Dschungel-Gold
Aufträge, Verkäufe, Bankkonten und Ausgabebelege durch. Talagak saß neben ihr, er zeigte keinerlei Angst. Er wußte, daß seine Buchführung stimmte. Was man nicht in den Computer gegeben hatte, konnte man auch nicht abrufen. Die Goldmenge, das Gewicht, der Verkauf waren nicht zu kontrollieren – das alles hatte Talagak bisher allein bestimmt, ohne Zeugen. Man mußte ihm einfach glauben.
Am Ende der Überprüfung lehnte sich Belisa zurück und erfrischte sich mit einem Glas Guavensaft, in den sie ein wenig weißen Rum mischte.
»Es stimmt alles«, sagte sie ruhig. »Nur etwas fehlt.«
»Was?« fragte Talagak verwundert.
»Mindestens zehn Prozent, die Sie für sich abgezweigt haben. Und die Differenz zwischen dem eingetragenen Verkaufserlös und der wirklichen Summe, die der Händler bezahlt hat.«
»Das ist eine Unterstellung.« Talagak sprang empört auf. »Sie können nicht beweisen, daß ich …«
»Natürlich kann ich es nicht beweisen. Aber ich setze es voraus! Jeder betrügt jeden … das ist die Moral des Erfolges. Sorgen Sie für Ordnung bei den Aufkäufern – ich will sie nächste Woche alle sehen. Hier in diesem Raum!« Sie sah Talagak mit halb geschlossenen Lidern an. »Noch Fragen?«
»Nein, Mrs. García.« Talagak verzichtete auf weitere Diskussionen. Ihm war bewußt, daß er eine Woche lang zu tun haben würde, alle Aufkäufer auf Lügen einzuschwören. Was dann folgte – wer wußte das schon? Nur eines war sicher: Die guten Zeiten waren vorbei. Das Auftauchen der Gold-Lady änderte alles. Und wie bei Ramos in Diwata setzte sich jetzt auch bei Talagak ein Gedanke fest: Man müßte sie umbringen!
So etwas mußte doch möglich sein. Im Dschungel gab es hundert Möglichkeiten. Schnell, lautlos, spurenlos.
Wirklich – dieses Weib mußte man töten!
Das konnte doch nicht so schwer sein …
Am Abend erschien Belisas Vater im Penthouse.
Der alte García hatte sich in einen neuen Anzug geworfen, hatte Belisas Lieblingskuchen, einen Hefekranz mit Honig- und Rosinenfüllung, mitgebracht und fühlte sich in der luxuriösen Umgebung sichtlich unwohl.
Er saß auf dem Rand eines Seidensessels, nippte an einem Rum-Cocktail und redete kaum. Was sollte er auch sagen, außer: Du siehst gut aus, Belisa. Wie geht es deinen Brüdern? Ja, Jessica hat eine Karte geschrieben und läßt alle grüßen. Sie ist in St. Tropez. Das muß in Frankreich sein. Es geht ihr gut. – Das war alles. Das Leben floß dahin wie immer. Man konnte zufrieden sein.
Als Belisa auf die Toilette verschwand, wandte er sich schnell an Dr. Falke.
»Sie sind Arzt?« fragte er hastig.
»Ja.« Dr. Falke nickte. »In Diwata.«
»Stimmt es, daß es die Hölle ist?«
»Das ist Ansichtssache. Man kann auch in der Hölle leben, wenn man sich der Hölle anpaßt.«
»Ist Belisa unglücklich?«
»Ich glaube nicht. Im Gegenteil – sie blüht auf. Der Höllendunst ist für sie wie ein Lebenselixier.«
»Merkwürdig.«
»Das finde ich auch.«
»Und Sie passen auf Belisa auf?«
»So gut ich es kann.«
»Bitte passen Sie auf mein Töchterchen auf. Bitte …« Der alte García hob flehend die Hände. »Gott wird Ihnen danken.«
»Darauf möchte ich nicht warten.« Dr. Falke beugte sich zu dem alten Mann vor. »Aber ich verspreche Ihnen: Ich werde mich um Belisa kümmern …«
Er verstummte, als Belisa in den Salon zurückkam. »Was hat Papa zu Ihnen gesagt?« fragte sie.
»Er hat gefragt, warum ich in Diwata arbeite.«
»Und Ihre Antwort?«
»Die übliche: weil ich Arzt bin.«
»Fällt Ihnen nichts anderes ein? Immer der große Helfer sein?!« Sie setzte sich dem alten García gegenüber auf die Couch und schlug die Beine unter. Ihre Lieblingssitzhaltung. »Hast du einen Wunsch, Papa?«
»Ich wünsche mir, daß du mit Diwata die richtige Wahl getroffen hast. Daß du nichts bereust.«
»Ich bereue nie etwas, Papa.« Ihr Lachen klang ein bißchen gequält. »In einem Jahr habe ich den Umsatz verdoppelt.«
»Das ist gut.«
»Das ist mörderisch!« fiel Dr. Falke ein. Belisa warf ihm einen flammenden Blick zu: Bring keine Unruhe in die Seele meines Vaters! Erfolg erfreut ihn.
»Ich möchte einmal nach Diwata kommen«, sagte der Alte. »Ich möchte sehen, wie du da lebst.«
»Gut, Papa. Ich werde dir Fotos mitbringen.«
»Man hört so viel Böses von Diwata …«
»Alles nur dumme Reden, Papa. Das sind die Faulen, die nach Davao zurückkommen. Sie hetzen nur …«
»Ist es so, Doktor?« Der Alte sah Dr. Falke an. »Nur
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