DSR Bd 4 - Das Schattenlicht
wird es keine Unruhen geben, das verspreche ich.«
»Ich glaube, wenn es meinen Sohn aufregen sollte …«, begann Xian-Li.
Benedict war rasch beruhigt, dass die Schwierigkeiten tatsächlich schon lange vergangen waren. »Wir sollten gehen, Mutter. Dies ist die letzte Reise dieser Art, die jeder von uns beiden jemals machen wird; und ich möchte gerne eine bessere Erinnerung neben der alten im Gedächtnis aufbewahren, wenn das möglich ist.«
Seine Mutter zeigte mit einem Lächeln ihre Zustimmung und antwortete Anen: »Dein Angebot ist freundlich und edelmütig. Wir würden uns freuen, wenn wir dich zum königlichen Palast begleiten dürften.«
»So soll es dann sein.« Anen führte sie zu der Stelle zurück, wo die Sklaven und Sänften im Schatten einer Überdachung warteten. »Wir kehren nun zum Boot zurück, und ich werde dem Hof des Pharaos eine Nachricht zukommen lassen, dass wir innerhalb von drei Tagen zu ihm in seinen Sommerpalast kommen werden.« Er hob seine Handteller nach außen hin – eine Geste bei offiziellen Verkündigungen. »Meine Freunde, es wird eine Reise sein, die ihr niemals vergessen werdet.«
NEUNZEHNTES KAPITEL
D ie Ausdehnung des Universums …« Tony Clarke betrachtete seinen Gastgeber mit einem verblüfften Gesichtsausdruck, und sein Glas verharrte auf halbem Weg zu seinem Mund. »Wie merkwürdig, nach so etwas zu fragen.«
In der angenehmen Umgebung eines ruhigen, ummauerten Gartens, in dem Feigenbäume und eingetopfte Palmen Schatten spendeten und ein Springbrunnen im Hintergrund sanft plätscherte – und wenn man dabei unter einem blauen Schirm saß, in kleinen Schlucken guten Single-Malt-Scotch trank und sich vor Augen hielt, in der Altstadt einer Ausgabe von Damaskus aus den Dreißigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts zu sein –, schien die Frage besonders unpassend zu sein. Tony benötigte einen Augenblick, um mental in einen anderen Gang zu schalten.
»Ein wenig merkwürdig vielleicht«, räumte Brendan leichthin ein. »Doch es handelt sich um etwas, das wir von der Zetetischen Gesellschaft seit längerer Zeit mit lebhaftem Interesse beobachten, und es ist von einiger Bedeutung für unsere Diskussionen.«
Tony nahm einen Schluck. »Nun, dann werden Sie sich wahrscheinlich der Tatsache bewusst sein, dass dort, woher ich komme, viele, wenn nicht gar die meisten Astronomen und Kosmologen annehmen, dass sich das Universum in der Tat ausdehnt – und zwar mit einer schlechterdings gewaltigen Geschwindigkeit.«
Brendan nickte. »Und nach einigen Berechnungen kann sich die Ausdehnung sogar der Lichtgeschwindigkeit selbst annähern.« Er lächelte. »Ich meine mich zu entsinnen, dass Sie etwas über dieses Thema geschrieben haben, Doktor Clarke.«
»Sie Schlitzohr!« Tony lachte. »Sie wissen schon die ganze Zeit, dass dies eine meiner besonderen Interessen ist. Ja, ich habe ein paar Arbeiten über das Thema der kosmischen Ausdehnung geschrieben. Doch Sie werden natürlich ebenfalls wissen, dass dies ein Gebiet beträchtlicher Auseinandersetzungen bleibt, da es so viele unterschiedliche und miteinander konkurrierende Modelle gibt. Es hängt in hohem Maße davon ab, auf welches Pferd man beim Rennen um die Erklärung der Realität wettet. Aber gegenwärtig hat niemand auch nur die geringste Ahnung, was diese Ausdehnung verursacht – das heißt, welche Kraft sie antreibt und mit Energie versorgt.«
»Ihrer Einschätzung nach ist es Dunkle Energie, wenn ich mich recht entsinne«, mutmaßte Brendan, während er den Scotch in seinem Glas schwenkte.
»Sie sind wirklich gut informiert.« Tony nahm einen Schluck und genoss das süße Feuer eines erstklassigen Malt. »Ich nehme an, Sie haben es … sollen wir sagen – weitgehend studiert?«
»Oh, ich habe hier und da kleine Brocken aufgeschnappt. Was können Sie mir sonst noch erzählen?«
»Dunkle Energie könnte die Antriebskraft sein – oder Dunkle Materie, was auch immer das sein mag. So wie ich es sehe, besteht das Problem darin, dass man sich dieses Phantom-Material überhaupt erst ausgedacht hat, um die kosmische Ausdehnung zu erklären. Bei dem Wettlauf, eine Erklärung zu finden, wird dieser Sachverhalt oftmals ignoriert.«
»Ich glaube, die Sache ist die, dass uns nicht nur die geringste Idee fehlt, was die Ursache dafür sein kann, dass sich das Universum mit einer solch unglaublichen Geschwindigkeit ausbreitet. Vielmehr gibt es darüber hinaus guten Grund zu der Annahme, dass sich die Ausdehnung tatsächlich
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