DS007 - Die Glocke des Grauens
er blieb barfuß. Dann führten sie ihn zu einem der Polizeiwagen. Das Verdeck des Wagens war geschlossen, aber die Fenster waren offen.
Auf dem Weg zur Stadt fuhren zwei Polizeiwagen voraus, drei weitere folgten, in einem von ihnen befand sich Long Tom. Der Sergeant hatte ihm den Angriff auf Tugg und den Widerstand gegen die Staatsgewalt übelgenommen. Die übrigen Personen, die sich in Tante Noras Haus aufgehalten hatten, blieben auf freiem Fuß. Die Polizisten glaubten, mit Doc auch den Mörder ihres Kollegen gefangen zu haben.
Der Konvoi bewegte sich langsam und wie im Triumphzug. Er erreichte einen Wohnbezirk, die Fenster der Häuser standen offen, Radiogeplärr schallte heraus. Es war ein Hausfrauenprogramm, das sich einer erheblichen Beliebtheit erfreute und von der Station in Prosper City ausgestrahlt wurde.
Die Kolonne hatte bereits einige Häuserblocks hinter sich gelassen, als aus den Rundfunkgeräten in den Küchen und Zimmern plötzlich ein wüstes Getöse drang. Es hörte sich an wie ein entsetzliches schrilles Geschrei, das vom monotonen Dröhnen einer mächtigen Glocke übertönt wurde. Das Getöse dauerte nur wenige Sekunden, dann brach es jäh ab, und aus den Geräten tönte wieder Konservenmusik.
»Der Green Bell«, sagte einer der Polizisten erschrocken.
Die übrigen Polizisten im Wagen äugten zu Doc, als machten sie ihn für den Höllenlärm verantwortlich.
Docs Gesicht blieb ausdruckslos, als hätte er den Zwischenfall nicht bemerkt. Er hatte die Hände, die mit Handschellen gefesselt waren, ruhig auf den Knien. Auch seine Fußgelenke waren gefesselt.
Die Straße führte unter drei Eisenbahnbrücken hindurch. Doc wartete, bis der Wagen zwei der Brücken passiert hatte, dann richtete er sich mit einem Ruck auf. Mit unwiderstehlicher Kraft stieß er seine Fäuste durch das Segeltuchverdeck, schwang sich hoch und stand auf dem Verdeck, als der Wagen die dritte Brücke erreichte. Alles war so schnell gegangen, daß die Polizisten erst reagierten, als Doc mit einem gewaltigen Sprung auf der unteren Kante des Brückengeländers aufsetzte. Die Hand- und Fußfesseln vermochten seine körperliche Gewandtheit nicht entscheidend zu beeinträchtigen.
Während das Fahrzeug mit kreischenden Bremsen hielt, schwang Doc weit zurück, um einen Anlauf zu haben, und setzte mit einer Flanke über das Geländer.
Doc warf sich zu Boden, um vor etwaigen Schüssen der Polizisten geschützt zu sein, und testete die Handschellen. Sie waren stabil, aber für eine Muskelkraft, wie er sie sich antrainiert hatte, keineswegs unüberwindlich. Er spannte die Sehnen an den Beinen an, daß sie sich wie Schlangen unter seiner bronzefarbenen Haut zu bewegen schienen, und half mit den gefesselten Händen nach. Das Metall zerbrach mit einem scharfen Knacken, dann befreite er auch seine Hände.
Doc kroch bis zu einem Zaun, zerfetzte sich den Overall an einem Stacheldraht, als er hinüberkletterte, und verschwand im selben Augenblick hinter einem Hühnerhaus, als die Kugeln der Polizisten gegen das Holz hämmerten.
Er war in Sicherheit. Ohne Umwege kehrte er zum Haus Nora Bostons zurück.
Der Grund für Doc Savages Flucht war das knappe, dröhnende Getöse des Green Bell über den Rundfunk gewesen. Er konnte nicht wissen, was der Lärm zu bedeuten hatte, aber seine Intuition sagte ihm, daß es dafür nur eine einzige logische Erklärung gab.
Den Gerüchten zufolge kündigte das Glockenläuten den Tod eines Menschen oder eine Gewalttat der Green Bells an. Daher, so kombinierte Doc, war das Läuten mutmaßlich ein Signal, das die Mitglieder der Bande zum Befehlsempfang zusammenrief.
Doc war sich ganz sicher, daß Judborn Tugg zu der Bande gehörte – wenn er nicht sogar deren Anführer war. Also kam es nun darauf an abzuwarten, wie Tugg auf das Läuten reagierte.
Doc gelangte zu einem hohen Baum, der in einiger Entfernung von Tante Noras Haus stand. Der Baum war eine Ulme und zufällig derselbe, von dem aus der unglückliche Slick Cooley das Haus belauert hatte. Abgeschabte Rinde und einige Fussel von Slicks Anzug klärten Doc darüber auf, welche Rolle dieser Baum schon einmal gespielt hatte.
Er kletterte den Stamm hoch und setzte sich auf einen großen Ast.
Bei einem der Zirkuszelte in Tante Noras Garten stand Judborn Tugg und gestikulierte heftig mit seinen fetten Armen, Monk und Johnny standen neben ihm und redeten auf ihn ein.
Tuggs Benehmen und sein Gesichtsausdruck ließen darauf schließen, daß er die beiden
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