Dschungel-Gold
ertönte eine Stimme. »Was wir brauchen, ist mehr Sicherheit!« schrie der Mann.
»Und mehr Huren!« brüllte jemand.
Johlen und Gelächter fielen auf Belisa nieder. In den Fenstern der Bordells streckten die Huren ihre nackten Brüsten in die Luft. Ein wildes Händeklatschen belohnte diese Aktion.
Belisa wartete, bis sich der Lärm etwas gelegt hatte. Dann übertönte ihre Stimme die laute Unruhe.
»Ich habe die täglichen Ergebnisse gelesen«, sagte sie. »Was ist mit euch los? Da habt ihr einen Berg voll Gold, und was liefert ihr ab? Weniger Krümel, als hier die Mäuse scheißen! Ihr fordert mehr Sicherheit … ihr sollt sie bekommen. Ihr wollt mehr Huren … ich hole sie euch. Aber ihr sollt euch auf eins gefaßt machen: Ich will den Umsatz der Mine verdoppeln! In einem Jahr werden wir die doppelte Menge Gold fördern … oder ich jage euch zum Teufel, wo ihr hingehört!«
»Jetzt geht's los!« Avila griff zu seinem Sprechfunkgerät. »Das lassen sich die Männer nicht gefallen.«
Aber wider Erwarten ergoß sich kein Menschenstrom über Belisa. Die Goldgräber verharrten auf ihren Plätzen, anscheinend überwältigt von dem, was sie gehört hatten. Statt des erwarteten Sturms wurde es noch stiller.
»Ihr denkt jetzt«, setzte Belisa ihre Rede fort, »daß ich hier leere Worte ausspucke. Irrt euch nicht! Es werden neue Maschinen kommen, die Technik wird modernisiert werden, es werden Steinbrecher eingesetzt und Transportbänder, die eure Säcke aus den Schächten schaffen …«
»Sie verspricht, was sie nie einhalten kann!« sagte Ramos und strich sich nervös über das Gesicht. »Theoretisch ist alles möglich, in der Praxis wird sie ihr Fiasko erleben.«
Belisa sprach weiter. Die Goldgräber starrten zu ihr empor. Was sie da hörten, war kaum zu glauben. Erleichterung der Arbeit? Transportbänder in den Stollen? Wenn man das so sieht, kann man die Produktion verdoppeln. Da muß man ihr recht geben. Und wir werden mehr verdienen … mehr Säcke, mehr Pesos. Das ist eine einfache Rechnung.
»Vieles muß hier besser werden«, tönte es über die Köpfe hinweg. »Auch medizinisch werdet ihr besser versorgt werden. Das Lazarett wird ausgebaut …«
»Habe ich richtig gehört?« Dr. Falke bohrte den Zeigefinger in sein linkes Ohr. »Oder habe ich Ohrensausen?! Sie will das Lazarett ausbauen? Davon hat sie zu mir nichts gesagt.«
»Belisa ist immer gut für Überraschungen.« Pedros Augen glänzten. »Wenn unsere Schwester richtig loslegt …«
»Wir werden neue Wasserleitungen bauen und eure Scheißrinnen in Rohre verlegen. Wir werden allen Dreck in die Schluchten pumpen. Ihr sollt leben wie zivilisierte Menschen … aber ihr müßt auch dafür arbeiten, bis euch das Wasser im Hintern kocht.«
»Das ist der Ton, den sie verstehen!« Miguel breitete die Arme aus. »Ich möchte sie an mich drücken. Unsere Schwester ist die Größte.«
Tausende Augen starrten auf die Ladefläche des Wagen, starrten auf das Persönchen, dessen Energie auf sie übersprang.
Natürlich werden wir mehr arbeiten. Du kannst dich auf uns verlassen, Belisa García. Du bringst eine neue Zeit nach Diwata. Mehr Geld, mehr zu essen, mehr zu saufen, mehr Huren, mehr Sicherheit, mehr Säcke, mehr Leben … wenn alles so wird, wie du es uns versprichst.
Und wenn es nicht so wird? Was dann, Jungs?
Dann holen wir sie aus ihrer Bude und vögeln sie zu Tode! Wir alle! Tausende! Das braucht man ihr nicht zu sagen. Das weiß sie. Belisa García, vergiß kein Wort von dem, was du jetzt sagst. Wir behalten deine Worte im Gedächtnis …
»Zu uns ist auch ein Priester gekommen«, hörte man Belisas Stimme.
Dr. Falke stieß Pater Burgos in die Seite.
»Jetzt sind Sie dran, Pater.«
»Brauchen wir einen Pater in Diwata? Brauchen wir eine Kirche?«
»Das ist eine verdammt rhetorische Frage«, sagte Dr. Falke spöttisch.
»Ich weiß, ihr sagt nein!« Belisa blickte auf Hunderte Köpfe, die ihr beifällig zunickten. Ein Pfaffe! Was soll der hier? Uns von der unbefleckten Empfängnis erzählen? Das Märchen vom verlorenen Sohn? Weihrauch über Kotrinnen? »Ich sage ja!«
»Sie ist wirklich von einer außergewöhnlichen Besessenheit!«
Dr. Falke klopfte Pater Burgos auf den Rücken. Die drei Brüder sahen sich sprachlos an. Sie konnten den Gedankengängen ihrer Schwester nicht mehr folgen. Nur Ramos bemerkte trocken:
»Jetzt sät sie Unkraut ins Feld. Sie wird die Gemeinschaft spalten.«
»Welche Gemeinschaft?« fragte Dr. Falke
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