Du bes Kölle: Autobiografie
Haufen junger Leute an Bord. Aber letztlich spielten wir dort – mal mittags, mal abends – vor lauter älteren Herrschaften. Gott sei Dank hatte ich eine Außenkabine mit großen Bullaugen und eigenem Bad. Das machte die Sache zumindest leidlich komfortabel. Aber man glaubt ja gar nicht, wie langweilig so eine Kreuzfahrt sein kann. Zu allem Übel wurde ich gegen Ende der Tour auch noch seekrank. Das Loch, das ich als fehlender Drummer riss, konnte jedoch schnell gestopft werden: Denn wie Rolf das Russische beherrschte, so Ivanje das Trommeln. Also nahm er meinen Platz ein.
DEVISENHÄNDLER VERKEHRT RUM
Das Publikum der Maxim Gorkiy bestand ausschließlich aus Westdeutschen. Und in der DDR haben die Fööss, im Gegensatz zu Udo Lindenberg zum Beispiel, nie gespielt. Aber wenn wir während der Funkausstellung in Berlin auftraten, fuhren wir gerne für einen Tag in den Ostteil der Stadt. Einmal habe ich dorthin meine Beaulieu-Kamera mitgenommen. Die sieht ziemlich professionell aus, muss man sagen, beinahe wie ein 16-Millimeter-Gerät. Als ich die am Palast der Republik schweifen ließ, dauerte es nicht lange, bis mir jemand auf die Schulter tippte.
»Was machen Sie denn hier?«, fragte einer der beiden Vopos.
»Na, was schon? Filmen!«
Kniffligerweise kamen in dem Moment ein paar schwarze russische Limousinen vorgefahren, weshalb ich also höflich aufgefordert wurde, jegliche Filmerei zu unterlassen. Habe ich auch gemacht. Jedenfalls so lange, wie die zwei Volkspolizisten neben mir standen.
Unangenehmer war ein Zusammentreffen mit zwei Vopos bei einer anderen Gelegenheit. Das geschah ein Stück außerhalb der Stadt, die ganze Szenerie dort wirkte wie in einem uralten Film. Die beiden hatten uns angesprochen, weil sie neugierig waren auf uns, auf eine Band aus Westdeutschland. Auf dem Rückweg in der Bahn haben sie sich dann fürchterlich besoffen und krakeelten auf das Peinlichste herum. Wirklich problematisch wurde es aber erst, als sie in der S-Bahn lauthals herausposaunten, gleich mit in den Westen zu wechseln. Ich hoffe, das ist ihnen nicht allzu schlecht bekommen.
In einem anderen Jahr wäre ich beinahe selbst nicht mehr zurückgekehrt. Hartmut und ich liefen über den Alexanderplatz und wurden von ein paar einheimischen Jugendlichen angequatscht. Nett, wie wir waren, tauschten wir deren schäbiges DDR-Geld 1:1 gegen D-Mark. Und blöd, wie wir waren, haben wir diese Kohle weder weiterverschenkt noch komplett ausgegeben. Wir haben Bücher gekauft und etwas gegessen, aber wir hatten noch immer einiges übrig. Weil man die Scheinchen aber auch nicht wieder in den Westen ausführen durfte, versteckten wir sie in unseren Schuhen und Strümpfen. Wirklich eine saudumme Idee, wie uns dann am Übergang Friedrichstraße auffiel. Direkt vor uns filzten die Grenzer ein altes Mütterchen – von oben bis unten und in den letzten Winkel ihrer Tasche. Ich hatte schon mit allem abgeschlossen, als wir an die Reihe kamen. Aber nach der Routinekontrolle der Pässe ließ man uns passieren – einfach so. Das Ende vom Lied war der Besuch einer Berliner Bank, um die Ostmark zurückzutauschen. Das ging, kein Problem. Der Kurs allerdings lag bei 1: 6.
HOUSTON, ICH HABE EIN PROBLEM!
Statt den Eisernen Vorhang zu überwinden, flogen wir irgendwann Mitte der 70er-Jahre über den großen Teich. Unseren definitiv entferntesten Auftritt absolvierten wir in Houston/Texas, bezeichnenderweise in einem Laden namens Old Heidelberg. Das war wohl die Stammkneipe jenes deutschstämmigen Firmenchefs, der uns eingeladen hatte. Beim Umstieg in New York kam Hartmuts Bass abhanden und tauchte auch nie mehr auf. In Houston wiederum klebte mir mit dem Ausstieg aus dem Flieger vor lauter Hitze das Hemd am Körper. In Verbindung mit der Klimaanlage im Bus und im Hotel sowie diversen weiteren Schweißbädern im Freien bekam ich dann schnell eine Erkältung, die mir den Aufenthalt und natürlich auch den Auftritt ziemlich verleidete. »Houston, ich habe ein Problem!«, hätte man sagen können.
Jenseits des menschenfeindlichen Klimas erinnere ich mich an einen irritierenden Fußmarsch, den ich zusammen mit unserem mitgereisten Fahrer King Size Dick unternahm. Zwei Typen mit schwarzer Lederjacke, bei diesem Wetter und ohne Autos – das war ganz offenbar ein exotischer Anblick für die Amis. Die hielten uns für Außerirdische. Wir wiederum betrachteten die gigantischen Autofriedhöfe hinter jedem einzelnen Haus, das wir passierten. Ähnlich
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