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Dschungel-Gold

Dschungel-Gold

Titel: Dschungel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geworden: Die vier Fenster waren mit Scherenschnitten aus Buntpapier verziert, die vier Stationen im Leben Christi darstellten … von der Bergpredigt bis zur Auferstehung. Der Mittelpunkt der Kirche jedoch waren das Kreuz an der Rückwand und der mit einer bunten, kunstvoll bestickten Decke überzogene Altar.
    Das riesige, fast die ganze Höhe des Raumes einnehmende Kreuz war aus zwei roten Mahagonibalken gezimmert, die von einem Baum stammten, den man im Urwald gefällt hatte. An dem Kreuz hing, fast lebensgroß, der Körper Jesus', eine grobe, aber deshalb um so erschütterndere Schnitzerei. Vor allem das Gesicht ließ den Betrachter erschauern: ein offener Mund, aufgerissen zu einem stummen Schrei. Der ganze untragbare Schmerz eines Menschen, nicht eines Gottes … der Schmerz, der in jedem schrie, der vor diesem Gekreuzigten stand. Der Schmerz von Diwata.
    »Wer hat das geschnitzt?« fragte Belisa. Ihre Stimme war leise.
    »Zwei Goldgräber. Nachts, wenn sie sich vom Säckeschleppen ausgeruht hatten.« Pater Burgos trat neben Belisa. »Vorher hatten sie nur Pfeifen für ihre Kameraden geschnitzt.«
    »Und die Altardecke?«
    »Eine Arbeit von vier Huren.«
    Miguel grunzte wie nach einem guten Witz, aber Belisa fuhr zu ihm herum. Ihre Augen sprühten wilden Zorn.
    »Halt den Mund!« schrie sie ihn an. »Du bist in einer Kirche!« Und wieder zu Burgos gewandt: »Kommen hier noch Bänke hinein?«
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Sonntags wird die Kirche so voll sein, daß man nur noch stehen kann. Dicht bei dicht. Es wird sogar unmöglich sein, beim Segen niederzuknien. Sie sollten einmal einen Gottesdienst besuchen.«
    »Ich bete jeden Tag.«
    Sie sprach diesen unglaublichen Satz aus wie einen Befehl. Schroff wandte sie sich um und verließ die Kirche. Erst im Vorraum des Krankenhauses sah sie Dr. Falke mit einem harten, unpersönlichen Blick an.
    »Es ist ein schönes Haus geworden«, sagte sie. »Gratuliere.«
    »Leider kann ich mich bei Ihnen nicht bedanken … Sie wollen ja keinen Dank.«
    »Es freut mich, daß Sie das gelernt haben. Wann werden Sie den Betrieb aufnehmen?«
    »Nach der Einweihung.«
    »Sie wollen eine Feier veranstalten?!«
    Das klang wieder wie ein Peitschenschlag. Pater Burgos gab die Antwort.
    »Ich werde das Haus segnen. Das meint Dr. Falke mit Einweihung. Das Wort sagt es schon: Weihe …«
    »Ich brauche keinen Sprachunterricht!« Belisa nickte Miguel zu. »Ich habe gesehen, daß es an Bettwäsche fehlt. Laß sie mit der nächsten Lieferung kommen.«
    Ohne Gruß verließ sie das Krankenhaus. Pater Burgos und Dr. Falke starrten ihr vom Eingang aus nach, als sie in den gepanzerten Wagen stieg und wegfuhr.
    »Sie betet jeden Tag«, sagte Pater Burgos leise, als ständen sie noch in der Kirche. »Glauben Sie das?«
    »Ja.« Dr. Falke nickte. »Das traue ich ihr zu.«
    »Leben in ihr denn zwei verschiedene Wesen?«
    »Diese Frage stelle ich mir nicht mehr.« Dr. Falke drehte sich zum Eingang seines Krankenhauses um. »Sie ist ein Wesen, aber das begreifen wir nicht.«
    Die Weihe wurde zu einem Ereignis, von dem man noch lange sprach, wenn man an der Fertighauskirche des Diwata-Berges vorbeiging.
    Pater Burgos hatte natürlich einen Sonntag gewählt und zu einer Prozession aufgerufen, zur Ehre der Mutter Gottes, denn die Kirche sollte Santa Maria von Diwata heißen, ein Ort der Liebe und Gnade, der Hoffnung und der Stärkung. Sie sollte Tag und Nacht offenstehen für alle, die in ihrer seelischen Not zu Gott flüchten wollten.
    »Sie glauben, daß wirklich jemand an der Prozession teilnimmt?« fragte Dr. Falke zweifelnd. »Die Blöße wird sich keiner geben. Gott! Hier in der Hölle?! Wenn man hier von Gott redet, klingt es wie ein Fluch. Pater, Sie sind doch nun lange genug hier, um diese Bande von dreißigtausend Gesetzlosen zu kennen.«
    »Und Sie haben wie ich auch erlebt, daß zu Gottesdiensten immer Hunderte kamen, obwohl sie bisher im Freien stehen mußten.«
    »Aus Neugier, Pater. Um sich zu amüsieren. Ein Sonntagsvergnügen … die einen gehen ins Kino, andere saufen sich voll, oder sie stehen Schlange vor den Puffs, und einige hören sich an, was Sie predigen. Die Geschmäcker sind eben verschieden.«
    »Und die, die bei Dunkelheit zu mir schleichen und ihr Herz ausschütten, ihre Seele bloßlegen, in langen, langen Gesprächen?«
    »Ausnahmen. Wie viele sind es denn?«
    »Und wenn es nur einer ist, Doktor! Über diesen einen freut sich Gott … und ich mich auch! Und wenn bei der

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