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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Engel
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damals: »Wer ist dieser Niedecken und inwiefern ist dessen Musik wirklich anders?« Und ich fand heraus: Neu an BAP war der Inhalt dieser Songs, Wolfgang Nie-decken sprach Klartext. Mit den Fööss haben wir immer versucht, niemandem auf die Füße zu treten. Kritische Themen wurden musikalisch wie textlich doch immer ein bisschen abgeschliffen. Wir kamen hintenrum, auf die lustige Art, waren immer nett und versuchten, niemandem wehzutun. Eigentlich mochte ich es selber nie, wenn mir jemand mit dem ganz großen Zeigefinger kam. Wer agitiert, bekommt immer etwas zurück, das schon. Aber nicht unbedingt das, was er sich erhofft hatte. Ein Stein schlägt Wellen, aber die erreichen auch Ufer, die man gar nicht anstrebte. Und die können höher werden, als man wollte. Stattdessen kann es ein großer Spaß sein, Menschen den Spiegel vorzuhalten.
    BAP hingegen ging geradeaus, unterstützt nicht zuletzt dadurch, dass sie obendrein Rockmusik machten. Niedecken und Co. hatten uns links überholt, wie die Höhner später über rechts kommen sollten. Und interessanterweise steht die Entwicklung der Fööss in enger Verbindung zum Auftauchen von BAP. Unsere ersten explizit politischen Lieder wie »Morje, Morje« und »Edelweißpirate« stammen aus den frühen 80ern, fallen also zeitlich mit den BAP-Anfängen zusammen. Die Zeit für Engagement und klare Worte war offenbar auch für die Bläck Fööss inzwischen reif geworden.

MEY, DEGENHARDT UND CO.
    Wenn wir zu Anfangszeiten der Bläck Fööss irgendwo auf einem Folkfestival spielten, hatten wir immer gewisse Schwierigkeiten. Ich fand, dass die Fööss in diesen Zusammenhängen nichts verloren hatten. Musikalisch kann ich mit reiner Klampfenmusik sowieso nichts anfangen. Reinhard Mey, Franz-Josef Degenhardt und Co.: Das ist bestimmt alles gutes Handwerk. Und Reinhard Mey etwa hat auch ein paar richtig schöne Songs komponiert. Mir gefiel immer »Gute Nacht, Freunde«, vor allem diese Zeile: »Was ich noch zu sagen hätte, dauert eine Zigarette.« Das Lied hatte er 1972 für Inga & Wolf geschrieben, die damit sogar zu Ilja Richter in die »Disco« eingeladen worden sind. Bei der EMI habe ich das Lied mal spontan parodiert, das heißt, ich habe mich ans Mikrofon gestellt und ad hoc einen eigenen Text dazu eingesungen. Wir haben uns zwar schlappgelacht im Studio, aber offenbar mochte ich das Lied wirklich.
    Bei einem Festival in Süddeutschland standen die Fööss einmal mit Hannes Wader und Degenhardt im Programm, und dann spielten wir den Leuten so etwas wie »De Mama kritt schon widder e Kind« vor. Die Zuschauer mussten zwangsläufig denken, sie seien im falschen Film. Kölsch bedeutete für diese Menschen Karneval und sonst nichts. Aber wer stand vorne, um den Song anzusagen und zu performen? Ich. In solchen Momenten fühlte ich mich oft sehr allein, allein gelassen auch von denen in der Band, die solche Gigs abgemacht hatten. Wir wurden zwar nicht ausgebuht, aber es war manchmal hart an der Grenze.
    Mit Jürgen Fritz hatte ich viel später auch mal so eine Phase, in der wir unsere Songs ganz abgespeckt ausprobierten, so Rick-Rubinmäßig. Das war nett für eine Weile, aber irgendwann sagte ich zum Jürgen: »Komm, lass uns wieder anständig Musik machen.«

TOTE FISCHE
    Als Mundartband hat man es nicht leicht, zu politischen Themen Stellung zu beziehen. Ein anderes Lied, das meine Schwierigkeiten auf diesem Gebiet beleuchtet, ist »Einmol em Johr (kütt d’r Rhing us dem Bett)« von unserer LP »Lück wie ich un du« (1975). Von Leuten, die älter waren als ich, hatte ich wilde Geschichten gehört. Dass sie einst die Lastkähne auf dem Rhein abgepasst hätten, um sich von denen flussaufwärts ziehen zu lassen. Ich kam ja aus Sülz, wir wohnten also nicht am Rhein. Aber ich glaube, solche Sachen waren auch schon in meiner Kindheit nicht mehr möglich. Dafür hat die BASF in Mannheim gesorgt, mit all den ungeklärten Chemikalien, die dort in den Rhein eingespeist wurden.
    Wer in den 70ern am Rhein spazieren ging, musste sich meistens die Nase zuhalten und permanent über tote Fische hüpfen. Der Song »Einmol em Johr« hatte überhaupt nichts Fiktives, damals konntest du im Rhein tatsächlich Fotos entwickeln. Der Fluss stand kurz davor zu kippen, und das brachte uns dazu, darüber ein Lied zu schreiben.
    Erry war damals gerade nach Langel gezogen. Da existierte die Strandbads Marie noch, dieses große Rheinschwimmbad mit Restaurant und Aussichtsterrassen. Was ihm dort bei

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