Dschungel-Gold
Schwägerin ist hier! Ich! Ab sofort bekommt Liborio kein Gold mehr von mir. In einer Woche steht er in Unterhosen da, in zwei Wochen nackt. Er braucht das Diwata-Gold.«
»Und in drei Wochen besetzt das Militär den Berg!«
»Diwata ist kein Objekt, das man mit Toten erkaufen will. Und es würde Tote geben. Viele Tote! Was Liborio nicht weiß: Auch wir haben Panzer und Raketenwerfer. Wir können in Stunden zehn Flugzeuge zu Bombern umrüsten. Sie kennen nicht das Arsenal, das Avila angelegt hat, Doktor. Wir sind eine moderne Armee! Mein Schwager hat sie aufgebaut … die Hälfte allen Gewinns hat er für die Rüstung ausgegeben. Wußten Sie das nicht?«
»Nein. Ich bin sprachlos. Bisher habe ich geglaubt, daß so etwas nur bei den Drogenmafiosi in Kolumbien möglich ist. Diese Kokainbarone von Medellín haben ihre eigene Armee, besser ausgerüstet als das staatliche Militär. Das weiß jeder.«
»Aber von Diwata weiß es keiner, und das ist gut so! Sollen sie kommen, die Gierigen von Manila. Wir werden sie wegjagen wie Mistkäfer.«
Sie schwieg. Das Flugzeug setzte zur Landung an und schwebte auf die Rollbahn zu. Einige Wagen warteten am Rollfeld, darunter auch die gepanzerte Limousine von Belisa. Auch Avila war gekommen mit einem Schützenpanzerwagen und vier Jeeps voller Soldaten. An einem Geländewagen lehnten die drei Brüder Miguel, Carlos und Pedro. Ein großer Empfang.
Sie hatten sich festgelegt: Kein Wort über die Vorfälle auf der Plantage. Der Rebellenüberfall war einfach nicht geschehen, der Brand in der großen Lagerhalle war durch einen Kurzschluß entstanden, die auf der Urwaldlichtung aufgehängten Leichen würde Belisa nie sehen. Dafür war plötzlich ein anderes Problem aufgetaucht, das wesentlich gefährlicher war als die Bedrohung durch eine sich im Urwald versteckende Fanatikergruppe.
In Diwata war Kokain aufgetaucht.
Seit wann das Rauschgift verkauft wurde, wer es lieferte, wer der Dealer war, woher es kam, wie es in die Wildnis transportiert wurde, das waren Fragen, die über die Leitung der Mine hereinstürzten. Nur durch Zufall hatte Avila von dem Eindringen der Droge nach Diwata Kenntnis bekommen: Einer seiner Sicherheitsposten hatte einen Goldgräber in einer Wohnhöhle am Berg entdeckt, vollgepumpt mit dem Gift und im Wahn wie ein Vogel das Fliegen übend. Seine ausgebreiteten Arme bewegte er wie Schwingen, und dabei schrie er, er würde von dem Mordberg wegfliegen an das Ufer des Meeres. Als vier Soldaten ihn wegschleppen wollten, um ihn ins Krankenhaus zu bringen, versagte plötzlich sein Herz. Er starb in den Armen der Avila-Soldaten.
»Da kommt eine Katastrophe auf uns zu!« orakelte Pedro, als Avila den Vorfall meldete. »Das ist kein Einzelfall! Das Kokain schleicht sich in die Stadt. Irgendein Saukerl hat das Kokain hergebracht und ist dabei, einen Handel aufzuziehen. Dann haben wir hier die doppelte Hölle! Tausende rauschgiftverseuchte Goldgräber … könnt ihr euch das vorstellen?! Es gibt schon jetzt kaum ein Verbrechen, das in Diwata nicht möglich ist – und nun auch noch Drogen! Dann können wir alles gleich in die Luft sprengen.« Er blickte in die betretenen Gesichter seiner Brüder und Avilas. »Wie kommt das Kokain hierher? Wo ist hier ein Loch, durch das man schlüpfen kann! Mit den Transportflugzeugen ist es unmöglich. Die Piloten sind sauber, auf diese Jungs können wir uns verlassen. Über die Straße? Wochenlang zu Fuß von Davao oder Tagumi, oder von Norden aus Cagayan del Oro oder Marawi City? Unwahrscheinlich. Da kann ein einzelner nur ein paar Kilogramm mitschleppen, und dann ist Ebbe. Nein, es muß einen anderen Weg geben.«
»Wir werden ihn finden.« Avila sagte es in seiner ruhigen Art, mit der er auch Todesurteile aussprach. Er verkörperte in Diwata das Gesetz, die Rechtsprechung des Dschungels – weshalb also eine besondere Betonung?
»Wie?« fragte Miguel.
»Der Tote war nicht der einzige, der Kokain geschnupft hat. Es gibt mehrere, vielleicht schon Hunderte … und einen von ihnen entdecken wir. Dann wissen wir auch, wo er das Kokain gekauft hat.«
»Wenn er redet …«
»Er wird reden.« Avila lächelte schwach. »Bisher hat noch jeder meine Fragen beantwortet.«
»Und wenn wir nichts entdecken?« rief Carlos.
»Das ist unmöglich. Kokain ist in der Stadt … und ein Süchtiger kommt früher oder später aus seinem Versteck heraus. Nur ein wenig Geduld, Freunde. Wir werden noch Arbeit genug bekommen.«
Das Flugzeug war ausgerollt,
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