Dschungel-Gold
über den Platz. »Komm mal her!«
Tortosa blieb stehen und blickte zu Belisa hinüber. »Meinen Sie mich?« rief er zurück.
»Wen sonst?«
»Mich pfeift man nicht heran.« Tortosa stand breitbeinig da. »Ich bin kein Hund!«
»Bist du da so sicher? Komm her!«
Langsam kam Tortosa auf sie zu und blieb zwei Meter von ihr entfernt stehen.
»Wenn ich ein Hund wäre, würde ich Sie jetzt anpinkeln …« sagte er langsam.
»Und dann würdest du heute abend in der Pfanne braten. Wer bist du?«
»David Tortosa.«
»Und was machst du hier in Diwata? Du gräbst doch kein Gold.«
»Wie man's nimmt. Ich bin der Wunderheiler.«
»Der was?«
»Wunderheiler. Ich nehme dem Doktor die Bagatellfälle ab.«
»Weiß das Dr. Falke?«
»Ja. Ich habe mich, wie's sich gehört, vorgestellt.«
»Du … Sie sind auch Arzt?«
»Bleiben wir beim Du. Nein, ich bin alles andere als Arzt. Und Wunderheiler nennen mich die anderen.« Tortosa hob die Schultern, als müsse er um Entschuldigung bitten. »Ich kann nichts dafür. Wobei ich zugeben muß, daß meine Teemischungen manchmal wirklich Wunder wirken.«
»Warum bleichen Sie sich die Haare?«
»Warum bohren sich die Papuas Bambusstäbchen durch die Nasenflügel und hängen sich Wildschweinhauer um den Hals?« Tortosa strich mit beiden Händen über seine leuchtendblonden Haare. »Ich nehme an, Sie sind die Gold-Lady!«
»Jetzt fangen Sie auch damit an! Ich hasse das Wort!«
»Aber jeder nennt Sie hier so. Übrigens finde ich Gold-Lady nicht schlecht. Sie sehen so aus.«
»Wie sehe ich aus?!« Ihre Stimme wurde höher.
»Als ob Sie in einem Bohrloch vor einer Goldader schlafen.«
»Und Sie sehen lächerlich aus mit ihren gefärbten Haaren!«
»Mein Image. Ein Wunderheiler muß wunderlich aussehen. Es genügt, wenn Dr. Falke im weißen Arztkittel herumläuft.«
»Seit wann sind Sie hier in Diwata?«
»Seit ungefähr sechs Wochen. Nein, sieben.«
»Weiß Miguel, daß es Sie gibt?«
»Ihre Brüder trinken auch meine Tees.«
»Ich habe Sie in der Verwaltung noch nie gesehen.«
»Stimmt. Ihre Brüder kommen zu mir.«
»Davon habe ich nichts gewußt.«
»Müssen Sie denn alles wissen?«
»Ja! Ja! Ich muß! Ich will Sie heute abend in der Verwaltung sprechen, ich überlege mir, ob ich Sie nicht wegjagen lasse. Ich werde Avila fragen.«
»Auch Oberst Avila ist mein Kunde.«
»Ich entscheide heute abend!«
Sie drehte sich weg und ging weiter. Tortosa blickte ihr nach und lächelte.
»Welch ein Satansweib!« sagte er leise. »Es muß phantastisch sein, so etwas zu bändigen …«
Wenig später stand Belisa in Dr. Falkes Ordinationszimmer, griff nach einer verchromten Schale und schleuderte sie an die Wand. Der Schale folgte eine Emailleschüssel. Dr. Falke starrte sie fassungslos an.
»Wenn ich noch mehr erfahre, was man mir verschweigt, reiße ich das ganze Krankenhaus ein!« schrie sie. »Warum hat mir keiner von diesem Wunderheiler erzählt?!«
»Tortosa? Woher kennen Sie den denn?«
»Ich bin ihm eben begegnet.«
»Und er hat Ihnen gesagt, wer er ist?«
»Er heilt mit Tee!«
»Und sonst?«
»Auch meine Brüder trinken die Brühe! Und Sie wissen es! Nur ich nicht. Ich … ich hasse euch alle! Dreißigtausend Männer um mich herum, und ich bin allein!«
»Ich wollte Sie nicht mit diesem Tortosa belästigen. Es genügt, wenn ich mich mit ihm beschäftige.«
»Wie wollen Sie wissen, was für mich interessant ist? Bestimmen Sie meinen Geschmack?« Sie griff nach einer anderen Schale und warf sie auch gegen die Wand. »Ich finde den Mann interessant!« schrie sie dabei.
»Auch wenn er Sie belügt?«
»Hier lügen alle.«
»David Tortosa ist Captain des CIA …«
»Was ist er?« Sie riß die Augen weit auf. »CIA? Vom amerikanischen Geheimdienst? Was will er denn in Diwata?«
»Er jagt einen Doppelagenten. Einen gewissen Mark Suffolk. Er will ihn zurück in die USA bringen.«
»Ein Spion bei uns? Ein amerikanischer Spion …«
»Das ist das Harmloseste, was wir zu bieten haben.«
»Und was geschieht, wenn Tortosa ihn entdeckt?«
»Darauf bin ich selbst gespannt. Vielleicht vergiftet er ihn mit Tee?« Es sollte spöttisch klingen, aber man hörte dennoch die Sorge heraus.
»Soll ich ihn aus Diwata entfernen lassen?«
»Das ist Ihre Entscheidung, Belisa. Aber ich glaube, so schnell werden wir den Captain nicht los. Er hat schon zu viele Anhänger in der Stadt, die auf seine Wunderheilungen schwören. Ich höre im Krankenhaus täglich davon. Ihn gewaltsam
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