DS008 - Die unsichtbare Legion
Betrüger der ganzen Vereinigten Staaten sind. Was Sie hingegen hier bei mir machten, war blutige Anfängerarbeit.«
»Das ist unerhört!« versuchte Telegraph Edmunds zu protestieren, aber es klang wenig überzeugend.
»Den Spitznamen ›Telegraph‹ erhielten Sie in der Unterwelt wegen des ausgeklügelten Systems von Handzeichen, mit denen Sie sich mit Ihrer Bande verständigen«, fügte sie hinzu.
Dies schien Telegraph Edmunds an etwas zu erinnern. Mit dem Daumennagel der linken Hand reinigte er sich den Zeigefingernagel der rechten. Dann staubte er sich einen imaginären Fleck vom Jackettärmel. Einer seiner Männer preßte daraufhin den Daumen und Zeigefinger seiner linken Hand zusammen.
»Hören Sie sofort damit auf«, sagte das Mädchen barsch. »Sie verständigen sich schon wieder mal mit Ihren berühmten Handzeichen.«
»Unerhört«, sagte Tele noch einmal.
Aber seine Hände blieben ständig in Bewegung. Man hätte es für nervöse Verlegenheitsgesten halten können, aber das Mädchen beobachtete scharf und wußte, es waren immer weitere Handzeichen.
Dröhnend hallte der Flintenschuß durch den Raum.
Tele stieß einen wilden Schrei aus und stürzte zu Boden. Dort krümmte er sich zusammen und stöhnte schauerlich.
»Los, stehen Sie wieder auf«, herrschte ihn das Mädchen an. »Ich habe lediglich über Ihren Kopf hinweggeschossen.«
Aber Tele wand sich und stöhnte weiter. Dabei drehte er kurz einmal das Gesicht nach oben, und es war rot verschmiert.
Das Mädchen erblaßte merklich. Der Lauf der Schrotflinte schwankte.
Einer der so makellos gekleideten Männer hakte mit der Schuhspitze unter den Fuß einer Stehlampe und kippte sie auf das Mädchen zu, doch das wich behend zwei Schritte zur Seite.
Ein anderer der Männer riß sich den Hut herunter und schleuderte ihn auf das Mädchen zu. Er traf sie auf die kurze Entfernung mitten ins Gesicht, und sie war momentan geblendet.
Im selben Augenblick waren sie auch bereits über ihr und entwanden ihr die Schrottflinte. Aber drei von ihnen mußten ihre ganze Kraft aufbieten, um sie festzuhalten.
Tele stand vom Boden auf. Mit einem Taschentuch wischte er sich das Gesicht ab und hob vom Boden die zerbrochenen Teile seines Füllfederhalters auf, der mit roter Tinte gefüllt gewesen war. Er wickelte die Bruchstücke sorgfältig in das Taschentuch und steckte es ein.
»Großartiger Trick«, sagte er. »Sie war so beschäftigt, euch mit dem Schießprügel in Schach zu halten, daß sie nicht sah, wie ich mir das Gesicht einrieb.«
Dann unternahm er eine kurze Inspektionstour durch das Apartment. Als er zur Flurtür kam, öffnete er sie und horchte lange auf den Gang hinaus. Er postierte dort einen seiner Männer und ging in die Bibliothek zurück.
»In dem ganzen Stockwerk gibt es offenbar nur dieses eine Apartment«, verkündete er. »Niemand scheint sich darum zu kümmern, daß hier ein Schuß gefallen ist.«
»Was wollen Sie von mir?« fragte das Mädchen ärgerlich.
»Meine Liebe, wir wollen von Ihnen erfahren, wo Ihr Vater, P. Treve Easeman, zu finden ist«, erklärte Tele gelassen.
»Ich weiß nicht, wo er ist«, entgegnete das Mädchen schnippisch.
Tele lächelte, aber es lag keine Spur von Humor in diesem Lächeln. »Aber natürlich wissen Sie, was aus Ihrem Vater geworden ist.«
»Ich weiß es eben nicht«, entgegnete sie zornig. »Ich weiß nur, daß seit seinem Verschwinden die merkwürdigsten Dinge passiert sind. Aus dem Safe hier in dem Apartment, dessen Kombination nur mein Vater und ich selbst kennen, ist ein hoher Bargeldbetrag verschwunden. Der Makler meines Vaters sagte mir, Vater habe ihn angerufen und ihm aufgetragen, einige Aktienpakete zu verkaufen, und er brachte das Geld dann hierher, aber plötzlich ist es nicht mehr in dem Safe, sondern einfach weg, wie durch Geisterhand.«
»Ihr Vater scheint also Bargeld flüssig gemacht zu haben«, sagte Tele.
»Ja, und Sie wissen wahrscheinlich auch, warum.«
»Wie viel war das?« erkundigte sich Tele.
»Eine Riesensumme«, bemerkte Ada Easeman kühl. »Über eine Million Dollar.«
Tele grinste zufrieden. »Sieht ganz so aus«, bemerkte er zu seinen Begleitern, »als ob sich der alte Easeman tatsächlich an die Vereinbarungen gehalten hat.«
»Aber er erklärte uns doch, er wolle nicht mehr länger mitspielen, und jetzt ist er sogar untergetaucht«, erklärte einer seiner Männer.
»Wir müssen ihn eben aus der Versenkung hervorholen und wieder auf Vordermann bringen – wenn er
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