Dschungel-Gold
nackt zum Frühstück im Salon erscheinen sollte – aus reinem Protest –, aber dann beschloß er, sich doch anzuziehen. Er rasierte sich, kämmte sorgfältig sein Haar, entdeckte auf der Marmorplatte des Badezimmers vier verschiedene Parfüms und Eau de Toilettes, besprühte sich mit einem Duft, dessen Basisnoten Limone und Ambra waren, und schüttelte wieder den Kopf, als er sich noch einmal im Spiegel betrachtete.
»Arschloch!« sagte er und zeigte seinem Spiegelbild einen Vogel. »Laß dich nicht zum Idioten machen!«
Im Salon wartete Belisa bereits am Tisch. Er war üppig gedeckt mit frischem Obst, Spiegeleiern mit Schinken, Fruchtsäften, Baguettebrötchen, Hörnchen, frischen Maisbrotschnitten, verschiedenen Konfitüren, Honig, Schinken- und Wurstsorten, die dadurch auffielen, daß sie unnatürlich kräftig gefärbt waren. Dazu standen zwei Kannen, natürlich aus Silber, auf dem Tisch: Kaffee und Tee. Und in der Mitte, in einer schlanken Kristallvase, zwei rote Rosen.
Dr. Falke setzte sich. Dabei zeigte er auf die Rosen.
»Wie das Frühstück eines Paares auf Hochzeitsreise …« sagte er.
»Das ist der übliche Service.« Belisa hob schnuppernd die Nase. »Was riecht hier so? Stinken Sie?«
»Es ist ein Parfüm …«
»Schrecklich!«
»Ich dachte, ein Gentleman, der mit einer Lady frühstückt …«
»Seien Sie nicht albern!« Sie blickte auf den Tisch. »Kaffee oder Tee?«
»Kaffee!«
Sie wollte zur Kanne greifen, aber er war wieder einmal schneller und nahm ihr das Einschenken ab.
»Sie auch?«
»Nein! Tee!«
»Konnte ich mir denken. Es muß ja einen Gegensatz geben.« Er griff zur Teekanne und goß ihr die Tasse voll. Sie bedankte sich nicht – ich sage nie danke! –, goß sich ein Glas Orangensaft ein und nippte daran. Dann nahm sie ein Croissant und brach es in der Mitte durch. Das Gebäck war mit einer Schokoladencreme gefüllt. Dr. Falke kümmerte sich um sein Spiegelei mit Schinken.
Eine Weile aßen sie schweigend, wobei es Belisa vermied, Dr. Falke anzusehen. Plötzlich sagte sie, als könne sie das Schweigen nicht mehr ertragen:
»Wo sehen Sie den Schwerpunkt Ihrer Arbeit?«
Verblüfft ließ Dr. Falke Messer und Gabel sinken. »Wie soll ich das verstehen?« fragte er zurück.
»Haben Sie als Arzt kein Spezialgebiet?«
»In Diwata nicht. Da kümmere ich mich um alles. In Deutschland würde man sagen: Allgemeinmedizin.«
»Und wenn Sie nicht in Diwata wären?«
»Chirurgie.«
»Bäuche aufschneiden …«
»Nicht nur Bäuche. Alles, was man mit Hand und Mut reparieren kann am menschlichen Körper.«
»Das neue Krankenhaus soll also speziell eine chirurgische Klinik sein?«
»Um Himmels willen – nein! In Diwata gibt es alle Krankheiten der Welt. Nur hat sie bisher keiner behandelt, weil es keine Therapiemöglichkeiten gab. Sie können mit Aspirin kein Pleuraemphysem heilen.«
»Ein was?«
»Wenn ich es Ihnen erkläre, verstehen Sie es doch nicht.« Er winkte ab. »In Diwata hat es bisher genug Tote gegeben, die nicht hätten sterben müssen, wenn ich die nötigen Medikamente oder Instrumente gehabt hätte.«
»Und warum hat mein Schwager Ihnen diese Dinge nicht gegeben?«
»Ich habe laufend Listen eingereicht. Dringend! Und nie eine Antwort bekommen.«
»Ramos!«
»Ich vermute auch, daß er die Listen gar nicht weitergegeben hat. Aber ihm ist nichts zu beweisen. Und irgendwann resigniert man und sagt: Junge, du bist krank, man könnte dich heilen, aber du wirst krepieren.«
»Und so geht Arbeitskraft verloren!« sagte Belisa nüchtern.
»Ich denke da nur an die Menschen.«
»Die für mich ein Arbeitspotential darstellen.« Sie legte die Serviette auf ihren Teller. »Fahren wir?«
»Wohin?«
»Zu der Fertighausfabrik. Und dann zum Medizingroßhandel. Heute abend fliegen wir dann zurück nach Diwata. Nein! Morgen abend. Erst muß ich in der Verwaltung aufräumen. Die Computerbuchungen durchsehen. Emilio Talagak in den Hintern treten und diesen widerlichen Julio Barongis, der sich Direktor nennt, zum Teufel jagen.«
»Und haben Sie Ersatz?«
»Für Barongis ja. Mich!«
»Sie können nicht alles allein machen.«
»Ich kann mehr, als ihr alle denkt! Und ich werde mir vertrauenswürdige Leute suchen.«
»Gibt es die überhaupt?«
»Sind Sie kein vertrauenswürdiger Mann?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie würden sich nie korrumpieren lassen.«
»Danke! Aber sind Sie da so sicher?«
»Womit könnte man Sie locken?«
Dr. Falke verkniff sich die Antwort. Er hob
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