Du bes Kölle: Autobiografie
Südstadt-Band, schließlich lag unser Proberaum am Karolingerring. Auch unsere Texte kamen den Leuten wohl nicht selten entgegen. Ob das »Veedel«, »Mer losse d’r Dom en Kölle« oder »Einmol em Johr« – es geht stets um soziales Miteinander und städtische Missstände. Ich denke, mit den Fööss waren wir immer der Straße, den kleinen Leuten sehr nah. Und von denen gab es in der Südstadt viele. Hier kämpften wir gegen den Stollwerck-Abriss, und das große Anti-Rassismus-Konzert »Arsch huh, zäng ussenander« fand 1992 ebenfalls im Severinsviertel, mitten auf dem Chlodwigplatz, statt.
Auch als es 1986 um die Rettung der Platanen am Kaiser-Wilhelm-Ring ging, war ich ganz selbstverständlich mit dabei. Ich habe mich meistens aus dem Bauch heraus engagiert, und in dem Fall dachte ich mir: »Wie bescheuert muss man sein, um so viele schöne, große Bäume abzuholzen? Das darf doch nicht wahr sein!« Dort am Ring ist damals »Platania« entstanden, eine Widerstandsbewegung. Die Leute hatten sich zum Teil in den Baumkronen angekettet, um die Fällungen zu verhindern. Genützt hat das ganze Engagement letztlich nichts, denn die Baumschützer wurden mitten in der Nacht von einem massiven Polizeiaufgebot von den Platanen gepflückt und diese anschließend gefällt.
Wolfgang Niedecken komponierte später für sein »Complizen«-Album ein Lied namens »Platania«, und eine bunte Truppe von Musikern spielte das ein. Außer mir und dem Wolfgang waren zum Beispiel noch Jürgen Zeltinger und Klaus der Geiger dabei:
Jester Morje öm vier wood et jrön en Platania
Su jrön, wie mer’t schon zig fünf Johr nit mih kennt
Sibbe Hundertschafte un Einsatzkommandos
Jäje Lück, die trotz Fross en Baumkrone jepennt.
Parteipolitisch haben wir uns bei den Fööss nie festgelegt, das war auch richtig so. Und was mich betrifft: Ich habe im Leben noch nie rechts gewählt. Da, wo ich herkomme, gibt es diese Seite gar nicht. Andererseits bin ich aber auch nie in die DKP oder Ähnliches eingetreten, wie das in den frühen 70ern viele andere Künstler gemacht haben. Diese Leute waren mir suspekt, dafür habe ich immer zu gern gelebt. Von Engel zu Engels ist es nur ein »s«, aber aus mir hätte niemand je einen Kommunisten machen können. Im Nachhinein weiß man, dass die kommunistischen Bonzen ihr Volk nach Strich und Faden verarscht haben. Und mein Bauchgefühl hat mir das damals schon gesagt.
Auch die APO ist nie mein Ding gewesen. Ich war ein typischer Willy-Brandt-Fan, der Mann stand für Aufbruch, für frischen Wind in Deutschland und für die endgültige Abkehr von der Nazizeit. Auch vom Lebensgefühl her konnte ich mit meinen politisierten Altersgenossen damals nichts anfangen. Als die Studenten und Hippies Ende der 60er, Anfang der 70er in ihre Kommunen zogen, hatten Irmgard und ich schon drei Kinder. Und wohnten auf 33 Quadratmetern in Porz-Grengel.
1985 bis 1990
BON SOIR, HERR KOMMISSAR
Mitte der 80er-Jahre begann für die Bläck Fööss die Zeit der überregionalen Erfolge. Die Neue Deutsche Welle, wie man sie nannte, brachte deutsch singenden Künstlern einen großen Schub, und auch wir profitierten davon. Damals landeten wir einige Hits, die weit über Köln hinaus bekannt wurden und die Radiostationen bis nach Bayern hinein erreichten. Am höchsten hinauf kletterten wir mit einem Lied, das beinahe verloren gegangen wäre. Aber der Reihe nach.
Zu Zeiten meiner ersten Ehe sind Irmgard und ich manchmal ohne die Kinder losgezogen. Als sie groß genug waren, brachten wir die Jungs bei Verwandten unter. Sehr oft fuhren wir dann nach Frankreich, an die Westküste oder auch mal unten ans Mittelmeer. Auf einer dieser Touren begleiteten uns 1983 Reiner Hömig und seine Beate. Reiner war mein Freund und neben Hans Knipp ein ganz wichtiger Autor für die Fööss. Von ihm stammen unter anderem die »Kaffeebud« und das »Schötzefess«. Von der Normandie aus waren wir mit unserem Wohnmobil an die Westküste gefahren, nach Le Pin Sec. Das liegt unterhalb von La Rochelle, und dort gab es einen wilden Campingplatz direkt am Meer. Reiner hatte eine Gitarre dabei, wir haben ein bisschen rumgeblödelt, und plötzlich war es da – dieses »Fronkreich, Fronkreich«.
Als dann eine sehr ernste Sturmwarnung kam, haben wir unsere Sachen gepackt und sind rüber Richtung Mittelmeer gedüst. Zu dem Zeitpunkt waren in Westfrankreich schon Autos umgekippt und Bäume entwurzelt worden. Am anderen Morgen erreichten wir Cannes. Was von dem
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