Du bist das Boese
Fahren Sie langsamer, und versuchen Sie anzuhalten.«
»Was reden Sie denn da?«, lachte Belhrouz.
Balistreri sah den SUV mit großer Geschwindigkeit ausscheren und direkt neben den Audi ziehen.
Er hörte noch Belhrouz’ überraschten Ausruf: »What the fuck?«, dann krachten die beiden Autos aneinander. Der Audi schleuderte gegen die rechte Leitplanke, überschlug sich und raste auf die andere Seite der Fahrbahn, wo er durch den Aufprall gegen die Mittelleitplanke in die Höhe katapultiert wurde. Danach stürzte er zwischen den Fahrbahnen zwanzig Meter in die Tiefe.
Dreieinhalb Minuten nachdem Belhrouz’ Audi A8 unter der Sheikh Zayed Road zerschellt und ausgebrannt war, klingelte das Handy mit der Geheimnummer. Pasquali war eben erst nach Hause gekommen und begrüßte gerade seine Frau. Dieses Handy durfte er nur benutzen, wenn niemand in der Nähe war, auch nicht seine Frau. Nur ein einziger Mensch kannte diese Nummer. Ein Mensch, der Pasquali Respekt und Angst einflößte und dem er vertraute.
Herr im Himmel, ich habe es zum Wohl unseres Landes getan, vielleicht um der Macht willen, aber sicher nicht wegen des Geldes.
Er zog sich in sein Arbeitszimmer zurück und nahm das Gespräch an, ohne ein Wort zu sagen.
Es war die vertraute Stimme. »Es war nötig, ernsthaft einzugreifen.«
Pasquali stieß einen tiefen Seufzer aus und schwieg. So war das nicht geplant gewesen. Aber jeder Protest war ebenso gefährlich wie sinnlos.
»Wir können hier keine Probleme gebrauchen, wenn Ihr Mann zurückkommt. Sorgen Sie dafür«, endete die Stimme.
Die Verbindung wurde unterbrochen, ohne dass Pasquali ein Wort gesprochen hätte. Bevor er das Zimmer verließ, warf er einen flüchtigen Blick auf das Kruzifix und senkte den Kopf.
Wie vorausgesehen, verließ Colajacono um neun Uhr allein das Kommissariat. Dass bei Giorgis und Adrians Verhör sein Name gefallen war, hatte Piccolo auf verschlungenen Wegen zu ihm durchsickern lassen. Nun beobachteten sie, wie er ohne jede Probleme das Casilino 900 betrat. Er war in Uniform, und er war ein alter Bekannter.
Ein paar Minuten später nahmen sie die Verfolgung auf. Sie hatten sich als Zigeunerinnen verkleidet, sodass sie unbehelligt blieben. Das Lager war nur schwach von den Petroleumlampen in den Baracken beleuchtet. Draußen begegnete man bei dieser Kälte nur wenigen Erwachsenen. In der Luft hing der beißende Gestank von Abfall und Exkrementen.
Sie folgten Colajacono in gebührendem Abstand.
»Bleib ihm auf den Fersen. Ich halte mich dicht hinter dir«, sagte Piccolo. »Wenn Colajacono mich sieht, sind wir erledigt.«
Linda gab sich Mühe, weder Colajacono noch die Orientierung zu verlieren in diesem Labyrinth aus Müllbergen und Hütten.
Was Angst ist, habe ich vor vielen Jahren erlebt. Und es ein für alle Mal ausgelöscht.
Colajacono betrat einen Wohnwagen. »Der gehört Adrian und Giorgi«, informierte Giulia sie.
Linda schlich sich unter das halb geöffnete Fenster.
»Ich reiß euch beiden eigenhändig den Arsch auf!« Colajaconos Stimme überschlug sich vor Wut.
Linda kauerte sich unter das Fenster. Sie musste jetzt geduldig sein. Ganz in Ruhe stellte sie an ihrer kleinen Videokamera den Infrarotmodus ein.
Die erste Ohrfeige war deutlich zu hören, dann die zweite. Die beiden Rumänen protestierten leise.
»Ihr sagt jetzt die Wahrheit, oder ich trete euch die Eier zu Brei.«
Das war der richtige Moment. Sie holte tief Luft, richtete sich auf und begann zu filmen.
Die Einstellung war perfekt, zwei Jungen am Boden und ein uniformierter Polizist, der sie mit der Pistole bedrohte. Sie filmte ein paar Sekunden, bevor Colajacono sie entdeckte. Ehe er nach draußen stürzen konnte, warf sie Piccolo die Kamera zu. Piccolo versteckte sich schnell hinter einer Baracke damit.
Colajacono kam heraus, die Pistole in der Hand, und fluchte. »Dreckige Schlampe, ich bring dich um!«
Sein Handrücken erwischte Linda an der Wange und schleuderte sie zu Boden.
Wie vorhersehbar gewalttätige Menschen doch sind. Nimm das schön auf, Giulia.
»Her mit der verdammten Kamera, Scheißzigeunerin!«, brüllte Colajacono sie an.
»Ich bin eine italienische Journalistin«, sagte sie, stand auf und wischte sich das Blut von der aufgeplatzten Lippe. Er wich unschlüssig zurück und starrte stumpfsinnig auf ihren Presseausweis. Der Name kam ihm bekannt vor. Er überlegte einen Moment, dann hatte er einen Entschluss gefasst.
In seinen kleinen Schweinsaugen funkelte der pure
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