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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Engel
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mag. Wir reden hier von den frühen 60er-Jahren, der Krieg lag also noch gar nicht so lange zurück. In Verviers auf dem Bahnhofsvorplatz waren von den Nazis über ein Dutzend Menschen erschossen worden, darunter der Bürgermeister. Die Stadt hatte kapitulieren sollen, sich aber standhaft geweigert. Und darum dieser Massenmord, so hat man mir es damals erzählt.

ES HAT SICH GUT ANGEFÜHLT
    Mit Jean-Claude und André sprach ich Französisch, was blieb mir auch anderes übrig? Nicht gut genug für Polizisten offenbar, aber für unsere Verständigung unter Kindern reichte es allemal. Manchmal kam sogar mein Vater in Belgien zu Besuch, der pflegte dort auch seine ganz eigene Art von Konversation. Meiner Schwester machte er gerne den Garten, aus Jux und Dollerei, erzählte mir Hanny später. Und sie hatte dabei immer ein Bild vor Augen: unser Vater, auf seinen Spaten gestützt und mit der Nachbarin parlierend. Fontaine hieß die Familie nebenan. Mein Vater war damals schon zu Hause ausgezogen, aber ich habe keine Ahnung, ob Madame Fontaine seinerzeit bereits Witwe war. Eines allerdings weiß ich dank den Erzählungen meiner Schwester ganz genau: Mein Vater konnte kein Wort Französisch. Und Madame Fontaine sprach nicht einen Fetzen Deutsch. Aber verstanden haben sie sich trotzdem blendend.
    Ich selbst habe das Französische inzwischen nicht mehr so drauf. Sobald ich jedoch über die Grenze fahre, kommt die Sprache Stück für Stück zurück. Ich empfinde diese Gegend noch immer als eine zweite Heimat. Hanny ist im August 2011 gestorben, aber ihre Familie lebt dort noch. Also habe ich einen Grund, hin und wieder zurück nach Dolhain zu fahren. Und wenn ich ankomme, dann ist das wie das Ende einer Zeitreise. Dann kommt es mir vor, als sei alles, was ich soeben erzählt habe, erst gestern geschehen.
    Auf Hannys Beerdigung habe ich auch Danny wiedergetroffen, zum ersten Mal nach vielen Jahrzehnten. Ein ganz unglaublicher Moment, denn wir haben uns sofort wiedererkannt. Und das Schönste war: Es hat sich gut angefühlt, dieses Wiedererkennen. Da siehst du einen Menschen fast ein halbes Leben nicht mehr, aber empfindest sofort wieder die alte Sympathie. Sehr bewegend war das, trotz des traurigen Anlasses damals.

ENE SCHMALE MEDDACH
    Auch in der Schule hatte ich richtig gute Kumpels, drei an der Zahl: Oswald »Ossi« Hamacher, Dieter Lichnowski und Heribert Klaes. Ein echtes, vierblättriges Kleeblatt waren wir, eine verschworene Gemeinschaft. Wie später in meinen ersten Bands bin ich auch unter meinen Freunden immer der Kleinste gewesen. Und zudem »ene schmale Meddach«, wie der Kölner sagt. Ossi hingegen war ein großer, schlanker Kerl und außerdem schon etwas älter als wir. Der war von einer anderen Schule zu uns an die Berrenrather Straße gewechselt und hatte immer die hübschesten Mädels am Start. Er wusste, wie man sie anbaggert, und er redete nie lange um den heißen Brei. Wie in Dolhain, so gab es natürlich auch in Köln hübsche Mädchen. Eines davon hieß zufälligerweise Inge Meysel, wie die Schauspielerin. Mit der ging ich eine Weile, während Ossi sich ihre ältere Schwester geangelt hatte. Mag sogar sein, dass bei dem schon was lief. Ich hingegen war in sexueller Hinsicht damals noch völlig unbedarft. Eine Freundin zu haben, war besonders genug. Alles andere kam später, denn Freunde waren in dem Alter sowieso viel wichtiger als Mädels.
    Als sehr vorteilhaft erwies sich, dass wir vier in der Schule ganz unterschiedliche Qualitäten besaßen. Ich zum Beispiel hatte es nie mit Zahlen, das zieht sich durch mein ganzes Leben. Heribert hingegen war nicht nur ein sehr intelligenter Bursche, sondern zudem ein echtes Mathe-Ass. Meine größte Stärke war demgegenüber das Zeichnen – ich male bis heute gern. Von daher war ich etwa in Erdkunde zuständig für das Anlegen von Landkarten. Gemein fand ich allerdings, dass Heribert einmal für eine Karte von mir eine glatte Eins bekam, ich hingegen für meine eigene nur eine Zwei.
    Andererseits habe ich Heribert nie beneidet. Mit seinen drei Brüdern lebte er bei seiner alleinerziehenden Mutter, die sehr streng zu ihren Kindern war. Wenn Heribert mal wieder nicht rausdurfte, bildete das Klaes’sche Klo in der Remigiusstraße die Hausaufgabenwechselstation. Mathe wanderte vom Klofenster nach draußen, die Zeichnungen durch dieselbe Öffnung ins Haus. Nacht-und-Nebel-Aktionen waren das, und zudem sogar unter Polizeiaufsicht, denn deren Station lag direkt nebenan.

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