Du bes Kölle: Autobiografie
kam, wurde mir klar: Das geht gut. Die Leute applaudierten, ich wurde freundlich aufgenommen. Am nächsten Tag ging ich mit einer neuen Zuversicht durch diese Stadt.
ICH BIN NICHT DER, FÜR DEN SIE MICH HALTEN!
Interessanterweise gibt es auf dem ersten L.S.E.-Album einen kleinen, feinen Karnevalssong. Der »Schnieke Prunz em Hanana« war zunächst mal eine einfache Wortschöpfung von Arno Steffen. Typisch für ihn, denn was ist Hanana? Das kölsche Nirwana, der Ort, wo nichts mehr gedacht wird. Aber auch: der Fastelovend. Entwickelt wurde das Lied bei mir oben in der Wohnung an der Severinstorburg. Die Credits verweisen auf ein »Traditional«. Und wer verstehen will, wo dieses Lied herkommt, muss zweierlei tun: es schneller singen und die Tonart von Moll zurück in Dur verwandeln. Dann landet er bei »Oh Susanna«: »I came from Alabama with my banjo on my knee«, beziehungsweise: »Komm m’r jon zo Fooß vum Aldermaat noh Neppes met ener decke Trumm«.
Arno und ich saßen also im Wohnzimmer, nur mit einer Gitarre bewaffnet, und verwandelten ganz in Ruhe das amerikanische Vorbild in eine sehr getragene kölsche Version. Ein richtig süßes Lied ist das, aus dem sehr viel Gefühl spricht:
Un ich denk: He, Ajuja,
jetz jeit es widder los.
Dat du mich af un zo un stillverjnöch
om Heimwäch an ze knutsche fängs.
Als wir im März ’93 in der Kölner Sporthalle auftraten, trugen wir lange Mäntel, die wir uns bei Henry Fonda in »Spiel mir das Lied vom Tod« ausgeliehen hatten. Eigentlich kam dieser Gig viel zu früh, weil wir noch nicht über genug Material verfügten, um einen ganzen Abend zu füllen. Wer geht schon mit zwölf Nummern in die Sporthalle ? Den »Schnieken Prunz« jedenfalls sangen wir auch. Und da passte es prima, dass Wicky Junggeburth kurz zuvor ein ganz ähnliches Lied veröffentlicht hatte. Der Karnevalsprinz jenes Jahres hatte anlässlich seiner Krönung zusammen mit Dieter Steudter einen Gassenhauer komponiert: »Eimol Prinz zo sin«. Ich brauchte den Song nach unserem »Prunz« nur anzustimmen, und schon sang die komplette Halle mit. Ganz nebenbei hatten wir damit auch wieder fünf Minuten Programm gewonnen. Und »Schnieke Prunz«, so hieß dann auch 1997 unsere Karnevalssitzung, moderiert von Jürgen Becker und mir.
Die Querelen bei den Fööss mochten auch damit zusammengehangen haben, dass mir die Arbeit im Kollektiv zunehmend missfiel. Mit Jürgen Becker jedoch saß ich wochenlang bei uns in der Küche, um über unserer gemeinsamen Karnevalsshow zu brüten. Jürgen kam von der Stunksitzung, und viele Leute unterstellten uns damals, wir wollten eine Konkurrenzveranstaltung etablieren. Das ist völliger Blödsinn, ich erinnere mich auch an keinerlei Ärger mit denen.
Jürgen und ich kannten uns damals schon seit einigen Jahren. Ende der 80er sind wir sogar einmal mit unseren MGs zusammen nach Belgien gefahren, um BAP zu besuchen. Komplett über Landstraßen bis nach Brüssel, wo der Wolfgang mit seinen Jungs im Studio hing. Die hatten sich dort ein altes Haus gemietet. War ein schöner Trip, ich entsinne mich, dass wir die Nacht dort auf dem Fußboden verbrachten: »Verdamp lang her«.
Der Name für unsere Sitzung war mit »Schnieke Prunz« schnell gefunden. Als Standarte fungierte ein Arsch. Wo bei herkömmlichen Sitzungen »Tätä« getuscht wurde, stieß dieser einen derben Furz aus. Extrem edel hingegen wurde es bei unserer Begleitband, denn die stellte immerhin Peter Herbolzheimer mit seiner kompletten Big Band. Allein für den fetten Sound dieser Topmusiker hatte sich der Abend schon gelohnt – pure musikalische Natur.
Auf Jürgens Pinnwand schoben wir auch die Namen für das Programm auf der Bühne hin und her. Und was dabei herauskam, ist bekannt. BAP spielten zum ersten Mal im Karneval – ihren Anti-Fastelovends-Hit »Nit für Kooche« natürlich. Die alten Damen der Pudelbande haben ihre wunderschönen kölschen Tradtionsnummern gesungen, während Dirk Bach auf einer Sänfte hereingetragen wurde, um dann Trudes Herrs »Ich will keine Schokolade« zu singen. Der verrückte Guildo Horn war genauso dabei wie Gaby Köster, mit der ich auf die Melodie des Olympia-1992-Hits »Barcelona« einen Text namens »Fastelovend« sang. Gaby mimte – auch vom noblen Kleid her – Montserrat Caballé, ich Freddy Mercury. Und meine drei Söhne gaben den Chor.
Auch drum herum stimmte bei dieser Veranstaltung alles. Als ich das Zelt auf dem WDR-Gelände in Bocklemünd das erste Mal betrat,
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