Du bes Kölle: Autobiografie
ich zumindest sagen: Ich habe mich dran gewöhnt. Live haben wir das auch nie so gespielt, zumal die Fööss ja auf der Bühne immer ohne Schlagzeug antraten. Erst bei unserer Doppel-LP zum 20-jährigen Jubiläum hat Erry sich fürs »Veedel« an sein abgespecktes Schlagzeug gesetzt, und im Vergleich zu Morales auch eine abgespeckte Version gespielt.
Später, als wir bei der EMI unter Vertrag waren, kamen wir raus aus diesen Zwängen. Ende der 70er nahmen wir längst bei Conny Plank auf und nahmen uns die Zeit, die wir brauchten. Die Bläck Fööss, eine mittlerweile ziemlich erfolgreiche Band, ließen sich plötzlich nicht mehr alles von den Plattenfirmen diktieren: »Hören Sie mal zu, lieber Herr EMI, für dieses Album brauchen wir jetzt mal nicht vier Tage, sondern vier Wochen. Basta!«
Auch bei Conny in Wolperath gab es Studiomusiker, aber wir spielten dann doch immer häufiger unsere Songs auch selbst ein. Manchmal war es überdeutlich, dass die Studiojungs unsere Lieder einfach nicht erfühlten. Die verfehlten die Seele der Songs, und dann mussten wir einschreiten. Natürlich bedeutete das mehr Arbeit als früher. Aber dafür steckte auch mehr Leidenschaft dahinter, und es hat auch mehr Spaß gemacht. Weil man experimentieren konnte, weil man sich im Studio ganze Nächte um die Ohren schlug und weil am Ende ein Ergebnis stand, mit dem man zufrieden war.
Durch die neue Struktur entstanden allerdings auch neue Schwierigkeiten. Als Band muss man harmonieren, vor allem der Trommler und der Bassist müssen sich gut ergänzen. Die bilden das Fundament für die anderen. Nicht selten jedoch haperte es an der Abstimmung zwischen Hartmut und mir. Oft genug bekam ich die Schuld in die Schuhe geschoben, wenn mal wieder nichts klappen wollte. Aber Hartmut kommt ja eigentlich von der Gitarre und ist dann bandintern an den Bass gegangen worden. Und er war nie der große Rhythmiker, muss man sagen. Wenn etwa bei den Shooting Stars ein Michael Rogatti mit seinem Bass neben meinem Schlagzeug gestanden hatte, entwickelte sich da etwas ganz anderes: ein echtes »Zusammen«, das du im Bauch spürst. Aber dennoch: Auch mit Hartmut funktionierte es, selbst wenn wir manchmal 20, 30 Anläufe brauchten. Und ich behaupte: Es wäre immer gegangen, wenn wir nur die Zeit dazu gehabt hätten. Beziehungsweise uns die Zeit dafür genommen hätten.
Viele Jahre später sollte ich in einer neuen Band landen, in einer ganz neuen Konstellation. Bei L.S.E. wurde ich wieder zum Schlagzeuger – zurück zu den Wurzeln sozusagen. Auf unseren insgesamt drei CDs habe ich sämtliche Songs selbst eingespielt. Das war für mich ein Akt der Emanzipation. Und eine Frage der Ehre.
ANDERE KÖLSCHE LIEDER
Vielleicht kann man sagen, dass wir mit L.S.E. im Sektor der kölschsprachigen Musik eine neue Tür geöffnet haben. Ganz ähnlich empfand ich es, als 1979 BAP auf der Bildfläche erschien. Mit Wolfgang Niedecken habe ich mich wirklich auseinandergesetzt und mich ihm auch aktiv angenähert. Das erste Mal erlebt habe ich ihn um 1976, als wir mit den Fööss einen Benefizgig in der Alten Feuerwache spielten. Zum selben Anlass trat Wolfgang dort auch auf, in einem winzigen Nebenraum. Peter Schütten meinte damals sinngemäß zu ihm: »Schön und gut, ävver dat met dä Jittar un dinge kölsche Texte, dat bringk et nit!«
Der Pitter hatte manchmal lustige Aussetzer, über die ich mich schlapplachen konnte. Dann sagte er irgendetwas Wahnsinniges, das in keinem Zusammenhang zu stehen schien. Später, als es schon BAP gab, traf er mal auf »Major« Heuser. Und als der erzählte, dass die Band am nächsten Tag, einem Montag, in Essen auftrete, packte der Peter sich an den Kopf: »Morje in Essen? Do hammer doch frei!« Hintergrund: Wir, die Fööss, traten montags grundsätzlich nicht auf, das war unser blauer Tag.
Ich habe Wolfgang Niedecken mal in der Teutoburger Straße besucht, wo er damals wohnte. Anschließend habe ich ihn zu einem Gig im Mülheimer Jugendclub gefahren – mit meinem himmelblauen 219er Mercedes, sechs Zylinder, von 1957. Bei jenem Auftritt mögen dann vielleicht zehn Jugendliche um ihn herumgesessen haben, während er seine Klampfe und die Mundharmonika traktierte. Und ein Erwachsener: ich.
Dass seine erste LP »BAP rockt andere kölsche Leeder« hieß und sich damit von Bands wie uns absetzen wollte, war mir völlig egal. Schließlich hatte ich ein Leben vor den Bläck Fööss, wie ich nun eins danach habe. Im Gegenteil fragte ich mich
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