DS032 - Invasion aus der Tiefe
konnte. Er witterte; aus westlicher Richtung trug der Wind einen Geruch heran, der nicht aus dem Meer stammen konnte.
»Wenn mich nicht alles täuscht, fahren wir immer noch oder wieder nach Norden«, sagte er. »Nach den Sternen sind wir nicht weit von der Küste entfernt, und vor uns liegt die Mündung des Columbia River.«
»Imponierend!« sagte Monk. »Deine Sterne leuchten mir ein, aber wie kommst du auf den Columbia River?«
»Der Gestank«, sagte Doc. »Das ist die Walfangstation unterhalb von Greys Harbor, und der Hafen befindet sich oberhalb vom Columbia River.«
Er hatte recht. Während der Kapitän und die Mannschaft auf einer Insel an der Küste von British Columbia saßen und ihr Zorn nach und nach verflog, hatte die
Narwhal
eine gewaltige Strecke zurückgelegt, und obwohl es noch nicht Morgen war, näherte sich das Schiff der Landzunge gegenüber der breiten Mündung des Columbia River.
Wieder versuchte sich Doc aus dem Metallnetz zu befreien. Er biß die Zähne zusammen und kämpfte mit Erstickungsanfällen, aber es gelang ihm, die Arme ein wenig zu bewegen. Zu seiner Überraschung stellte er fest, daß ihm die Zoro-Männer seine Lederweste mit den zahllosen Taschen nicht abgenommen hatten, sie hatten ihm nicht einmal die Taschen geleert. Sie schienen ihrer Sache sehr sicher zu sein, oder sie hatten Docs Spezialausrüstung nicht ernst genommen. Vielleicht setzte Zoro in seine eigenen Waffen soviel Vertrauen, daß er sich für unbesiegbar hielt.
Doc tastete die Weste ab und spürte einen Gegenstand, der ihm fremd vorkam. Der Gegenstand war rund und flach wie eine Scheibe. Doc wußte genau, daß er diese Scheibe noch nicht besessen hatte, als er auf dem Gletscher aus dem Flugzeug stieg. Also hatte jemand sie ihm während seiner zweistündigen Ohnmacht zugesteckt! Er erinnerte sich, daß der Tote im Stanley Park so eine Scheibe unter der Jacke getragen hatte, und begriff, daß das Gebilde ein Funkgerät war.
Abermals verlangsamte die
Narwhal
die Fahrt; das Rauschen des Wassers an den Bordwänden wurde leiser. Doc beschloß, die weitere Untersuchung des Geräts auf später zu verschieben.
»Brüder«, sagte er, »ich meine, daß wir soeben die Mündung des Columbia River passieren. Das Wasser ist an dieser Stelle nicht sehr tief, und wer immer das Schiff führt, möchte offenbar nichts riskieren. Wir müssen uns überlegen, wie wir es anstellen wollen, eines der Bullaugen zu erreichen.«
»Das möchte ich auch gern«, sagte Monk träumerisch.
»Zoro hat bestimmt triftige Gründe, das Schiff zu kapern«, sagte Doc, ohne auf die Bemerkung einzugehen. »Ich vermute, daß er einen der Häfen am Columbia River anlaufen will, wofür er bestimmt ebenfalls gute Gründe hat. Vorausgesetzt, er hat nicht gelogen, als er dem Kapitän versicherte, das Schiff nur ausborgen zu wollen, liegt hier eine Fracht, die Zoro abholen möchte. Aber natürlich ist alles nur Spekulation, und ich kann mich gewiß auch irren.«
»Eine gewisse Logik ist Ihren Ausführungen nicht abzusprechen«, sagte Caulkins. »Trotzdem bin ich einigermaßen verblüfft. Sie scheinen mehr über diesen verrückten U-Bootkommandanten zu wissen, als Sie bisher eingeräumt haben.«
»Wieso?« fragte Doc scheinbar naiv. »Diese Schlußfolgerungen liegen doch auf der Hand!«
Caulkins musterte ihn kritisch. Anscheinend war er nicht ganz davon überzeugt, daß Doc lediglich einer Eingebung folgte.
»Offensichtlich verfügt Zoro zwar über Transportmittel, die unserem Schiff weit überlegen sind«, sagte Doc. »Aber die Transportmittel würden ein nicht geringes Aufsehen erregen, weil er die Fracht aufnehmen muß. Vielleicht gibt es auch noch andere Ursachen, die wir nicht kennen und nicht erraten können.«
»Spekulationen!« sagte Caulkins hämisch.
»Eben.« Doc nickte. »Das habe ich selbst gesagt.« Abermals spähte er zu dem Bullauge hinauf, das sich über ihm befand. Erst jetzt fiel ihm auf, daß es offen war. Er kroch zur Schiffswand und stemmte sich mit dem Rücken dagegen. Er konnte die Füße kaum bewegen, aber die geringe Bewegungsfreiheit genügte ihm, um sich langsam aufzurichten. Er drehte sich um, lehnte sich gegen die Wand und konnte hinausblicken. Die Stellung war unbequem, weil er halb gebückt verharren mußte, aber daran war nichts zu ändern.
Er stellte fest, daß die
Narwhal
ungewöhnlich tief im Wasser lag, das Bullauge befand sich nur wenige Fuß über den Wellen. Das Land, das er ganz in der Nähe vermutet hatte,
Weitere Kostenlose Bücher