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Dschungel-Gold

Dschungel-Gold

Titel: Dschungel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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stehenblieb.
    »Wißt ihr, meine Brüder, was ein Lastesel ist?« fragte er.
    Die Digger warfen sich einen schnellen Blick zu. »Ja!« antwortete der eine.
    »Was bin ich?«
    »Ein Pater …«
    »Aber ich sehe aus wie ein Lastesel. Wäre es nicht christliche Nächstenliebe, mir beim Tragen zu helfen?«
    »Wir?«
    »Rede ich mit dem Wind?«
    »Wir haben arbeitsfrei.«
    »Die rechte Voraussetzung, mir einige Lasten abzunehmen. Es ist ein gottgefälliges Werk.«
    Die beiden Goldgräber, Kerle mit wilden, von Bärten überwucherten Gesichtern, verständigten sich wieder mit einem Blick. Sie rückten so nahe zusammen, als seien sie siamesische Zwillinge.
    »Für Gott tun wir's nicht«, sagte der eine. »Gott hilft uns auch nicht.«
    »Er ist zu feige, um nach Diwata zu kommen«, sagte der andere. »Pfaffe, verdrück dich!«
    Pater Burgos stellte seine Taschen in den Dreck und befreite sich von dem Netz mit den Broten. Das Spanferkel behielt er auf dem Rücken.
    »Ihr hattet eine Mutter?« fragte er.
    »Dämliche Frage! Uns hat kein Huhn ausgebrütet.«
    »Auch ein brütendes Huhn ist eine Mutter. – Erinnert ihr euch noch an eure Jugend?«
    »Bloß nicht!« Der ältere der beiden Digger hob abwehrend die Hände. »Wir hatten immer Hunger.«
    »Mein Vater ließ meine Mutter mit fünf Kindern sitzen. War plötzlich weg. Keiner weiß, wohin.«
    »Und was haben eure Mütter getan?«
    »Geschuftet!« schrie der Ältere. »Bis zum Umfallen.«
    »Und gebetet, nicht wahr?«
    »Scheiße!«
    »Sicher. So ist es. Ein Scheißleben. Aber sie haben gebetet und waren ein paar Minuten glücklicher und in der Hand Gottes. Eure Mütter! Und was ist aus ihren Söhnen geworden? Desperados. Abfall! Haben eure Mütter dafür geschuftet?«
    Die beiden Digger senkten die Köpfe. Was das Leben auch aus ihnen gemacht hatte, wenn sie an ihre Mütter dachten, fiel aller Haß auf diese Menschheit von ihnen ab. Sie wurden wieder zu Kindern, die die Stimme der Mutter hörten: »José, wo bist du? Hast du dir die Hände gewaschen?«
    Mutter, sieh deine verdammten Söhne nicht an. Vergiß sie.
    »Was soll der Quatsch?« fragte der Jüngere.
    »Eure Mütter hätten mir geholfen, die Beutel zu tragen.«
    »Sie ekelhafter Pfaffe!« Der Ältere griff nach zwei Taschen. »Geben Sie schon her. Und wenn Sie noch mal meine Mutter erwähnen, schlage ich Ihnen in die Schnauze!«
    Auch das flog wie eine Rundfunknachricht durch Diwata: José und Hernández haben dem Pater die Einkaufsbeutel zum Lazarett geschleppt.
    »In den Hintern treten!« schrie einer in der Kneipe von Gómez, als man es herumerzählte. »Habt ihr gehört? Sonntag will der Himmelskomiker eine Messe lesen. Jungs, natürlich gehen wir hin! Und wenn er anfängt mit seinem ›Dominus vobiscum!‹ … die Schwänze raus und ihn anpissen! Das wird ein Gottesdienst: Tausend pissende Männer. Ein Volksfest wird das!«
    Im Lazarett starrte Dr. Falke den Pater stumm vor Verblüffung an. Erst als Burgos alles auf den Tisch gepackt hatte und die beiden Goldgräber wie beschämt davonschlichen, fragte er:
    »Wie haben Sie das denn fertiggekriegt?«
    Pater Burgos lächelte weise. »Man muß die Seelen streicheln.«
    »Haben die überhaupt eine Seele?«
    »Das fragen Sie als Arzt?«
    »Ich bin fast soweit wie der große Pathologe Virchow. Der hat einmal voller Ironie gesagt: ›Ich habe Tausende von Menschen seziert – eine Seele habe ich nie gefunden.‹«
    »Das ist es ja, was hier fehlt: der Glaube an das Gute.«
    »Wo soll der herkommen, wenn man vierzehn Stunden lang in den Schächten den Felsen zerhackt? Wenn man für ein Beutelchen Goldstaub ermordet wird? Wenn jeder darum kämpft, den nächsten Tag zu erleben? Hier schrumpft das Gute zusammen zu Schnaps und Huren.«
    »Der Mensch ist in seinem Wesen gut.«
    »Er ist eine Bestie! Die größte Bestie auf dieser bestialischen Welt.«
    »Der Mensch ist Gottes Schöpfung.«
    »Dann hat Gott an diesen Tag falsch gedrechselt. Er hätte das Urmodell wegwerfen sollen.« Er nahm einen dicken Apfel aus einem Beutel und biß hinein. »Ihr predigt immer, Gott habe den Menschen nach seinem Ebenbild geschaffen. Das muß ein schrecklicher Gott sein.«
    »Warum sind Sie so verbittert, Doktor?«
    »Drei Jahre Diwata lassen Sie zu Stein werden wie diesen verdammten Goldfelsen.«
    »Und trotzdem sind Sie geblieben.«
    »Weil man mich hier braucht.«
    »Sie sagen es, Doktor.« Burgos lächelte milde. »Das eben ist die Seele …«
    Dr. Falke nagte an seinem Apfel, warf

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