Dschungel-Gold
Sie.«
»Dieses stinkt auch. Sie sollten gar keins benutzen. Sie sind kein Parfüm-Typ.«
»Ich dachte, der Dschungelgeruch in meiner Kleidung …«
»Er paßt besser zu Ihnen. Bleiben Sie dabei.«
Die Lifttür glitt lautlos auf. Sie stiegen ein, fuhren nach unten, verließen das Hotel, und wieder wartete der Cadillac mit dem Chauffeur am Straßenrand. Dr. Falke blieb erstaunt stehen.
»Woher weiß er, daß wir jetzt fahren wollen?« fragte er.
»Er wartet immer.«
»Seit wann?«
»Immer. Tag und Nacht. Der Wagen ist der gleiche, nur die Fahrer wechseln sich ab.«
»Das heißt: Rund um die Uhr steht der Wagen hier?«
»Solange, wie ein Gast von Toledo hier wohnt. Eine freundliche Geste, nicht wahr?«
»Das Spiel eines Feudalherrn.«
»Warum nennen Sie es nicht Gastfreundschaft? Oder sind Sie Kommunist?«
»Manchmal könnte man es werden.«
»Wo bleibt Ihr Realitätssinn? Sie leben doch auch von diesem Feudalherrn!« Sie winkte energisch ab, als Dr. Falke antworten wollte. »Kaufen Sie Ihre Medikamente und halten Sie den Mund!«
Sie ging zu dem Cadillac, ließ sich vom Chauffeur die Tür öffnen, stieg ein und wartete, bis Dr. Falke neben ihr saß. Sie nannte die Adresse des pharmazeutischen Großhandels, lehnte sich dann tief in die ledernen Polster zurück und blickte auf die Straße und die Menschenmassen, die sich über die Bürgersteige wälzten. Davao platzte aus allen Nähten. Schon jetzt nannte man es das Hongkong von Mindanao. Nur Hongkongs Reichtum fehlte noch; die 900.000 Einwohner von Davao waren eine Armee der Armen, der Hoffenden, der Suchenden, befehligt von einer dünnen Schicht von Kapitalisten, ausländischen Investoren – vor allem Chinesen – und Glücksrittern, die zum Teil wahnwitzige Ideen in die Stadt pumpten. Neue Geschäftsviertel entstanden, Märkte und Containerstationen im Hafen, ein Wirtschaftswunder, das die Menschen aus dem armen Hinterland anlockte.
»In zwei Jahren ist Davao eine Millionenstadt«, sagte Belisa. Stolz klang in ihrer Stimme. »Wenn man erst alles aus der Erde holt, was Mindanao in seinem Innern verbirgt, wenn der Abbau aller Bodenschätze straff organisiert wird, kann aus Mindanao ein zweites Hongkong werden. Ein riesiges Hongkong! Es müßten nur wache Köpfe in Manila regieren. Kapital ins Land holen. Den Segen dieser Insel erschließen. Mit einem modernen Management. Die Philippinen haben mehr zu bieten als Dschungel und Fische. Sie sind ein reiches Land – man braucht nur hundert Dollar auszusäen, um tausend Dollar zu ernten. Aber das haben bisher nur wenige entdeckt. Im Jahr 2000 werden die Philippinen ein anderes Land sein als heute. Was die Chinesen können, das können wir auch. Was wir brauchen, sind Entdecker.«
»Wie Toledo, der den Goldberg Diwata entdeckt hat.« Dr. Falke zeigte durch das Fenster des Cadillac auf die Menschenmassen. »Für Ihr Wirtschaftswunder bleibt wenig Zeit. Da draußen laufen lebende Bomben herum. Sie wollen satt werden, sie wollen menschenwürdig schlafen, sie wollen arbeiten, und wenn das alles nicht klappt … Haben Sie keine Angst? Ihr Diwata … was machen Sie, wenn diese Zwanzigtausend, diese Goldsklaven, diese Rechtslosen sich zusammenschließen und alles kurz und klein schlagen?«
»Warum sollten sie das tun?«
»Um gerecht behandelt zu werden.«
»Ändert sich etwas, wenn man die Kuh, die Milch gibt, schlachtet, um ein paar Tage von ihrem Fleisch zu leben? Was kommt dann? Keine Milch, kein Käse, kein Fleisch. Das Nichts. Man hat sich und seine Welt zerstört, und niemand schenkt einem eine neue. Warum sollten meine Arbeiter die Mine zerstören, wenn sie hinterher gar nichts mehr haben? Und außerdem: Ich habe Avila.«
»Ihre Privatarmee.«
»Panzer, Maschinengewehre, Kanonen, Raketen, Hubschrauber, die auch Bomben werfen können, hervorragend ausgebildete Nahkämpfer …«
»Sie würden schießen lassen?!«
»Sofort!« Sie lehnte sich wieder in das Polster zurück. »Die ersten hundert Toten werden den Tausenden zeigen, daß es sinnlos ist zu rebellieren. Jeder will doch leben, keiner will für den anderen sterben. Und die vom Diwata-Berg schon gar nicht. Wovor soll ich also Angst haben?«
»Ihr neues Konzept.« Dr. Falke mußte wider Willen anerkennen, daß Belisa die Philosophie des Machtstrebens genau kannte und in die Tat umzusetzen versuchte. »Verdoppelung der Ausbeute. Drei Schichten rund um die Uhr. Schuften bis zum Umfallen. Und was bieten Sie dafür?«
»Sie!« sagte sie. Es war wie
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