Du bes Kölle: Autobiografie
die Lager haben sich angenähert. Wenn ich darüber heute mit einem eingefleischten Stones-Fan wie Gerd Köster spreche, dann endet das in reiner Frotzelei: »Sach m’r ens ein jode Nummer vun de Beatles.« Der Gerd weiß inzwischen auch, was er an den Beatles hat. Letztlich gefällt mir diese Entwicklung: dass man im Alter endlich kapiert, wo es langgeht. Und dass man plötzlich Respekt empfindet für Sachen, die man früher oberflächlich-abfällig behandelt hat.
Erry Stoklosa war musikalisch vielleicht nicht ganz so hart drauf wie ich, deshalb teilte er auch nicht wirklich meine Liebe zu den Kinks. Was unser eigenes Songwriting betraf, waren wir beide nicht diejenigen, die auf der Musikschule gehangen und Komposition studiert hätten. Stattdessen haben wir unser Tonbandgerät eingeschaltet und ausprobiert. Wir suchten immer nach einer schönen Melodie, die die anderen Jungs später um ein paar Akkorde und Ideen ergänzten. Auch wenn wir oft nur zu zweit anfingen, entstanden die meisten unserer Songs mit der ganzen Band. Zu unseren Aufenthalten in der Hasborner Mühle nahmen wir immer unsere ITT-Kassettendecks mit. Darauf befand sich das Rohmaterial für die gemeinsame Arbeit. Später hatten wir in der Wittgensteinstraße in Lindenthal unser eigenes Studio und konnten dort natürlich mehr experimentieren. Und wenn man seine Fragmente direkt auf mehreren Spuren festhält, hört man sofort, wie was klingt, wie es zusammenpasst.
Einen Song baut man wie ein Haus. Manchmal geht es schnell, manchmal dauert es unheimlich lange. Aber es ist immer eine intensive, auch sehr komplexe Arbeit. Und wenn dann etwas Gutes dabei herauskommt, freust du dich jedes Mal wieder wie ein kleines Kind. Jeder gute Song sendet bestimmte Signale aus, auf die die Zuhörer reagieren. Das kann ein bestimmtes Intro sein, ein Instrument oder auch ein einzelner Ton. Und diese Signale muss man auch live auf der Bühne setzen können. Deswegen missfiel mir, dass wir zu Anfang so viele Lieder nicht selbst eingespielt haben und dementsprechend auch nicht identisch beim Auftritt umsetzen konnten.
EINE FRAGE DER EHRE
Wenn wir in den 70ern ins Studio gingen, blieb immer viel zu wenig Zeit, um zu improvisieren und sich die Songs gründlich zu erarbeiten. Die Aufnahme einer LP, erklärte man uns, dürfe nicht länger dauern als ein paar Tage, wenn überhaupt: morgens Playback, abends Singen, fertig. So lief das.
Und daraus folgte, dass wir innerhalb eines so engen Zeitrahmens unsere eigenen Songs nicht selbst im Studio einspielen konnten. Unsere erste LP war, wie schon erwähnt, eine Heinz-Gietz-Produktion. Bei dem waren ja damals sämtliche deutschen Schlagerstars, von der Valente über Bill Ramsey bis Gitte Hænning. Und in der Schlagerbranche war es der Normalfall, mit vorgefertigten Playbacks zu arbeiten. Egal ob du nun Solointerpret warst oder eine Band mit eigenen Instrumenten. Die Studiomusiker bekamen die Noten, und Gietz’ Spezi Werner Dies sorgte für das Arrangement. Der Bömmel konnte manchmal noch seine Gitarre unterbringen, aber ansonsten war meine Stimme das Einzige, das original von den Fööss kam.
Natürlich hätten wir unsere frühen Alben auch selbst hinbekommen. Das waren schließlich unsere Songs! Die Produktion hätte gegenüber diesen Studioprofis nur sehr viel länger gedauert. Und Zeit ist Geld, das kennt man ja. Sicherlich wurde die Sache auch nicht leichter dadurch, dass wir querbeet alle Stile bedienen wollten. Ich bin nun mal in der Rumba nicht so gut. Rund um ein professionelles Studio findet sich immer ein Trommler, der eine bessere Rumba hinbekommt als Tommy Engel. Ehe in solchen Fällen lange gefackelt wurde, nahm man sich eben die immer gleichen Studiomusiker. Dann hieß es wieder: Lass uns den Garcia Morales ans Schlagzeug setzen und den Helmut Kandlberger an den Bass. Danach kam noch irgendeine Klavierspur dazu, und das war es dann: Song fertig.
Sogar manche unserer großen Hits sind den Menschen in der Version von Studiomusikern bekannt. »En unserem Veedel« zum Beispiel haben wir damals nicht selbst eingespielt. Aber schlecht ist dieses Arrangement nun beileibe nicht. Da gibt es zum Schluss, im Übergang zum letzten Chorus, ein Schlagzeug-Fill von Garcia Morales, das ich selbst im Leben nicht gespielt hätte. Beim ersten Hören dachten wir: »Oh Gott, was knallt der in unsere schöne Ballade rein?« Aber das war nun mal unser Playback, daran war zu dem Zeitpunkt nichts mehr zu ändern. Und im Nachhinein kann
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