DS002 - Drei schwarze Schlüssel
Gesicht hatte. Doc mußte sich als halber Schlangenmensch betätigen, um sich in der kaum fußhohen Deckung des Dachsimses seiner Jacke zu entledigen und sie an die kleine Schnur des Gummiballons zu binden. Zoll für Zoll schob Doc Ballon und Jacke vom Mauersims fort. Dabei lauschte er aufmerksam.
»Himmel!« stieß einer der Bobbies hervor.
Doc verhielt sich reglos. Würden sie schießen, oder auf Verstärkung warten? Er hörte, wie sie flüsterten. Die Uniformierten schienen sich fürs Warten entschieden zu haben.
Doc kroch geschmeidig zum rückwärtigen Teil des Daches.
»Der Bursche ist tot! Er muß sich beim Sturz alle Knochen gebrochen haben!«
Doc preßte die Lippen aufeinander, als er die Stimme von unten heraufhallen hörte. Nun hatte er die einzig greifbare Informationsquelle endgültig verloren!
Doc schob sich weiter und erreichte den Rand des Daches. Er schwang sich über den Sims und glitt, jede noch so kleine Unebenheit des Mauerwerks ausnutzend, nach unten. Tief unten blitzten Stablampen, die erkennen ließen, daß die Straße nach beiden Seiten abgeriegelt war.
»Tränengas auf dem Weg nach oben!« verkündete eine helle Stimme.
Doc Savage hatte Mühe, ein Lachen zu unterdrücken, als er den Fuß auf die gepflasterte Straße setzte. Er zog eine starke Stablampe aus einer der zahlreichen Taschen und richtete ihren Strahl auf das rückwärtige Ende des Daches.
»Behaltet den rückwärtigen Teil des Daches im Auge, ihr Idioten!« rief er, die Stimme des Beamten nachahmend, der den Tod des Schlitzäugigen gemeldet hatte. Die Täuschung gelang. Alle Helligkeit konzentrierte sich auf das Dach, das er vor Minuten verlassen hatte. Nach dieser Ablenkung war es für Doc eine Kleinigkeit, den von beiden Seiten vorrückenden Suchtrupps auszuweichen und in der Nacht unterzutauchen.
8.
Noch immer wurde das Piccadilly-Hotel von Reportern und Kamerateams belagert. Zwischen Journalisten und Neugierigen bewegten sich unauffällig gekleidete junge Männer, die immer wieder hier und dort eine Frage stellten, ohne selbst irgendwelche Auskünfte über sich oder ihr Vorhaben zu geben. Diese Männer waren Beamte von Scotland Yard – auf der Suche nach Doc Savage und seinen fünf Freunden. Keine Sekunde ließen sie Vorder- und Hintereingang zum Hotel aus den Augen, aber nicht einmal die Hotelleitung ahnte, daß ihr berühmtester Gast und seine fünf Gehilfen von der Polizei gesucht wurden.
Für die Seitenfront des Hotels, die nicht einmal eine Feuertreppe aufwies, interessierte sich niemand. Daher beobachtete auch niemand, wie Doc Savage sich an Mauervorsprüngen zum obersten Stockwerk emporarbeitete und in der von ihm gemieteten Zimmerflucht verschwand. An und für sich schien es ein unnötiges und gefährliches Risiko, das er einging, aber in den Zimmern befand sich Monks tragbares chemisches Laboratorium.
Dieses kleine Labor war überaus bemerkenswert. Kaum größer als ein mittlerer Handkoffer, enthielt es Proben fast aller gängigen Elemente, dazu Säuren und Laugen sowie die zur elektroskopischen Untersuchung fester Materie benötigten Geräte. Den letzteren galt in diesem Augenblick Docs besonderes Interesse.
Er betrat die Suite durch ein angelehntes Fenster, durchquerte den dahinterliegenden Raum und warf einen Blick durch den Spalt in der Tür zum benachbarten Zimmer. Zwei Personen hatten es sich auf Stühlen bequem gemacht und harrten offensichtlich in gespannter Erwartung seines Erscheinens.
Die eine Person war Lucile Copeland – das hochgewachsene Mädchen, dem Doc Savage im Nebel des Gartens begegnet war. Die andere Person war jener unglaublich hagere Mann mit der von Wind und Wetter gegerbten Haut, der Doc auf dem Flughafen das in Ölpapier gehüllte Päckchen zugeworfen hatte.
Als Doc sich vergewissert hatte, daß nur diese beiden Personen anwesend waren, betrat er den Raum.
»Guten Abend! Warten Sie auf etwas Bestimmtes?« fragte er lächelnd.
Das Mädchen stieß erschreckt den Atem aus und sprang auf. Sie öffnete ihre Handtasche und entnahm ihr eine Pistole.
»Warten Sie!« befahl der Mann ihr gegenüber. »Dies ist Doc Savage!«
Die Augen des Mädchens weiteten sich, sie ließ die Waffe sinken. »Dann – dann habe ich …«
»Möglicherweise einen Fehler begangen«, ergänzte Doc und nickte. »Das kann man wohl sagen, sofern Sie an die kleine Schießerei im Gebüsch nahe Ihrem Haus dachten.« Dann fügte er mit der ihm eigenen Offenheit hinzu: »Ich muß gestehen, daß
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