DS030 - Hannah,die Hexe
eine Menge Geld gekostet. Auch das Mädchen, das auf den Stuhl gebunden war, wirkte nicht billig.
»Na, Kleine«, sagte Willie salopp, »du wirst mir jetzt mal ein bißchen erzählen ...«
June Knight sah ihn aufmerksam an, dann legte sie den Kopf in den Nacken und schrie, als gelte es, einen Wettbewerb um das durchdringendste Indianergeheul zu gewinnen.
Willie amüsierte sich.
»Du darfst kreischen, bis dir der Kopf auseinanderfällt«, sagte er, als June eine Atempause machte. »Hier hört dich niemand.«
»Ihr Teufel!« schimpfte June. Ihr Gesicht war krebsrot, ihre Augen funkelten. »Wo ist mein Vater?«
Slug lachte.
»Dreimal darfst du raten«, sagte er.
»Und wo ist der nette Herr, der für Doc Savage arbeitet?« fragte June. »Er heißt Ham Brooks.«
Auch die übrigen Männer lachten.
»Er ist bei dem großen Boß«, erläuterte Willie, nachdem sie sich wieder beruhigt hatten. »Für ihn wird gesorgt. Ich bin nicht der große Boß, Mädchen, aber du solltest uns jetzt was über Dawn erzählen, sonst wird’s für dich sehr unangenehm. Der Boß läßt sich so was nicht bieten!«
»Dawn?« fragte June scheinbar verständnislos.
Willie begann sich aufzuregen.
»Hör auf, den Idioten zu spielen!« brüllte er. »Du weißt, was ich meine.
Dawn!
Mach das Maul auf und rede! Wo?!«
Endlich schien June zu begreifen. In ihrem Gesicht stand plötzlich Angst. Sie zitterte, gleichzeitig kämpfte sie gegen die Stricke an, die sie auf dem Stuhl festhielten.
»Geht zum Teufel!« Sie nahm all ihren Mut zusammen. »Doc Savage hilft meinem Vater, und ich möchte wetten, daß er längst weiß, worauf ihr es abgesehen habt, er wird auch wissen, wie ihr in den Besitz der Jacht meines Vaters gekommen seid und was ihr in einer verlassenen kleinen Geisterstadt treibt. Wenn er es noch nicht weiß, wird er es bestimmt erfahren!«
Sie schrie wieder, aber nicht mehr vor Angst, sondern vor Zorn.
»Schone deine Stimme, meine Schöne«, sagte Willie. »Du darfst reden, aber nur über Dawn.«
June hielt verbiestert den Mund. Willie lächelte breit und berichtete ausführlich über die Sprengung der Town Hall und über das Ableben Doc Savages.
»Dein Retter hat also die Erde verlassen«, sagte er abschließend. »Auf dem Luftweg!«
Er lachte wieder, und seine Kumpane stimmten in seine Fröhlichkeit ein.
»Du hast wirklich keine Chance mehr«, sagte Slug zu dem Mädchen. »Du solltest endlich auspacken.«
Junes Augen waren ein wenig verschleiert. Gewaltsam beherrschte sie sich.
»Doc Savage ...«, flüsterte sie. »Ist ... ist er tot?«
»Ihr seid leichtsinnig«, sagte eine metallische Stimme von der Tür. »Ihr hättet einen Posten an Deck aufstellen sollen.«
Doc Savage erweckte nicht den Eindruck, als wäre er mit knapper Not einem Anschlag entgangen, er wirkte auch nicht mehr geistesgestört. Er stand auf dem Korridor und blickte die Gangster ruhig an.
Die Männer stutzten, dann liefen sie durcheinander, fluchten und griffen nach ihren Schießeisen.
»Er ... er lebt!« sagte Willie fassungslos.
Doc war schneller als die Gangster. Ehe sie ihn unter Feuer nehmen konnten, hatte er eine kleine Glaskugel aus der Tasche genommen und in die Kabine geschleudert. Einer der Gangster trat unabsichtlich darauf, das Glas zerbrach, und Willies Gefolgsleute japsten nach Luft und ließen die Revolver und Pistolen fallen. Jäh schienen sie das Interesse daran verloren zu haben, Doc zu erschießen. Zwei brachen in die Knie, dann kippten auch die übrigen um.
»Halten Sie den Atem an!« sagte Doc hastig zu dem Mädchen.
Dann hörte auch er auf zu atmen, denn die Glaskugel verströmte ein schnellwirkendes Gas. Die Wirkung dauerte nicht länger als eine Minute, aber sie genügte, jeden, der es einatmete, entschlummern zu lassen.
Doc wartete, bis die Minute verstrichen war, atmete tief aus und stieg über die Gangster hinweg zu dem Mädchen.
»In Ordnung«, sagte er. »Es ist alles vorbei.«
Er knotete die Stricke auf, June erhob sich und massierte ihre zerschundenen Handgelenke. Sie starrte Doc wie ein Gespenst an.
»Ich ... hatte geglaubt, Sie wären tot«, sagte sie unsicher. »Die Gangster haben es behauptet!«
Die Augen des Mädchens waren weit auf gerissen, als könnte sie sich noch nicht damit vertraut machen, daß Doc am Leben war. Er hielt sich nicht damit auf, ihr eine Erklärung zu geben.
»Die Gangster kommen gleich wieder zu sich«, sagte er. »Können Sie mit einer Pistole umgehen?«
June nickte
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