Du bes Kölle: Autobiografie
befremdlich wirkte nur noch der mit Alligatoren bevölkerte Sumpf, der unterhalb der Terrasse unseres Gastgebers anfing. Da hätten mich keine zehn Pferde reingekriegt.
Sagen wir es so: Ich fand Amerika nicht lustig, aber immerhin komisch. Ich fühlte mich nicht wohl dort, studierte jedoch interessiert die Gegensätze. Und außerdem wusste ich ja, dass ich bald wieder in Köln sein würde.
BLACK IS BLACK
Richtiges Heimweh hatte ich hingegen, als wir auf Mallorca gastierten. Da hatten wir, ebenfalls in den 70ern, ein Engagement im Zeppelin in El Arenal angenommen. Den Ballermann im heutigen Sinn gab es noch nicht, aber es lief alles schon genau so, wie man es sich vorstellt. Der Club lag nicht direkt am Wasser, sondern in einer Seitenstraße zwischen Dutzenden anderen Diskotheken und Bars. Ich nehme an, dass uns damals gutes Geld geboten wurde, denn viel mehr Gründe konnte es nicht geben, um dort aufzutreten. Jeden Abend spielten wir mehrere Sets, eine ganze Woche lang. Am Ende hätten wir uns fast gegenseitig umgebracht, und ich war nahe daran, mich aus dem Fenster zu stürzen.
Um irgendwie runterzukommen, mietete ich mir morgens einen kleinen Geländewagen und fuhr damit über die Insel. Meistens waren der King Size und unser Techniker Nick mit dabei. Mallorca ist wirklich schön und außerdem ziemlich groß. Den ganzen Tag sind wir durch Berglandschaften und kleine Orte gegondelt, haben hier einen Kaffee getrunken und dort etwas gegessen. Wunderschön war das, nur dass ich immer im Hinterkopf hatte: Abends musst du wieder in diesen Laden rein, da beginnt der Horror von Neuem.
Ich merke immer sehr schnell, wenn ich etwas nicht will. Mit der Situation dort konnte ich nicht umgehen, und das wäre heute nicht anders. Musikalisch war Mallorca eines meiner schlimmsten Erlebnisse überhaupt. Es ist demütigend, wenn du vor Leuten spielst, die sich für deine Musik nicht im Geringsten interessieren. Richtig voll wurde es da sowieso nie bei unseren Auftritten. Und wenn mal einer auf uns zukam, dann irgendein Loddel aus dem Rheinland, der uns volltrunken aufforderte, ihm sein Lieblingslied vorzuspielen. Am liebsten hätte ich mich in den Flieger gesetzt und ab nach Hause. Aber das ging ja nicht.
Zufälligerweise haben wir auf dieser elenden Tour noch einen alten Bekannten aus den 60ern wiedergetroffen: Michael Kogel war 1964 Sänger bei den Firebirds und arbeitete nun in einem dieser Läden als Discjockey. Im Sommer 1966 war er der Erste aus der Kölner Szene gewesen, der es für einen historischen Moment bis ganz nach oben geschafft hatte: Kogel hat anfangs Schlager gesungen und war zeitweise bei Polydor unter Vertrag. Da hießen seine Singles »Sie war ein Mädchen von 17 Jahren« oder »Ein Mädchen nach Maß«. Aber »Black is Black« von seiner Band Los Bravos wurde ein echter Welthit.
Auch ich war völlig von den Socken, als der plötzlich so abging. Da siehst du diese Gruppe im Fernsehen und denkst: »Moment mal, den kenn ich doch! Das ist doch der Michael!« Man muss dazusagen, dass Michael Kogel eine sehr gute, ziemlich hohe Stimme hatte. Der klang ein bisschen wie Gene Pitney, der in den 60ern weltweit zahlreiche Hits gelandet hatte. Im ersten Moment wirkt das immer sehr rosig und beneidenswert, wenn einer plötzlich berühmt wird. Aber man weiß nie, ob dieses musikalische Glück von Dauer ist. Michael Kogel, der sich dann später Mike Kennedy nannte, stieg nach zwei Jahren bei Los Bravos aus. Damals auf Mallorca war sein Stern längst verglüht, und soweit ich weiß, ging es ihm nicht besonders gut. Sonst hätte er wohl auch nicht in so einer trostlosen Bude Platten aufgelegt.
BALLADEN VERSUS BALLERMANN
Wenn ich heute diese sogenannte Ballermann-Musik höre, hinterlässt mich das ratlos. Ich verstehe nicht, wie man so einen Schwachsinn wie den von Jürgen Drews, Mickie Krause und Co. gut finden kann. Das ist unterirdisch, musikalische Endzeitstimmung.
Musik hören ist für mich eine ernste Angelegenheit, weil ich Musik ernst nehme. Ich bin kein Typ, der irgendeine CD reinschiebt und dann dabei die Hausarbeit erledigt. Genauso wenig bin ich je vorm Fernseher eingeschlafen, denn was ich mir dort ansehe, sehe ich bewusst. Nehmen wir ein x-beliebiges Intro von Keith Richards: Jedes einzelne von ihm ist großartig, niemand spielt so laid back Gitarre wie Keith. Sein ganzes Leben steckt in diesem Gitarrenspiel, nur deshalb kriegt er das auch so gut hin. Und wenn ich ihm dabei richtig zuhöre, erschließt
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