Dryadenzauber (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
geschmiedetes Schwert zu haben, sonst hätte Tonias Mutter sich nicht so aufgeregt. Und in der Tat sparten auch die Gefährten nicht mit anerkennenden Worten für das Prachtschwert, auch wenn Mathys es zu klein fand und Daan meinte, es sei zu klobig. Julie machte das nichts aus. Das Schwert musste nur für seinen Träger perfekt sein, und das war es.
„Lasst uns üben gehen, wenn ihr euch noch traut!“, sagte Julie übermütig und rannte aus dem Zelt. Die Gefährten warfen sich einen Blick zu, griffen ihre Schwerter und stürmten hinterher.
Julie machte jeden Tag Fortschritte. Das ausdauernde Üben zahlte sich aus. Am Tag vor den Endkämpfen handhabte sie ihr Schwert mit spielerischer Leichtigkeit und brachte alle ihre Übungspartnerinnen in Verlegenheit. Beim Bogenschießen gab Daan ihr viele gute Ratschläge, und wenn sie es auch noch lange nicht mit der Kunstfertigkeit des Elfen aufnehmen konnte, hatte Julie doch mehr und mehr das Gefühl, mit dem Holz des Bogens verwachsen zu sein. Auch die anderen Anwärterinnen übten inzwischen wie besessen. Wer so weit gekommen war, wollte auch gewinnen. Überall sah man die acht Mädchen mit ihren Gefährten beim Training; auf der Bogenbahn, dem Reitplatz, in der Kampfkunstschule.
Schnell wurde Julie der Trubel zu viel, sie zog sich, wie schon häufiger, in den Wald nahe der Dryadenquelle zurück. Stunde um Stunde stand sie auf einer kleinen Lichtung und übte mit dem Schwert. Julie mochte es, wenn die scharfe Waffe mit einem feinen Zischen die Luft durchschnitt. Sie war inzwischen geübt genug, um sich nicht zu verletzen. Die Übungsschwerter mit der stumpfen Klinge benutzte Julie nur noch für die Vergleichskämpfe, in denen scharfe Waffen verboten waren. Wieder und wieder trainierte sie die Parierbewegungen und die Angriffe, die man ihr gezeigt hatte. Erst als der Sonnenuntergang die Lichtung in ein goldrotes Licht tauchte, machte Julie sich auf den Rückweg zu den anderen, die sie sicher schon vermisst hatten.
Morgen war der große Tag, morgen würde sich entscheiden welche Anwärterinnen sich der Auswahl um das Amt der Hüterin würden stellen dürfen. Obwohl Julie sicher war, in dieser Nacht kein Auge zu zubekommen, schlief sie nach den anstrengenden Schwertübungen innerhalb von wenigen Augenblicken tief und fest.
Julie war früh auf, die frische Luft vor dem Zelt machte sofort munter. Auf dem Weg zum Frühstück, das die drei sich schon seit einiger Zeit morgens in der Wirtschaftsküche holten, um Daan Gesellschaft zu leisten, ging Julie die einzelnen Techniken in Gedanken noch einmal durch. Auch Daan und Mathys waren recht schweigsam; von ihrer Leistung würde heute genau so viel abhängen wie von Julies. Im Endkampf trat jeder gegen jeden an, es wurde nur nach Mädchen und Jungen getrennt – und natürlich nach Gruppen: Mathys und Daan würden nicht gegeneinander antreten müssen. Jede gewonnene Übung gab einen Punkt, die beiden Gruppen, die am Ende des Tages am meisten Punkte hatten, traten zur Auswahl an.
Kim, Bille und Ulf kreuzten ihren Weg. „Na, ihr Vögel? Auch zur Futterkrippe?“, fragte Bille und hatte damit wie immer die Lacher auf ihrer Seite. Schnell entspann sich ein lärmendes Gespräch über den Ablauf des Tages, denn die Zeltkameraden waren genauso aufgeregt wie Julie und Mathys. Daans Gesicht war ausdruckslos, keine Regung verriet, wie er sich fühlte.
Nicht einer der sechs Kämpfer ahnte, dass nur fünf von ihnen den Endkampf überleben würden.
Die Fanfarenklänge waren überall in Tallyn zu hören. Sie riefen die Kämpfer auf den Burghof, wo der versammelte Rat auf sie wartete. Einschüchternd in die rituellen Tuniken gehüllt, sprachen die Mitglieder in der einsetzenden Stille wie mit einer Stimme den Kämpfern ihre Segenswünsche aus. Nervös sah Julie sich um. Dort hingen die Fahnen der Anwärterinnen, für die Einwohner Tallyns waren Holzbänke aufgestellt worden. Offensichtlich waren nur die Teilnehmer und die erwachsenen Tallyner nervös, bei den Kindern herrschte zurzeit eher Picknickstimmung. Viele hatten sich am Rand im kühlen, weichen Gras niedergelassen, unterhielten sich, spielten und aßen, sie kletterten auf Bäume und ließen ihre Füße von den dicken Ästen baumeln. Doch nach der Ansprache wurde es sofort wieder richtig laut, munter und aufgeregt diskutierten die erwachsenen Tallyner miteinander, Flöten und Trommeln sorgten für fröhliche Musik.
Daan ging es gut, er hatte dieses Mal mit dem Essen höllisch
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