Du bes Kölle: Autobiografie
anmalst, die es da draußen gibt, wirst du zu bunt. Dann siehst du komisch aus. Andererseits hatte ich immer Spaß an Rollenspielen, und manchmal passte ja auch alles blendend zusammen. Ich bin zum Beispiel kein Rapper, aber mit dem »Huusmeister Kaczmarek« (Mir klääve am Lääve, 1984) ist uns eine großartige Rapnummer gelungen. Nicht zuletzt, weil die Figur ein Alter Ego von mir ist, aber dazu später mehr.
Genauso wohl habe ich mich immer in meiner Rolle als Schötzekünning gefühlt. Das »Schötzefess« stammt von unserer »Morje Morje«-LP und wurde bei Konzerten schnell zu einer Paradenummer. Wenn ich in der grünen Jacke auf die Bühne kam, habe ich diese Figur regelrecht gelebt. Das Schöne an der Sache ist, dass du dann auch mit den Leuten ganz anders umgehen kannst. Du steckst in dem Moment komplett in dieser Figur, und das bedeutet nichts anderes, als dass du auch deine Bandkollegen als Schützenkönig ansprichst. Da konnte ich plötzlich sagen: »Herr Priess, wie geht’s Ihnen? Sie sehen ja heute wieder prima aus!« Und beim zweiten Mal hatte der Hartmut sich schon eine Antwort zurechtgelegt, woraus sich dann ein spontanes Zwiegespräch auf der Bühne entwickelte: »Tja, Ihr Bruder ist mit der Kasse abgehauen«, erwiderte der zum Beispiel, und ich musste kontern.
Weil Peter Schütten oft diese Lacoste-Hemdchen trug, bekam er vom Schützenkönig eine Klobürste mit Krokodil überreicht. Ohne vorher eingeweiht zu sein natürlich, denn mir kam es auf seine spontane Reaktion an. Und über den Bömmel wiederum habe ich dem Publikum erzählt, das sei ein ganz schlimmer Junge. Der habe die Kirchenzeitung abbestellt, obwohl dessen Mutter und die Oma immer eisern in die Kirche marschierten. Deshalb sei ich zu seinen Eltern hin und hätte mit denen gesprochen: »Und soll ich euch mal was sagen: Heute trägt er sie aus!«
Das »Schötzefess« war einer unserer satirischen Songs, den Text kann man durchaus als ein bisschen gemein empfinden. Aber die Schützen selbst haben sich darüber amüsiert. Mehr als einmal haben wir das Lied direkt in der Höhle des Löwen, also im Festzelt irgendwelcher Schützenvereine gespielt. Vor mir saß dann das Königspaar, dahinter die ganzen anderen Grünen, aber ich habe die Nummer immer voll durchgezogen. Inklusive der Stelle, wo der König, nur noch lallend, von der Bildfläche verschwindet. Ich habe Fotos von mir, da stehe ich zwischen den echten Schützen, die mich alle im Arm halten. Das Lied hat uns tatsächlich nie einer krummgenommen von denen. Glaube ich.
STINA, DIE PALMS UN ET SCHMITZE BILLA
Über Willi Ostermann in Köln etwas Schlechtes zu sagen, kommt einer Majestätsbeleidigung gleich. Der Mann hat sich ein solches Bollwerk aus großen Songs zusammengeschrieben, dass man kaum an ihn herankommt. Mehr oder weniger bekannt ist aber auch, dass sein Pianist Emil Palm einen großen Anteil an den Liedern hatte. Ostermann mag oft nicht viel mehr als die Ideen dazu geliefert haben – indem er Emil Palm eine Melodie vorpfiff. Und der arbeitete diese dann harmonisch aus. Als Urheber ist jedoch immer nur Willi Ostermann genannt.
Hört man die alten Aufnahmen, fällt sofort sein historisches Kölsch mit dem Mülheimer Einschlag auf. Als wir 1985 die Ostermann-LP »Em richtije Veedel« aufnahmen, habe ich mich daran nicht orientiert, sondern mein eigenes Kölsch gesungen. Ursprünglich angestoßen hatte dieses Projekt Dieter Hens, seinerzeit WDR-Redakteur und Betreiber des ehemaligen Jazzlokals Subway auf der Aachener Straße. Und was sich dann daraus entwickelte, war für uns Fööss der pure Spaß. Der WDR produzierte zum Album einen aufwendigen 45-Minüter, in dem wir die Ostermann-Songs an Originalschauplätzen inszenierten. Lange vor den »Anrheinern« spielte ich hier ein paar kurze Fernsehrollen. Für den »Villa-Billa-Walzer« reisten wir zum Beispiel tatsächlich nach Poppelsdorf in eine Villa: Erry als Schmitze Billa saß in meiner Bugatti-Replika, einen riesigen Hut auf dem Kopf und in freudiger Erwartung auf das neue, pompöse Heim.
»Et Stina muss ’ne Mann han« wurde in der Flora inszeniert, mit mir als Vater und Hartmut als Mutter. Erry gab in diesem Fall die Stina und Peter den Bräutigam. Aber als Stina sich zu ihm umdreht, knicken dem die Blumen weg vor Entsetzen. In einem Mülheimer Mietshaus wiederum drehten wir »Kutt erop«, schräg gegenüber dem ehemaligen Geburtshaus von Ostermann übrigens. Ich erinnere mich, dass zum selben Zeitpunkt
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