Du bes Kölle: Autobiografie
leck mich en de Täsch, woröm sät mir dann keiner jet?« Fragt man mich, ob L.S.E. aufgehört hat zu existieren, dann antworte ich: nein. Denn wir haben uns nie getrennt. Bis Anfang 2012 existierte sogar noch ein gemeinsames L.S.E.-Konto. Als das dank der regelmäßig abgehenden Bankgebühren runter auf 1.500 Euro war, haben wir es aufgelöst. Ein idealer Zeitpunkt, schließlich lässt sich dieser Betrag wunderbar durch drei teilen.
1994 bis 2006
TRUDE
1987 hatte Trude Herr ihr Album »Ich sage was ich meine« veröffentlicht. Ein guter Titel, und erst recht, wenn man dabei an die Sängerin selbst denkt. Im Vorhinein ahnte natürlich niemand, dass ein anderer Song dieses Albums der große Hit werden würde: »Niemals geht man so ganz«.
Für die Aufnahmen im Studio hatte sie sich verschiedene Gastmusiker eingeladen. Bei »Niemals geht man so ganz« standen Trude, Wolfgang Niedecken und ich gemeinsam vorm Mikro. Weil wir auf das ursprüngliche Hochdeutsch keinen Bock hatten, übersetzte Wolfgang unseren Part allerdings ins Kölsche. Trude hat uns das, glaube ich, zunächst ein bisschen krummgenommen. Aber was danach abging, überdeckte solche Kleinigkeiten.
Ende 1987 wurden wir zum ZDF-Jahresrückblick »Menschen ’87« mit Frank Elstner eingeladen. Vorher schon war der Auftritt in Jürgen von der Lippes Show »So isses« ein absoluter Knaller gewesen. Trude war damals bereits schwer krank, lief aber an jenem Tag noch einmal zu ihrer Höchstform auf. Als das Publikum uns unter endlosen Zugabe-Rufen nicht mehr von der Bühne lassen wollte, kickte sie ihre Schuhe in die Menge und forderte den Regisseur auf, das Band von vorn abzuspielen. Und so kam es, dass wir in dieser Livesendung denselben Song zwei Mal hintereinander sangen. So etwas passiert normalerweise nur den Siegern des Eurovision Song Contests.
Anfang 1991 lag sie dann in Merheim im Krankenhaus, und Wolfgang und ich fuhren sie besuchen. Trude war in traurigem Zustand, schien sich aber noch einmal zu berappeln. Deshalb hoffte ich auch weiterhin, sie ins kommende Millowitsch- Programm der Fööss einbinden zu können.
Wir probten damals in einem Feriencamp in Daun, von wo aus ich Trude anrief. Zuerst fürchtete sie sich ein bisschen vor der Lokalität – die Leute sollten um Gottes willen nicht glauben, dass sie nach Auflösung ihres eigenen Theaters zurück ins Millowitsch wolle, wo sie einst angefangen hatte. Aber nachdem ich an jenem 15. März 1991 ihre diesbezüglichen Ängste zerstreuen konnte, war ich sehr zuversichtlich. Nicht lange allerdings. Denn am darauffolgenden Tag bekam ich die Nachricht, dass Trude Herr in jener Nacht gestorben war.
LIEBE MÄT JUNG, UN NEID MÄT JÄL
Irgendwie empfand ich die Situation als unwirklich, ich war hart getroffen. Trudes geplanten Gastauftritt haben wir dennoch nicht platzen lassen, sondern ihn genauso inszeniert, wie wir uns das gedacht hatten. Wir stellten den für sie vorgesehenen Hocker in die Mitte der Bühne und richteten einen einzigen Scheinwerfer darauf, während wir und der gesamte Saal im Dunkeln blieben. Und dann sang ich »Niemals geht man so ganz«.
Trudes Song wird bis heute auf vielen Beerdigungen und bei Abschieden aller Art gespielt. Als vier Jahre nach ihrem eigenen Tod ihr zu Ehren ein großes Konzert auf dem Roncalliplatz stattfinden sollte, hießen die Organisatoren Thomas Brück und Jürgen Fritz. Jürgen ist übrigens zugleich auch der Komponist von Trudes Evergreen. Aufgrund meiner früheren Zusammenarbeit mit ihr sollte ich in der Trude-Herr-Revue eine größere Rolle spielen. Diese Show wurde auch für mich zu einem ersten Livetest seit meinem Ausstieg bei den Bläck Fööss.
Weil Wolfgang Niedecken aus irgendeinem Grund nicht mehr dabei sein wollte, ging ich für »Niemals geht man so ganz« dieses Mal mit Gerd Köster auf die Bühne, während das Video der Originalversion hinter uns auf der großen Leinwand zu sehen war.
Als weiteren Song von Trudes LP sang ich »Die Stadt«, eine kritische Köln-Hommage, die auf einer Melodie von Ennio Morricone basiert:
Lück met Jewesse und Lück met Jewehre,
Fremde un Türke, d’r Tünnes un Schäl,
Schloppkrade, Hellije un stolze Prolete,
Liebe mät jung, un Neid mät jäl.
Vorher war ich unsicher gewesen, wie mich das Kölner Publikum nun aufnehmen würde. Für manche war ich der Verräter, der die kölsche Lieblingsband verlassen hatte. Andere mögen gedacht haben, das war es jetzt mit dem Engel. Aber schon als ich auf die Bühne
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