Du bes Kölle: Autobiografie
sehr gelitten. Außerdem waren die Jungs ja auch schon in einem Alter, in dem man eine Scheidung eher verkraftet. Kai, Ilja und René waren damals zwischen 15 und 17.
Zwischen Irmgard und mir gab es keinen Rosenkrieg. Bei der Scheidung haben wir beide gelacht. Diese ganzen bürokratischen Formalitäten da auf dem Amt, und diese geschwollene Sprache ... Wir haben uns nur angeguckt, schließlich kamen wir aus den lockeren Spätsechzigern. Da denkst du dir, du bist im falschen Film, wenn du diese vorgestanzten Sätze hörst, diese Verbürokratisierung von Gefühlen. Andererseits hatte dieses Zeremoniell auch etwas Tragisches, das fühlte sich ganz eigenartig an. Man fällt in eine Melancholie, man wird so weich. Plötzlich, so kam es mir vor, ist deine Ehe nur noch Papier. Diese ganze Lebenszeit, die wir gemeinsam verbracht hatten, lag nun im Papierkorb. In dem Moment kamen viele Erinnerungen in mir hoch: Urlaub in Holland, zelten am Meer, die neueste Scheibe der Stones, knutschen am Strand. Wir waren ja noch so jung gewesen am Anfang. Was dieser Typ da, dieser Scheidungsrichter, verhandelte, ging mich plötzlich alles nichts mehr an. Macht euren Driss alleine, dachte ich nur. Denn mit mir, mit Irmgard und mir, hatte dieses Schauspiel nichts mehr zu tun.
Kontakt haben wir bis heute. Irmgard hat sogar noch ein Kind mit einem anderen Mann bekommen, eine Tochter namens Isabel. Und die trägt, genau wie Irmgard, meinen Nachnamen. Unser Familien-haus in Steinenbrück haben wir gemeinsam verkauft, das haben wir uns aufgeteilt. Danach ist sie mit Ilja und Kai zur Miete nach Bensberg gezogen. Aber auch die waren ja irgendwann flügge und gingen ihrer Wege. Später habe ich ihr ein Haus in Oberhorbach gekauft, in dem sie 20 Jahre gewohnt hat. Unser Verhältnis ist gut, so würde ich das bezeichnen. Für Irmgard ist das alles über die Jahre wirklich nicht einfach gewesen. Sie hatte immerhin ihren Job an den Nagel gehängt und diese ganze Zeit mit den Kindern verbracht. Ich helfe ihr bis heute beim Unterhalt, ohne Wenn und Aber. Denn eines finde ich wichtig: dass niemand auf der Strecke bleibt.
ALLES PLÜSCH
Schon 1975 hatten wir mit den Fööss damit begonnen, nach der Karnevalssession Konzertreihen im Senftöpfchen zu spielen. Alexandra Kassen, die Chefin des Theaters, hatte uns in unseren Anfangszeiten auf einer Damensitzung gesehen. Bei diesen Veranstaltungen wurde nichts ausgelassen, da rissen die Frauen uns fast die Kleider vom Leib. So ähnlich ergeht es heute wahrscheinlich den Jungs von Brings. Jedenfalls hatte die Alexandra herausgefunden, wo ich wohnte, und mich eines Tages in der Lotharstraße in Sülz besucht. Eine hübsche Frau war das, die mir klarzumachen versuchte, dass die Fööss auch außerhalb von Karnevalssitzungen auf der Bühne stehen müssten. Dass wir also – statt drei, vier Songs zu spielen – ein richtiges Konzertprogramm zusammenstellen sollten. Und darüber hinaus meinte sie, dass wir das gerne in ihrem Theater an der Pippinstraße präsentieren könnten.
Die Idee fanden wir klasse, aber natürlich war damit auch ein gutes Stück Arbeit verbunden. Stellen wir einfach nur einen Haufen Songs zusammen, oder erzählen wir auch etwas? Das war eine von vielen Fragen, die wir uns damals beantworten mussten. Schließlich stellten wir im Senftöpfchen ein paar Hocker auf die Bühne und klebten die Rückwand mit Zeitungen voll. Dann haben wir erzählt, gesungen und musiziert. Zwischen die Clubsesselchen passte keine Briefmarke mehr, einer Brandschutzprüfung hätte dieses Theater nie standgehalten. Alles bestand dort aus Plüsch, das hätte gebrannt wie Zunder. Und dass damals noch überall gequalmt wurde, machte die Sache nicht gerade ungefährlicher. Aber unterm Strich blieb zu vermerken: Unsere Show war jeden Abend ausverkauft. Eine wichtige Erkenntnis aus diesen Gigs war, dass die Bläck Fööss eben nicht nur als Karnevalsband wahrgenommen wurden. Alexandra Kassen wollte uns schon damals in die Sporthalle bringen, aber da bin ich erst viele Jahre später mit L.S.E gelandet. Und um noch einmal vorzugreifen: Im Senftöpfchen trete ich mit meiner Band inzwischen wieder jedes Jahr auf. Back to the roots.
Die Fööss wechselten stattdessen vom überfüllten Kabarett-ins größere Millowitsch-Theater. 14 Jahre lang, von 1979 bis 1993, standen wir in der Folge auf Willys Bühne an der Aachener Straße. Sämtliche Gigs waren ausverkauft, die Leute gingen hier genauso ab wie zuvor im Senftöpfchen . Unser
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