Er saß, wie so oft, an der sonnenbeschienenen Seite der Burg in einem Lehnsessel, eine Wolldecke über den Knien. Julie wurde das Herz schwer, als sie ihn sah. Die Verbrennungen des tardischen Feuers hatten schlimme Narben hinterlassen; Gehen und Greifen fiel Herrn Denes immer noch schwer.
„Vater! Schau mein eigenes Schwert …“, rief Julie mit gespielter Leichtigkeit.
„Julie, Sonnenschein, du bist ja früh dran heute. Schön, dass du da bist. Zeig mal her!“
Julie hockte sich vor ihm auf den Boden. Mit der gesunden Hand strich er ihr über das Haar. Dann nahm Herr Denes das Schwert in Augenschein. „Das ist aber scharf, verletzt du dich damit auch nicht?“
„Ach nein, ich bin vorsichtig“, beschwichtigte Julie. Sie wollte ihn nicht aufregen, er war noch lange nicht wieder gesund.
„Wirklich ein wunderschönes Stück“, lobte Herr Denes.
Julie strahlte.
Auf jeden Fall war es wohl etwas besonderes, ein von Urs
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