Du bes Kölle: Autobiografie
wenn ich mich recht erinnere, im Auftrag der »Aktion Sorgenkind« oder der »Goldenen Eins« produziert. In dem Spot spiele ich einen Schiffsvercharterer mit französischem Akzent: »Isch abe eine wunderschöne Bateau für Sie!« Und dann kam auf See natürlich der Wassereinbruch. Diether und Ingrid waren die Eltern zweier Kinder, die alle zusammen mit diesem Schiff untergingen – ein wunderschönes Bild war das, als Diether an Bord der Attrappe zu den Klängen von »Das Boot« kerzengerade im Meer versank. Die Familie wurde schließlich vor dem Ertrinken gerettet. Klar! Ich als der korrupte Kerl freute mich diebisch über die Versicherungssumme. Und dem Pärchen erklärte ich, sie mögen nächstes Jahr zur Wiederholung dieses Stunts wiederkommen: »Dann machen wir wieder gluck, gluck.«
TÜRKISER ANZUG, SCHWARZE KOHLEN,
FETTIGER BIG MAC
Unser Stück »Katrin« (Mir klääve am Lääve, 1984) wiederum war sogar ein Fall für »Formel Eins«, die seinerzeit wichtigste Popsendung im deutschen Fernsehen. Als wir dort spielten, wurde sie noch von Peter Illmann moderiert, auf den später unter anderem Ingolf Lück folgte.
Fernsehen erweitert deine performativen Möglichkeiten gegenüber der Schallplatte. Befreit von den Karnevalsklamotten stand ich bei »Katrin« mit einem schicken Anzug vor der Kamera. Türkis war der, den hatte ich mir von Linus geliehen, der heute mit seiner »Talentprobe« große Erfolge feiert. Die Studiodekoration bestand dagegen aus Kohlen. Die Fernsehfritzen hatten tatsächlich den ganzen Raum mit Kohlen ausgelegt, weil sich irgendein Schlaumeier gedacht hatte: Bläck heißt schwarz, also legen wir denen mal Steinkohle vor die Fööss. Mit unserem Song hatte das gar nichts zu tun, da geht es ja um die hübsche McDonald’s -Verkäuferin. Und wegen der hatte ich auch einen richtig fetten Big Mac in der Hand, den ich an passender Stelle in die Innentasche des Jacketts steckte. Wobei ich allerdings betonen muss: Katrin stammt für mich eigentlich aus der Zeit vor McDonald’s . Ich habe dieses Mädel immer im ehemaligen Wimpy am Neumarkt stehen sehen, wenn ich das Lied sang.
Als der Text fertig war, dachte ich sofort: schön! Und das galt erst recht in Verbindung mit dieser Musik aus den 60ern. Bands wie Showaddywaddy sorgten später für eine Renaissance dieses Sounds. Als Paket ist dabei eine nette Schlagerparodie entstanden, die am Ende ins Bekloppte kippt: »Ich han Stunde jesesse, nur ding Big Mäcs jejesse för dich, dich, dich!« So einen abgedrehten Schlenker waren wir uns natürlich schuldig. Die Nummer kommt an sich recht harmlos daher, aber vom Schlager muss man sich abgrenzen. Deshalb stellt sich dann auch heraus, dass die liebe Katrin vorher schon mit Erry, Peter, Willy, Hartmut und Bömmel ...! Ich singe dieses Lied heute noch, aber der Sprechteil hört sich nun ganz anders an:
Wenn ich vürher jewoss hätt, dat ding Big Mäcs bei mir su anschlare, wör ich besser nevvenan en die klein Tofubud jejange un hätt m’r do e paar Tofufrikadellche jejesse met e bessje Salätche dobei. Ävver nä, ich han Stunde jesesse ...
Einen ähnlichen Pfefferminzschlag kriegt nur noch der Typ, der bei einer Prostituierten klingelt und plötzlich vor seiner alten Klassenkameradin Rita steht. Damals haben wir uns von der Post diese im Song genannte Nummer 90-60-84 besorgt und eine Telefonlinie eingerichtet. Dort konnten die Leute anrufen und mit »Rita Schnell« sprechen.
IHR BRUDER IST MIT DER KASSE ABGEHAUEN
Unser Durchbruch in die überregionalen Gefilde hatte sicherlich auch mit der Stilvielfalt der Bläck Fööss zu tun. Wenn du zu sechst bist, ist es schwer, den Geschmack eines jeden zu treffen. Bömmel kam aus der Beach-Boys-Ecke, Hartmut und Peter standen mehr auf Lonnie Donegan, die kamen eher vom Skiffle. Und ich mochte die Kinks und die Beatles. Es stimmt also: Wir hatten tatsächlich keinen eigenen Musikstil, auf den man uns festlegen konnte. Sondern wir haben, um unsere Texte zu transportieren, mal auf dieses und mal auf jenes Genre zurückgegriffen. Im Sinne von: So, jetzt haben wir hier einen Text über einen Angler, welche Musik sollen wir denn dafür nehmen? Und dann ging es eben im Fall vom »Anglerleed« (D’r Rhing erop – D’r Rhing eraf, 1980) so ein bisschen in die irische Folk-Ecke.
Solch eine Vorgehensweise hat allerdings auch einige Nachteile. Man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen, und man ist nicht in allen Dingen gleich gut. Wenn du dir sämtliche Farben
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