Dschiheads
später eine Beute auftauchen wird. Niemand weiÃ, wie sie das anstellen.«
»Der Sache müsste man nachgehen«, sagte Maurya.
»Tun Sieâs, Madam. Sie sind ja ein Professor für so etwas.«
»Für den sechsten Sinn?«
»Nein. Für fremdartiges Viechzeug, wie mir gesagt wurde.«
Maurya lachte.
»Schwalben â¦Â« Ailif verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen. »Sagen Sie, Mr. Jespersen, war er â ich meine Commander Wolf â ein streitbarer Mann?«
Jespersen schüttelte den Kopf. »Ungeduldig ja, aber streitbar â nein, das kann man nicht sagen. Nur mit Seiner Heiligkeit hatte er ständig Zoff. Die beiden konnten sich nicht ausstehen. Was sag ich? Sie konnten sich auf den Tod nicht leiden.«
»Seiner Heiligkeit? Sie meinen den Hohepriester oder GroÃmufti oder was immer er auch ist in dem Dorf da drüben.« Maurya deutete mit einem Kopfnicken über den Fluss.
Jespersen musterte sie schweigend mit seinen weit auseinanderstehenden, dunklen Augen. Ihr war unbehaglich zumute unter diesem Blick; sie kam sich vor, als würde sie einer sorgfältigen stereoskopischen Messung unterzogen. »Seine Heiligkeit. So muss er angeredet werden«, erwiderte er schlieÃlich. »Er ist ein absoluter Herrscher von Gottes Gnaden.«
»Ist das Ihr Ernst?«, fragte Ailif. »âºAuf den Tod â¦â¹Â«
»Was meinen Sie, Professor Avrams?«
Maurya empfand Erleichterung, als Jespersen seinen forschenden Blick von ihr abwandte.
»Sie sagten, sie konnten sich auf den Tod nicht leiden, Commander Wolf und der Mufti am Ufer da drüben.«
»Nun, so sagt man doch. Aber das ist natürlich nicht wörtlich zu nehmen. Und es spielt ja auch keine Rolle mehr, Professor.«
»Hm.«
»Seine Heiligkeit ist der Ansicht, Gott habe ihm dieses Land verheiÃen und es ihm geschenkt, um hier an der Schwelle des Paradieses mit den ihm anvertrauten Auserwählten auf den Tag zu warten, da sich die Zeit erfüllt haben wird. Dann wird er sie an der Hand nehmen und in die ewige Seligkeit führen. Sie werden die Ersten sein, denn sie haben alle Prüfungen hinter sich.«
»Und Sie glauben das auch? Ich meine, Sie persönlich?«
»Ich möchte nicht unhöflich sein, aber gestatten Sie mir eine Bemerkung: Was ich persönlich glaube, ist ganz allein meine Sache.«
»Entschuldigen Sie bitte, ich hätte das nicht fragen dürfen.«
Jespersen hob die Hände. »Wir haben ihn zu respektieren. Seine Heiligkeit ist ein unnachsichtiger Patriarch im strengsten Sinne des Wortes. Er bestimmt über alles, buchstäblich über alles in seinem Reich. Selbst über Leben und Tod.«
»Wollen Sie damit sagen, er hat eigene Gerichtsbarkeit?«
Jespersen nickte. »Sie wurde den Dschiheads zugestanden. Mit ihrer Auswanderung haben sie sich absolute Freiheit und Souveränität erkauft. Der jetzige GroÃarchon hat schon einige aufhängen lassen.«
»Leute aus seiner Gemeinde?«
»Nein, irgendwelche Gauner, die mit dem Schiff aus dem Delta kamen oder auf einem Floà aus dem Haar, um hier ein paar Dinge mitgehen zu lassen.«
Maurya musterte, ihre Brille auf VergröÃerung gestellt, die Zeile der ärmlichen Hütten am anderen Ufer. Wegen der kastenförmigen Zisternen auf dem Dach wirkten die Behausungen seltsam unproportioniert. Am Ufer die hellen Stämmchen jener Pflanzen, die »Begleiterinnen des Flusses« genannt wurden, wie ein Staketenzaun; sie konnten die ockerfarbene Hässlichkeit des Dorfes nicht kaschieren, aber sie zogen eine deutlich sichtbare Grenze.
»Was gibt es denn da zu holen?«, fragte Ailif, der ebenfalls zum Dorf hinüberblickte.
»Es gibt immer welche, die noch ärmer sind«, erwiderte Jespersen achselzuckend.
»Und die hat Seine Heiligkeit kurzerhand aufknüpfen lassen?«
Jespersen nickte. »Um Exempel zu statuieren.«
»Ich finde das unglaublich. Und die Verwaltung von Hot Edge hat nichts dagegen unternommen?«
»Jeder auf dieser Welt weiÃ, mit wem er es hier zu tun hat. Wer sich darauf einlässt, ist selber schuld und tutâs auf eigenes Risiko.«
»Und die Flotte?«
Jespersen lachte. »Sie hat kein Mandat, sich über die ursprünglichen Abmachungen hinwegzusetzen. Die Dschiheads waren die ersten Siedler auf dieser Welt. Die Flotte kam erst viel später.«
»Eine Mini-Theokratie also,
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